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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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dem es nicht immer leichtfiel, sich an die strengen Reinlichkeitsstatuten des IAIT zu halten – einiges gewohnt war. Was der Nachtwind allerdings hier durch die Zeltstraßen wehte, konnte einen ausgewachsenen Bullenwolf fällen.
    Der eigentlich recht appetitliche Duft nach gebratenem Fleisch wurde überdeckt vom Gestank sauren Kohls; schwelendes Holz mischte sich mit dem allgegenwärtigen Staub der Karstwüste. Dazwischen: ein Eisengeruch wie von Blut; faule Zähne, fauler Fisch, faules Gemüse. Verbranntes Öl. Urin und Kot, Pferdemist und Schwefel. Der Schweiß unzähliger Getriebener. Es war wahrlich kein Vergnügen, diese Geruchsmischung einzuatmen, bei Batardos!
    Aber Jorge fiel unter all den unangenehmen Nuancen noch eine weitere auf: der Gestank nach Angst. Nach eingepferchter Energie. Etwas Unterdrücktes, Tierhaftes.
    »Was haben Sie in einem Heerlager erwartet, Agent Jorge?«
    Jorge schrak zusammen und verschluckte sich an einer Nuss. Er war so in seine Betrachtung der Zeltstadt versunken, dass er seinen Führer völlig vergessen hatte. Er hob den Blick und sah, wie ihn Hauptmann Zborowski über die Schulter mit gehobenen Brauen ansah.
    »Vielleicht hätte ich erwartet, dass Soldaten klüger sind als Tiere und nicht dorthin kacken, wo sie schlafen und essen, bei Batardos«, versetzte Jorge und stieg demonstrativ über einen großen braunen Haufen hinweg, der mitten auf dem Weg lag und sehr offensichtlich nicht von einem Tier stammte. »Sind wir bald da?«
    Der Hauptmann nickte und deutete geradeaus. »Dort vorne beginnt der Teil der Zeltstadt, in dem meine Landsleute untergebracht sind.« Er drehte erneut den Kopf in Jorges Richtung. »Darf ich fragen, wieso Sie ausgerechnet mit Orks aus der Kohorte sprechen wollen?«
    »Das darfst du zwar nicht, denn unser Auftrag hier ist geheim, aber ich will es dir trotzdem verraten, weil du so eine schöne Rüstung anhast.« Jorge pulte die letzten der erbeuteten Nüsse aus seinen Taschen und ließ sie achtlos auf den Boden rieseln. Das stechende Geruchsgemisch hatte ihm den Appetit verdorben; kein gutes Zeichen. »Wir Trolle haben da ein altes Sprichwort, und es geht so: Wo Orks verschwinden oder ihnen Teile ihrer Orkkörper rausgerissen werden, befragt man am besten ein paar Orks.« Er überlegte kurz. »Das Sprichwort meint natürlich solche, denen noch nichts rausgerissen wurde«, fügte er hinzu.
    Sie erreichten einen Teil des Lagers, in dem noch auffallend viele Feuer brannten. Am Rand der Straßen oder auf kleinen Freiräumen zwischen den Zelten saßen Grüppchen von Orksoldaten im flackernden Feuerschein. Offenbar schlief man als Ork derzeit nicht allzu gut. Jorge konnte verstehen, warum.
    Interessiert sah er sich um. Seiner bescheidenen Meinung nach erinnerten die geduckt kauernden Gestalten an Ochsenfrösche. Ihre Haut schimmerte grünlich, als habe man sie aus irgendeinem üblen Tümpel gezogen. Die meisten begegneten seinem grüßenden Nicken mit unverhohlener Feindseligkeit, starrten ihn an, als wollten sie ihm im nächsten Moment an die Kehle gehen.
    »Da wären wir also«, verkündete Hauptmann Zborowski überflüssigerweise. »Ich darf mich dann verabschieden, ich habe noch im Zelt der Heeresleitung zu tun.« Und mit einem skeptischen Seitenblick zu Jorge: »Sind Sie sicher, dass ich Sie hier allein lassen kann?«
    Jorge machte eine abwinkende Handbewegung. »Ich komme schon klar. Werde mich ein bisschen unters Volk mischen. Konversation machen, du verstehst.«
    Seinem verstörten Gesichtsausdruck nach verstand Hauptmann Zborowski keineswegs. Dennoch salutierte er und entfernte sich mit großen Schritten. Jorge blieb zurück, umringt von unzähligen Orks, die sprungbereit im Licht ihrer Feuer hockten, lauernd wie Raubtiere.
    Ein Stückchen abseits erspähte Jorge eine Gruppe von vier Grünhäutigen, die auf Stöcke gespießte, unförmige Klumpen über den Resten eines ersterbenden Feuers brieten. Zwischen ihnen stand ein dunkles, kompaktes Fass mit einem Hahn an der Seite. Jorge schnupperte in der Luft und gewahrte unter den mannigfachen Lagen von Gestank das unmißverständliche Aroma guten, starken Schwarzbiers. Zielstrebig hielt er auf die Vierergruppe zu, wobei er weiter wie ein Hund in der Luft schnüffelte.
    »Bei Boshuda, ich will verdammt sein!«, krächzte einer der Orks, als er auf den Besucher aufmerksam wurde. »Was will denn dieses Riesenarschloch hier?«
    »Guten Abend«, sagte Jorge. »Krieg ich vielleicht einen Schluck ab?« Er nickte

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