Der Prediger von Fjällbacka
auch beim Bierholen.
»Gooott, wie schön ihr’s hier habt!« Maria war schon bei ihrem zweiten Glas Wein, während die anderen kaum an ihrem Getränk genippt hatten.
»Vielen Dank, ja, wir fühlen uns hier wohl.« Erica fiel es schwer, sich zu Dans Freundin anders als nur korrekt zu verhalten. Sie konnte nicht verstehen, was er an ihr fand, besonders im Vergleich zu seiner Exfrau Pernilla, aber sie vermutete, das war erneut eins dieser Mysterien, das Frauen nicht verstehen konnten. Das einzige, was sie begriffen hatte, war, daß er Maria nicht wegen ihrer Fähigkeit zur Konversation ausgewählt hatte. Offenbar weckte sie Bittans Muttergefühle, denn diese nahm sich ihrer besonders an, und Anna und Erica hatten die Chance, allein miteinander zu reden.
»Sieht er nicht toll aus?« Anna schaute Gustav bewundernd an. »Daß ein solcher Mann sich für mich interessiert!«
Erica betrachtete ihre schöne kleine Schwester und fragte sich, wie es kam, daß ein Mensch wie Anna ihr Selbstvertrauen so völlig verlieren konnte. Früher war ihre Schwester eine starke, freie und selbständige Person gewesen, aber die Jahre mit Lucas und die Mißhandlungen, die sie mit sich brachten, hatten die Schwester zerbrochen. Erica mußte ihre Lust bekämpfen, sie wachzurütteln. Sie schaute zu Emma und Adrian, die wie die Wilden um sie herum jagten, und fragte sich, warum Anna keinen Stolz und kein Selbstbewußtsein empfand, wenn sie sah, was für wunderbare Kinder sie zur Welt gebracht und aufgezogen hatte. Trotz allem, was sie in ihrem kurzen Leben mitgemacht hatten, waren sie so fröhlich und stark. Was allein Annas Verdienst war.
»Ich habe noch nicht viel mit ihm reden können, aber er wirkt nett. Eine endgültige Benotung muß ich auf später verschieben, wenn ich ihn etwas besser kennengelernt habe. Aber es scheint ja gut gelaufen zu sein, mit ihm eingepfercht auf einem kleinen Segelboot zu sitzen, also das ist ja wohl ein gutes Zeichen, vermute ich.« Ihr Lächeln empfand sie als steif und aufgesetzt.
»Tja, was heißt klein.« Anna lachte. »Er hat sich die Najad 400 von einem Kumpel ausgeliehen, und darauf könnten wir gut und gern eine kleinere Armee unterbringen.«
Ihre Unterhaltung wurde unterbrochen, als das Fleisch auf den Tisch kam, und der männliche Teil der Gesellschaft gesellte sich zu ihnen, hochzufrieden damit, die moderne Variante der Säbeltigerschlachtung erledigt zu haben.
»Und ihr Mädels, was habt ihr hier so bequasselt?«
Dan legte den Arm um Maria, die sich gurrend an ihn schmiegte. Die Schmuserei ging in regelrechtes Geknutsche über, und obwohl viele Jahre vergangen waren, seit Erica und Dan eine Beziehung hatten, so mißfiel es ihr doch, mit ansehen zu müssen, wie sich die Zungen der beiden verhakten. Gustav blickte ebenfalls höchst mißbilligend, aber Erica bemerkte unfreiwillig, daß er die Gelegenheit nutzte, unauffällig Marias tiefen Ausschnitt anzupeilen, der ins Blickfeld rückte.
»Lars, du mußt ja wohl kein Dressing aufs Fleisch kippen. Du weißt, du solltest auf dein Gewicht achten, wegen dem Herzen.«
»Wieso, ich bin stark wie ein Pferd! Das hier sind reine Muskeln«, verkündete Patriks Vater lautstark und klatschte sich auf den Bauch. »Und Erica hat gesagt, daß da nur Olivenöl drin ist, also das ist alles höchst gesund. Olivenöl ist gut fürs Herz, so steht es doch überall.«
Erica schluckte die Bemerkung hinunter, daß man einen Deziliter Dressing vielleicht nicht gerade eine gesundheitsfördernde Menge nennen konnte. Die beiden hatten diese Diskussion schon häufig geführt, und Lars war Experte darin, nur jene Ernährungsratschläge zu beachten, die ihm behagten. Essen war sein großes Vergnügen, und alle Versuche, ihm diese Freude zu beschneiden, betrachtete er als reine Sabotage gegenüber seiner Person. Bittan hatte seit langem resigniert, aber versuchte dennoch hin und wieder klarzustellen, was sie von seinen Eßgewohnheiten hielt. Alle Versuche, ihn auf Diät zu setzen, waren an der Tatsache gescheitert, daß er, sobald sie ihm den Rücken zudrehte, heimlich an den Kühlschrank ging. Und dann riß er vor Verblüffung, weil er nicht abgenommen hatte, die Augen auf, denn nach eigener Aussage aß er schließlich nicht mehr als ein durchschnittliches Kaninchen.
»Kennst du E-Type?« Maria hatte mit ihrer oralen Untersuchung von Dans Mund aufgehört und schaute Gustav voller Faszination an. »Ich meine, er hängt doch mit Viktoria und ihren Kumpels rum, und Dan
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