Der Novembermörder
wenn du anrufst. Obwohl es natürlich schöner ist, wenn du kommst.«
Er winkte ihr zum Abschied mit seiner gesunden Hand.
KAPITEL 15
Um Punkt sechs Uhr klingelte Tommy Persson an der Tür der Familie Huss. Sammie war der Erste in der Begrüßungsreihe. Da Tommy zu seinen Lieblingsgästen gehörte, dauerte es eine Weile, bis alle Sprünge und Begrüßungsküsse abgeliefert waren. Konspirativ flüsterte Irene: »Die Zwillinge sind auf ihren Zimmern. Ich habe ihnen erzählt, dass du heute Strohwitwer bist und ich dich deshalb zum Essen eingeladen habe. Das haben sie ohne Nachfragen geschluckt.«
»Gut. Wie geht es Jimmy Olsson?«
Tommy bekam eine detaillierte Beschreibung des Gesundheitszustands des jungen Assistenten und war der Meinung, dass sich das gar nicht gut anhörte. Wenn man mit einer Krankenschwester verheiratet ist, lernt man eine ganze Menge über Krankheiten und ihre Behandlung.
Da sie bei gegenseitigen Familienbesuchen nie über ihre Arbeit sprachen, wollte Irene noch schnell das Neueste aus dem Präsidium hören, bevor sie zu Tisch gingen.
»Wie ist das Verhör mit Lillis heute gelaufen?«
Tommy zögerte etwas mit der Antwort. »Nicht besonders gut. Aber Jonny hat es zumindest geschafft, ihn so zu ärgern, dass er in seiner Wut etwas Interessantes gesagt hat. Jonny wurde immer sauerer über Lillis Schweigen. Und zum Schluss ist er herausgeplatzt und hat ihn angeschrien: ›Kapierst du denn nicht, dass wir dich der Teilnahme an allem, was passiert ist, verdächtigen, solange du nichts sagst? Schließlich suchen wir auch die Mörder deines Cousins!‹ Und da hat Lillis sich zu ihm vorgebeugt und gefaucht: ›Den brauche ich nicht mehr zu suchen. Und dieses Arschloch wird kriegen, was er verdient hat!‹ Und dann zog er wieder die Schweigenummer ab. Wir haben ihn mehrere Stunden lang bearbeitet. Aber er kennt das, das stört ihn überhaupt nicht. Nicht eine Silbe haben wir aus ihm rausgekriegt. Andersson und Jonny wollen ihn sich heute Abend noch mal vornehmen.«
»Interessant. Lillis weiß also offenbar, wer Bobo ermordet hat. Ich habe auch eine heiße Sache erfahren. Bobo und Charlotte von Knecht sind alte Bekannte. Sie hat als Fotomodell für ihn gearbeitet. Und sie hat dafür gesorgt, dass er vor ungefähr drei Jahren die Räume in der Berzeliigatan gekriegt hat.«
»Sag bloß! Obwohl – das ist eine Verbindung zu Bobo, nicht zu Lillis. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie Lillis kennt.«
»Man kann nie wissen. Ich denke, ich werde morgen Vormittag mal unangemeldet bei der Dame vorbeischauen und sie etwas näher dazu befragen. Kommst du mit?«
»Das ist mir lieber, als mich an Lillis abzuarbeiten. Den können Jonny und Andersson übernehmen.«
Ein magensaftstimulierender Duft von gebratenen Zwiebeln kroch in den Flur. Krister steckte seinen Kopf durch die offene Küchentür und drohte scherzhaft mit der Bratpfanne.
»Worüber tuschelt ihr da?«
»Berufsgeheimnisse, alles nur Berufsgeheimnisse. Zum Beispiel, wie man mit dem Gummiknüppel zuschlagen kann, ohne dass es blaue Flecken gibt«, antwortete seine Frau naseweis.
»Geiles Gesprächsthema. Widmet euch lieber den Frikadellen.«
Irene rief die Zwillinge. Aus dem ersten Stock dröhnten schwere Rockrhythmen. Die Mädchen schienen ihre Mutter nicht gehört zu haben, also ging sie hinauf und öffnete die Tür zu Jennys Zimmer.
Beide saßen zusammengekauert auf Jennys Bett. Jenny wiegte ihren kahl geschorenen Schädel im Takt der Musik, Katarina sah distanzierter drein. Als Jenny die Anwesenheit ihrer Mutter bemerkte, sprang sie schnell auf und stellte den CD-Player ab. Aber Irene hatte die letzte Textzeile noch gehört: »Wir machen das Land sauber und rein und schmeißen die Judenschweine ins Meer hinein. Sauber! Sauber!« Gesungen von heiseren Rockstimmen, mit schweren Gitarrenrhythmen und dröhnenden Trommeln.
Jenny verlor die Fassung, fing sich aber wieder und nahm eine offensive Verteidigungshaltung ein. Schroff erklärte sie: »Das sind nicht die Texte, die ich mag, das ist die Musik!«
Irene schaute ihre Tochter mit dem rasierten Kopf und den vor Wut geballten Fäusten an. Ein Gefühl der Ohnmacht legte sich wie eine lähmende Decke über ihre Gedanken, und ihr fiel kein passender Kommentar ein. Stattdessen sagte sie nur ausgleichend: »Kommt zum Essen. Es gibt eins deiner Lieblingsgerichte, Jenny, Frikadellen mit Zwiebeln.«
»Hat Papa auch Gurkensalat gemacht?«
»Natürlich! Und weil Tommy da ist, gibt es auch mitten
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