Der Papstkäufer
Interessen, die Fugger zu einem Netz aus Intrigen verspann, hielten die beiden von da an für viele, viele Jahre eng zusammen. In Innsbruck bereitete Zink derweil Siegmunds Ende vor.
5
Der genuss- und prunksüchtige Herzog saß in seiner großen, heißen Badewanne, die Luft roch angenehm nach Kräutern. Zusammen mit ihm badeten zwei vollbusige Gespielinnen, über die Ränder des großen Zubers gelegt waren eichene Bretter, voll mit erlesenen Speisen – Rindsbraten und Vögel in Safransoße, Krüge voller Wein. Im wabernden Dampf hörte man neben den Tönen, die eine einsame Laute von sich gab, auch Wasserspritzer, Gelächter, Gejohle. Der Herzog wollte sich gerade wieder an einer seiner Badegenossinnen vergreifen, da meldete der Hofmeister dringenden Besuch.
»Der Herr Magister Johannes Zink, Euer Gnaden.«
Siegmund lachte.
»Immer rein mit Euch, Zink. Macht Euch frei und feiert mit uns. Es gibt alles, was das Herz begehrt.« Lüstern ergriff er die Brust einer der beiden jungen Mädchen und biss spielerisch hinein. Er lachte laut.
Aber Zink zögerte. So gern er sonst mit fressen und saufen würde – mittlerweile hatte er schon Geschmack gefunden an diesem Leben und bereits den ersten Wohlstandsspeck angesetzt, auch die Hübschlerinnen würde er gerne anlangen –, gab er sich diesmal ungewohnt schmallippig.
»Bringt Ihr mir wieder Geld vom Fugger? Dann langt endlich zu, schließlich ernährt der Fugger uns beide. Und wo’s für mich langt, langt es für Euch allemal.«
Immer noch hatte der bereits angetrunkene Siegmund nicht bemerkt, dass dem Boten Fuggers nicht nach einem Gelage zumute war.
»Was ist los mit Euch? Oder habt Ihr schlechte Nachrichten?«
Schließlich hatte selbst der in diesen Dingen bisweilen etwas begriffsstutzige Siegmund durch den Dampf erahnt, dass Johannes Zink nicht gekommen war, um Geld zu überbringen.
»Ich fürchte, es gibt in der Tat schlechte Nachrichten.«
Bedächtig wiegte Zink seinen Kopf, während seine Augen durch den Dunst hindurch die fürstlichen Augen fixierten.
»Der Herr Fugger lässt ausrichten, er kann Euch nicht länger zu Diensten sein.«
Siegmund lachte, zu absonderlich erschien ihm diese Vorstellung. Mit einer ruckartigen Handbewegung hieß er den Lautenspieler, still zu sein.
»Und wie stellt der Herr Fugger sich das vor? Wie soll ich ihm sein Geld zurückzahlen?« Wieder Gekicher, diesmal mit einem hysterischen Unterton.
»Der Fuggersche Sauhund versucht wohl nur, die Rendite hochzuschrauben. Will er noch mehr Schürfrechte? Sagt schon, Zink!«
Der schüttelte den Kopf, die Miene blieb undurchsichtig.
»Es tut ihm sehr leid, lässt er ausrichten, aber er kann nicht mehr. Ihr müsst Euch nach anderen Geldquellen umschauen.«
»Worauf Ihr Euch verlassen könnt!«
»Ihr müsst dem Fugger alsbald Eure Schulden begleichen.«
Jetzt hatte Siegmund den Ernst der Lage erkannt, war behände aus dem Zuber geklettert und stand nackt, wie Gott ihn geschaffen hatte, vor Zink.
»Dann richtet dem Fugger aus, dass er dies noch bereuen wird eines schönen Tages. Bitterlich bereuen wird er’s!«
Er wickelte sich ein Tuch um den dicken, nackten Leib, sein Gesicht rot vor Zorn.
»Aber dann ist’s zu spät! Ich werde meine Landesstände einberufen.«
»Tut das, bitte«, sagte Zink teilnahmslos und verließ das Bad des Herzogs.
Die Landesstände waren Siegmunds letzte Hoffnung. Zusammengesetzt aus Rittern, Städtern, Geistlichen und, neuerdings, auch Bauern, konnten nur sie dem gefallenen Herzog neue Mittel bewilligen, um den drohenden Untergang noch einmal zu vermeiden. Siegmund wusste allerdings nicht, dass Zink und Fugger auch hier bereits reichlich Öl ins Getriebe der Meinungen und Entscheidungen hinein geschmiert hatten.
Der Landesständetag im Festsaal der Innsbrucker Residenz verkam so zu einem politischen Massaker, in dem der letzte Rest politischen Lebens in Herzog Siegmund dahin gemeuchelt wurde. Vehement redeten die Stände gegen ihren Herrscher, schimpften, rebellierten und genehmigten ihm nicht einen einzigen Gulden mehr. Mit Tränen in den Augen fasste Siegmund danach die für ihn vernichtende Sitzung zusammen.
»Sie sagen, ich habe Tirol ruiniert. Sie fordern, dass ich zurücktrete. Und sie möchten den König Maximilian als meinen Nachfolger.«
Obwohl er dies zu eben jenem König sagte, erzählte er diesem damit nichts Neues. Akribisch hatte Maximilian, gemeinsam mit Jakob Fugger und Johannes Zink, auf dieses Ereignis hingearbeitet.
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