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Der Preis des Schweigens

Der Preis des Schweigens

Titel: Der Preis des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverley Jones
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und animalischer aussah als alles, was ich je mit Dan gemacht hatte.
    Im Gegensatz zu den Taylors, die wenigstens noch ihre moralische Überlegenheit hatten, war ich kein unschuldiges Opfer. Die beiden waren ein eher untypischer Fall, weil sie nicht die geringste Ahnung von der Existenz der Kamera gehabt hatten. Dass Rowan der Schuldige war, lag klar auf der Hand. In den meisten Fällen war die Schuldfrage weniger eindeutig zu beantworten, weil die Beweislage schwieriger war.
    Wenn meine Kollegen von der Kripo mit derartigen Anzeigen konfrontiert waren, entfuhr ihnen meist ein unterdrücktes Stöhnen und sie ließen kaum wahrnehmbar die Schultern hängen. Ich wusste genau, wie sehr ihnen vor der Bearbeitung graute, denn in neun von zehn Fällen war der Versuch einer Aufklärung eine Verschwendung der ohnehin knappen Ressourcen. Die Arbeitszeit der Beamten war sinnvoller eingesetzt, wenn sie auf der Straße Jagd auf Drogendealer machten oder Halbstarke verhafteten, die die städtischen Ladenbesitzer schikanierten.
    Leider häuften sich die Anzeigen in den letzten Jahren. Meist handelte es sich um Anrufe von bedauernswerten Frauen, die verlangten, dass man ihre Exfreunde verhaftete, weil sie Nacktfotos von ihnen ins Intranet der Firma gestellt oder sie an Kumpels verteilt hatten, aus Rache dafür, betrogen oder verlassen worden zu sein. Immer öfter meldeten sich Mädchen oder Frauen, die jemanden auf Facebook kennengelernt und demjenigen freizügige Fotos von sich geschickt hatten und sich nun wunderten, dass diese Fotos unter den »Freunden« desjenigen die Runde machten.
    Andere Frauen hatten sich im Rahmen eines beschwipsten Stelldicheins beim Sex filmen lassen und mussten nun feststellen, dass das Filmchen absichtlich oder versehentlich in die falschen Hände geraten war. Besonders beunruhigend waren die Anzeigen von verzweifelten Eltern, deren Teenagertöchter von Internetbekanntschaften dazu überredet worden waren, sich in ihrem Zimmer vor der Webcam auszuziehen.
    Das Problem war, dass es in neunundneunzig Prozent dieser Fälle schwierig bis unmöglich war, zu beweisen, wer die Aufnahmen oder Fotos tatsächlich ins Netz gestellt hatte und dass dies ohne Einwilligung geschehen war. Im Fall von Rowan, dem Freund von Mr und Mrs Taylor, war der Fall klar: Er hatte Zugang zu deren Haus und die Möglichkeit zur Installation einer Kamera gehabt, und es war ein Stapel mit auf CDs gebrannten Filmchen bei ihm zu Hause gefunden worden. In den meisten anderen Fällen stand Aussage gegen Aussage, und es gab nicht viel, was man dagegen ausrichten konnte.
    Wie hätte ich da auch nur auf die Idee kommen können, mein derzeitiges Problem der Polizei zu melden, in der Hoffnung, dass dabei irgendetwas anderes herauskam, als zutiefst gedemütigt zu werden?
    Was, wenn meine Kollegen auf der Wache meine glorreiche Hauptrolle in dem Schmuddelfilmchen zu sehen bekamen? Meine »oscarreife Darbietung«? Ich würde vor Scham im Erdboden versinken, weil ich dann in ihren Augen auch nur eines dieser dummen Flittchen wäre, die sich betrunken die Kleider vom Leib reißen und dadurch Opportunisten zum Missbrauch einladen.
    Bodie und Doyle würden mich nicht so sehen, das wusste ich. Die beiden eilten mir schon zu Hilfe, wenn mich auch nur jemand im Pub schief ansah, aber andere Kollegen in anderen Revieren würden dasitzen und sich köstlich amüsieren über meinen tanzenden weißen Hintern in seiner ganzen sportgestählten Pracht, inklusive erster Anzeichen für Cellulitis.
    Denn wenn ich Anzeige erstattete, würde meine Geschichte nicht lange ein Geheimnis bleiben, diesbezüglich durfte ich mir keine Illusionen machen. Bei der Polizei spricht sich alles herum, meist nicht einmal mit böser Absicht. Aber wenn Ermittlungen zu einem Fall laufen, lässt sich das nun mal nicht geheim halten. Außerdem: Was hatte ich schon vorzubringen? Welche Informationen konnte ich bieten, mit deren Hilfe man eine Fahndung hätte starten können? Je länger ich darüber nachdachte, desto deutlicher wurde mir bewusst, dass ich nicht das Geringste über Justin Reynolds wusste. Er existierte im Grunde nicht, wie sollte die Polizei ihn dann finden und zur Rede stellen?
    Die E-Mail-Adresse, von der er die Filme abgeschickt hatte, war eine Yahoo-Adresse, in die man sich von jedem PC aus einloggen konnte. Meine Erinnerungen an die Nacht im Strandhaus waren lückenhaft. Vom eigentlichen Geschlechtsakt waren mir nur schemenhafte, flüchtige Bilder im Gedächtnis

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