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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Flotte von Wikingerschiffen vor sich zu sehen, die …

AUSGZUG AUS BÅRDS GESCHICHTE 1
     
    … in einer Gischtwolke durch die Wellenkämme pflügten. Ich stand an der Seite König Olavs im Bug des Langschiffes Havør-nen , schrie gegen den Wind an und wischte mir mit dem Unterarm das Salzwasser aus dem Gesicht. Der König brüllte und lachte. Um uns herum glitzerten Wassertropfen im Sonnenlicht wie ein silberner Regenschauer. Der Eichenrumpf durchschnitt die Wellen mit kräftigen Stößen, so dass die Balken knackten. Das Segel bauschte sich straff im Nordwestwind.
    Die Havørnen , der Seeadler, das Schiff des Königs, war ein schlankes Schiff mit geschnitzten Drachenköpfen am Bug- und Achtersteven. Wir nannten es auch Drakkar , das Drachenschiff. Fingerfertige Holzschnitzer hatten daheim in Norwegen grauenerregende Drachen, grässliche Schlangen und grimmige Seeungeheuer in beide Steven geschnitzt. Der Mast war hoch und gerade. Das Segel fing den Wind ein und jagte mit uns über das Meer wie ein eben abgeschossener Pfeil. Hinter den Schiffen folgten riesige Schwärme von Möwen, Seeschwalben und schmackhafte Seevögel wie Winddrachen an einer Schnur. Olav und ich drehten dem Wind den Rücken zu und schauten über das Schiffsdeck. Viele Männer lagen da und dösten in der brütenden Hitze. Einige würfelten, andere erzählten von ihren Heldentaten und blutigen Schlachten. An der Handbewegung eines Mannes namens Gorm sah ich, dass er soeben eine üppige Frau beschrieb, der er beigewohnt hatte. Ein Riese, der Tord hieß, pisste über die Reling. Drüben beim Mast zankten sich zwei junge Burschen um ein Stück Seil. Einer der Navigatoren notierte unsere Position auf der Pergamentkarte. Dann stach er eine Markierung in die halbmondförmige Peilscheibe des Sonnenkompasses. Olav pfiff auf den Fingern, das Signal für den Steuermann, eine Ahnung nach Osten zu drehen. Dann nickte er Rane zu, dem Vormund, den seine Mutter ihm zur Seite gestellt hatte, als wir uns vor vielen Jahren auf Wikingerfahrt begeben hatten. Olav vergrub seine Hand in meiner Mähne, zauste mir das Haar und sagte: »Ich sehe, dass es dir auf dem offenen Meer gefällt, Bård.« Und ich spuckte über die Reling und antwortete: »Wem nicht, König?«
    Olav und ich waren gleich alt. Wir nannten ihn König, obgleich er nicht über ein Land herrschte. In den Adern des Kriegerkönigs floss salziges Wikingerblut. Olav Haraldsson war von königlichem Geschlecht; Harald Hårfagre war sein Ururgroßvater, und sein Vater war Harald Grenske, der Häuptling von Vestfold, der eine Schwäche für Frauen hatte und bei einem Feuer ums Lebens gekommen war, das die Schwedin Sigrid Storråde legen ließ, als sie die geilen Annäherungsversuche des Wikingers nicht mehr ertrug. Während Harald Grenske in Schweden verbrannt war, war Åsta mit Olav schwanger. Der neue Mann, den sie ehelichte, Sigurd Syr, war Haralds genaues Gegenteil. Während Harald durch und durch ein Wikinger war, gewalttätig und kriegslüstern, war Sigurd eine friedliebende Seele, ein besonnener und tüchtiger Großgrundbesitzer, der lieber seinen Acker bestellte, sich um sein Vieh kümmerte und jeden Blutzwist mied. Der junge Olav hatte viel von seinem Vater in sich. Als kleiner Junge schaute er auf seinen Stiefvater herab, den Bauern, und verhöhnte ihn hinter dem Rücken seiner Mutter.
    Die Hand um das aufgequollene Schnitzwerk des Schiffes gelegt, spähte ich an den Horizont im Westen und danach zu dem Nebel, der die Küste im Osten einhüllte. Ich lehnte mit der Schulter an der Innenseite des Stevens und sah auf das fremde Land, das al-Andalus 2 genannt und von Muslimen beherrscht wurde. Auf wie großen Widerstand würden wir stoßen? Lasst sie kommen, dachte ich kühn. Ich fürchtete nichts. Seit wir Norwegen verlassen hatten, zuerst Richtung Dänemark und dann dem alten Ostweg folgend, hatte der Raubzug der Wikingerflotte unter der Gunst der Götter gestanden. Wir waren unbesiegbar. In Schweden und den Ländern und Inseln rund um die Ostsee plünderten und kämpften wir lange, ehe wir wieder unsere Segel Richtung Dänemark setzten. Dort schlossen wir uns der Flotte des Bruders von Sigvald Jarl an, dem mächtigen Torkjell Høye, der gerade zu einem Beutezug aufgebrochen war. Zusammen waren unsere zwei Wikingerhäuptlinge, Olav und Torkjell, an der Küste Jütlands entlanggesegelt und hatten ein großes Seeheer besiegt. Die Siege in der Ostsee, in Dänemark und den Niederlanden erfüllten uns mit

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