Der Novembermörder
musste.«
Sie lachte ein kurzes, freudloses Lachen.
»Ich hatte keinen Grund, Richard umzubringen. Abgesehen von Jonas ist er der einzige Mann, den ich je geliebt habe. Aber er ist schon vor dreißig Jahren für mich gestorben. Und Jonas’ Erbe von Richard will ich einer Umweltschutzorganisation schenken.«
Den Rest der Fahrt saßen sie still nebeneinander, beide in Gedanken versunken.
Im Aufzug auf dem Weg nach oben informierte Mona Irene über die Abteilung, auf der Jonas lag. Es war eine Spezialabteilung für Aidspatienten. Sie hatte acht Plätze. Jonas ging es inzwischen so schlecht, dass er in einem Einzelzimmer liegen musste. Ohne Gefühlsregungen erklärte sie: »Wir hatten beschlossen, dass er zu Hause in der Fjällgatan sterben sollte. Aber das klappte nicht. Zeitweise ist er vollkommen inkontinent, kann weder Urin noch Kot halten. Das haben wir zu Hause nicht geschafft. Wir waren beide dankbar, dass er hierher kommen konnte. Zuerst dachten wir natürlich, er bräuchte nur ein paar Tage hier zu bleiben, um wieder genügend Flüssigkeit zu speichern. Aber er kann weder Festes noch Flüssiges mehr bei sich behalten. Er muss die ganze Zeit am Tropf sein. Und ich schaffe es nicht, mich darum zu kümmern. Wir können nur Gott danken, dass das Gesundheitswesen funktioniert, jedenfalls bis jetzt noch!«
Sie traten durch eine Glastür auf den Abteilungsflur. Vor der Tür mit dem Schild »Personal« blieb Mona stehen, lächelte blass und flüsterte: »Er liegt im ersten Zimmer links, gleich hinter dem Personalzimmer.«
Sie ging schnell weiter und öffnete eine Tür ein paar Meter weiter. Irene konnte dröhnende Rockmusik durch die Tür auf den Flur strömen hören. Sie ging hinein zu den beiden Krankenpflegern, die beide blaue Klinikkleidung trugen. Der Mann war jung und blond. Als er aufstand, stellte Irene fest, dass er fast zwei Meter lang war. Seine weibliche Kollegin war mittleren Alters und etwas pummelig. Sie sagte freundlich: »Hallo. Suchen Sie jemanden?«
»Ja. Ich bin eine Freundin von Mona Söder. Wir wollen Jonas besuchen. Aber Mona ist anscheinend noch nicht da … sonst ist sie doch jeden Abend hier, oder etwa nicht?«
Meine Güte! Warum log sie eigentlich? Aber ihr war klar, dass sie Mona helfen wollte, nicht in den von-Knecht-Fall verwickelt zu werden.
Die Schwester nickte lächelnd.
»Jeden Abend. Warum?«
Irene zeigte ein entschuldigendes, hilfloses Lächeln.
»Ich habe versucht sie am Dienstagabend anzurufen. Hier. Aber niemand ist an Jonas’ Telefon gegangen. Deshalb dachte ich, dass sie vielleicht Dienstag gar nicht hier war …?«
»Doch, doch, sie war hier. Wir haben am Dienstagabend gearbeitet. Vielleicht hat sie den Stecker rausgezogen, weil Jonas geschlafen hat.«
»Ja, das kann sein. Ich wollte nur sagen, dass Jonas’ Telefon vielleicht nicht funktioniert … Aber das tut es dann ja wohl doch. Entschuldigen Sie die Störung.«
Mit einem entschuldigenden Lächeln ging sie wieder auf den Flur. Die Pfleger nickten ihr freundlich zu, wandten sich dann wieder einander zu und setzten ihr unterbrochenes Gespräch fort. Wie einfach das ging. Sie war zweifellos eine geborene Lügnerin. Und wenn es nun mal so gut klappte, brauchte sie ja nur den einmal eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen. Schnell ging sie wieder durch die Glastüren und steuerte eine Telefonzelle an, die sie gesehen hatte, als sie aus dem Fahrstuhl stieg. Sie fütterte den Apparat mit ein paar Münzen und zog den zerknitterten Zettel mit der Telefonnummer von Swedish Data hervor.
»Swedish Data, guten Abend.«
Irene seufzte vor Erleichterung, beeilte sich dann aber, ihren Wunsch zu äußern.
»Guten Abend. Ich möchte gerne Mona Söder sprechen.«
»Sie ist für heute gegangen.«
»Kann ich sie am Montag erreichen?«
»Einen Augenblick … Nein, sie hat drei Wochen Urlaub.«
»Ach, wie ärgerlich. Ich habe bereits versucht sie am Dienstag zu erreichen, habe sie aber nicht erwischt. Hatte sie da auch frei?«
»Frei? Nein, das muss ein Irrtum sein. Sie war den ganzen Dienstag hier. Sie hatte überhaupt nicht frei in dieser Woche. Von wem kann ich denn einen Gruß ausrichten?«
»Birgitta Andersson. Ich rufe sie in drei Wochen wieder an. Es ist nicht so brandeilig. Ein schönes Wochenende!«
Sie öffnete die Tür zu Jonas’ Zimmer. Die Lautstärke der Musik war jetzt heruntergedreht. Aber auch den jetzt laufenden Musiker und die Platte kannte sie. Freddie Mercury. »Mr. Bad Guy«. Spontan sagte
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