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Der neue Herrscher

Der neue Herrscher

Titel: Der neue Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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erwartet wiederum niemand von dir!« spottete Gamhed gutmütig, aber ohne Lächeln.
    Für die Stadt, deren Tore weit geöffnet waren, für die Menschen in den Zeltlagern draußen, für die Gäste der Tavernen und die Bauern des Umlands endete dieser Tag auf seltsame Weise.
    Sie sprachen miteinander über den neuen Shallad. Nun kannten sie ihn alle. Oder zumindest hatten sie ihn von Angesicht zu Angesicht gesehen, nicht am oberen Ende einer gewaltigen Palasttreppe, in einer Sänfte oder von weitem in all seinem Prunk wie Hadamar. Jedermann sprach von seinen Hoffnungen und davon, daß Luxon schwere Jahre vor sich habe.
    Im Palast hingegen herrschten Ruhe und Konzentration. Die Berater bereiteten die letzten Einzelheiten der Krönung vor. Gesandte kämen und gingen und sprachen mit Luxon. Die ersten Krönungsgeschenke wurden übergeben, und Luxon hörte sich die Wünsche an.
    Da er wußte, daß sie alle auf seine Antworten warteten und darauf, von ihm die Zukunft zu erfahren, sagte er ihnen allen nur, was er tun wollte. Er machte keinerlei übertriebene Versprechungen und erinnerte jeden Gesandten daran, wie schwer das Leben und wie hart die Zeiten waren. Sie nickten schwer und voller Bedenken.
    »Wann soll die Krönung sein?« fragte ein alter Mann mit klugem Gesicht. »Du weißt, Shallad Luxon, daß dein Volk auf diese Feierlichkeit wartet!«
    »Genau in der Mitte der Sieben Tage, am vierten Tag«, erwiderte er voller Ernst. »Aber sage allen deinen Leuten, daß ich nicht Hadamur bin. Es wird keinen unnötigen Prunk geben.«
    »Sie hoffen es alle«, antwortete der Alte. »Tausende und aber Tausende Augen werden dich prüfen.«
    Er verbeugte sich tief, voller ehrfurchtsvoller Hochachtung und ging.
    Die Spuren der zurückliegenden Zerstörungen waren sowohl an den Mauern und im Innern des Palasts von Logghard fast restlos beseitigt worden. Handwerker und Steinmetze arbeiteten auch an vielen anderen Stellen der Ewigen Stadt. Nicht heute, natürlich, und auch nicht in den nächsten Tagen, denn die Feiern sollten nicht gestört werden. Aber an vielen Stellen gab es Gerüste, die man jetzt mit Tüchern und Zeltbahnen verhüllt hatte. Das Ende Hadamurs und der Entschluß Luxons, Logghard zur Hauptstadt seines Reiches zu machen, waren für jedermann ein deutliches Signal gewesen. Längst ging es wieder aufwärts in der großen Stadt und im Land außerhalb der Mauern.
    »Es gibt viel mehr zu tun, als ich mir in kühnsten Träumen vorstellen konnte«, erklärte Luxon schließlich, als Gamhed und er allein zurückgeblieben waren. Ein milder Nachtwind ließ die Flammen der Öllampen flackern.
    »Sieh die Stadt an«, wich Gamhed aus. »Die Mauern haben Narben, und überall entstehen neue Häuser und Hallen. Auch Logghard ist nicht in wenigen Tagen entstanden. Du hast viel Zeit, deine Herrschaft auf gewichtige Fundamente zu stellen.«
    »Das mag so sein«, murmelte Luxon und gähnte. »Aber in den nächsten sechs Tagen muß ich die Fundamente legen.«
    Wieder einmal dachte er an Necron; der Freund fehlte ihm. Aber eine unerklärliche Scheu hielt ihn, Luxon, in diesen Tagen davon ab, durch Necrons Augen sehen zu wollen. Es war, als fürchte er sich, etwas zu sehen, was er nicht sehen wollte, und woran er nur mit Schaudern dachte.
*
    Der zweite Tag der Krönungsfeierlichkeiten glich in vielen Einzelheiten dem Vortag. Viele Menschen, ebenso Bewohner Logghards wie auch Abgesandte Weddons oder Talagos oder anderer Länder, drängten durch die weit geöffneten Palasttore herein und suchten Luxon. Luxon bewirtete seine Gäste mit allem, was die Speicher und Küchen des Palasts hergaben. Indes – die Kost war nicht gerade dürftig, aber sie verdarb auch niemandem den Magen.
    Sehr viel Wein wurde ausgeschenkt.
    »Ihr sollt mir nicht Dinge schenken«, sagte Luxor, als die dritte Gesandtschaft ihm goldene, mit Edelsteinen verzierte Pokale überreichte, »von denen Hadamur geblendet wurde und nicht genug bekommen wollte.«
    »Was hast du von uns erwartet?« fragten die Gesandten zurück. Luxon lächelte, aber seine Augen blieben nachdenklich und ernst. Er entgegnete halblaut:
    »Ich brauche keine Pracht. Ich kenne goldene Pokale ebenso wie hölzerne Becher. Am besten schmeckt mir der Wein aus Holzbechern, die mir meine Freunde reichen. Mehr ist nicht zu sagen – ihr habt verstanden?«
    Logghard barst förmlich von Besuchern, Gästen und Abgesandten. Nur wenige von ihnen erreichten es, daß Luxon mit ihnen sprach. Nicht, weil er es nicht

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