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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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er konnte das Fleisch nicht mehr in der Kehle spüren. Er war sicher, dass er alles ausgespuckt hatte …
    Da klopfte Shūsaku ihm kräftig auf den Rücken und brüllte vor Lachen. »Du glaubst, du könntest gewöhnliches Essen verzehren?«, fragte der Ninja. »Du bist jetzt ein halber Geist. Du kannst dich nur von Blut ernähren, denn darin liegt der Geist eines Lebewesens.«
    Tarō holte tief Luft und bekam das Würgen in den Griff. » Menschen blut?«, fragte er.
    »Nicht unbedingt. Wir können auch mit tierischem Blut überleben. Aber menschliches ist besser.«
    »Du hast doch behauptet, dass du niemanden tötest«, sagte Tarō.
    »Und das war keine Lüge. Wenn wir bei Kräften bleiben wollen, müssen wir uns heute Nacht auf die Lauer legen und jemanden finden. Aber wir nehmen uns nur so viel, wie wir zum Überleben brauchen  – nicht mehr.«
    Tarō sah Hirō schaudern und schlug die Augen nieder. Wieder packte ihn die Angst, sein ältester Freund könnte ihn jetzt ablehnen, weil er ein Ungeheuer geworden war.
    Er sah den Ninja an, der immer noch leise über Tarōs Missgeschick mit dem Eichhörnchen lachte. »Du hättest mich warnen können«, bemerkte er.
    »Ja«, stimmte der Ninja zu. »Aber denk nur daran, wie viel gründlicher du die Lektion auf diese Weise gelernt hast. Du wirst nie wieder Braten essen.«
    Tarō runzelte die Stirn. »Ich muss kurz hinaus.«
    Hirō machte Anstalten aufzustehen, und Tarō fügte hinzu: »Allein.« Hirō ließ sich wieder sinken. Er wirkte verletzt, und Tarō verabscheute sich dafür. Aber Hirō hatte gerade nicht in Tarōs Haut gesteckt, hatte nicht diesen Blutdurst verspürt. Hirō würde die Situation zweifellos anders betrachten, wenn er wüsste, wie schwer es Tarō fiel, dem Pulsieren dieser hervorstehenden blauen Adern zu widerstehen.
    »Ich brauche … nur ein bisschen Zeit für mich, nichts weiter.«
    »Wir sollten aufbrechen«, sagte Shūsaku. » Wir müssen jede Stunde der Dunkelheit nutzen.«
    »Es dauert nicht lange«, erwiderte Tarō. Er ging über den Strand zum Wasser hinab, setzte sich direkt vor den plätschernden Wellen auf den harten Sand und schlang die Arme um die angezogenen Knie.
    In der Ferne konnte er eine Insel sehen, die sich silbrig vom blauen Wasser abhob wie ein Tropfen von dem Schwert, von dem es hieß, es habe die Inseln Japans geschaffen.
    Doch jetzt, dachte Tarō, wimmelte es auf der Insel vermutlich von Piraten, die seit dem Sturz des Kaisers immer öfter Schiffe an der Küste angriffen, Fischerboote und die Handelsschiffe der Portugiesen. Durch die Schwäche des Shōgun waren sie reich geworden.
    Und doch glänzte sie von hier aus betrachtet, diese Insel im Mondlicht  – scheinbar aus einem kostbareren Element geschaffen denn aus gewöhnlichem Wasser und Fels. Aber aus der Nähe würde man die Asche von Kochfeuern sehen, die derben, schmucklosen Waffen der Piraten. Man würde die gestohlenen Schätze sehen, die Geiseln und das Grauen.
    Auch Tarōs Traum, das Dorf irgendwann zu verlassen, einem Samurai zu dienen und eines Tages die Tochter seines adligen Herrn zu heiraten, hatte einst so geglänzt. Doch das hier war ein wirkliches Abenteuer, aus der Nähe betrachtet  – ein toter Vater, eine vermisste Mutter und neue körperliche Kräfte, die ihn leider auch begierig auf die Adern im Hals seines Freundes starren ließen, weil er das Blut daraus trinken wollte.
    Die Insel verschwamm und verschwand wie im Meer versunken, als Tarō Tränen in die Augen traten. Er umklammerte seine Knie und hatte das Gefühl, dass er sich gleich auflösen und über den Sand in die Wellen rinnen würde. Seine Brust hob und senkte sich krampfhaft, sein Atem klang rasselnd und keuchend. Die Tränen quollen über und liefen seine Wangen hinab. Er hatte noch nie so geweint, und es fühlte sich an, als werde alle Feuchtigkeit aus seinem Körper gewrungen, bis er als vertrocknete Hülle am Strand zurückblieb wie ein Stück Treibholz.
    Vater , dachte er. Mutter.
    Er vermisste beide gleichermaßen, und in diesem Augenblick wusste er nicht, was schlimmer war  – denjenigen nie wiederzusehen, der tot und allen Qualen dieser Welt entrückt war, oder diejenige nie wiederzusehen, die noch lebte und voller Angst in irgendeinem Versteck vor sich hin litt.
    Um diesen Gedanken schloss sich eine schleichende Furcht wie die Blätter einer Ranke, die eine Blütenknospe umschlangen. Diese Furcht stellte Tarō immer wieder dieselbe Frage: Selbst wenn deine Mutter

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