Der Prinz und der Soeldner
nickte ihr ganz kurz ironisch zu, bevor er vor Oser salutierte.
Widerstrebend erwiderte Oser den militärischen Gruß. »Nun ›Admiral‹ – kehren wir zur Triumph zurück, und kommen wir zum Geschäft«, sagte er heiser.
»In der Tat, ja. Aber machen wir doch zuerst unterwegs einen kleinen Rundgang durch die Station? Natürlich durch die Bereiche, die nicht der obersten Geheimhaltungsstufe unterliegen. Meine letzte Besichtigung wurde nämlich so … äh … unsanft unterbrochen. Nach Ihnen, Admiral?«
Oser knirschte mit den Zähnen. »Oh, nach Ihnen, Admiral.«
Es wurde eine Parade daraus. Miles führte sie gut fünfundvierzig Minuten herum, darin eingeschlossen war ein Gang durch die Cafeteria während der mittäglichen Stoßzeit mit verschiedenen geräuschvollen Unterbrechungen, um die wenigen alten Dendarii, die er erkannte, mit Namen zu grüßen und den anderen ein strahlendes Lächeln zu schenken.
In seinem Kielwasser gab es Gerede: die Unwissenden suchten Erklärungen bei den Wissenden. Eine Aslunder Arbeitsmannschaft war damit beschäftigt, Faserstoffplatten aus der Wand zu reißen, und er hielt an, um ihnen Komplimente wegen ihrer Arbeit zu machen.
Als Oser einen Augenblick abgelenkt war, ergriff Elena die Gelegenheit, sich niederzubeugen und grimmig in Miles’ Ohr zu flüstern: »Wo ist Gregor?«
»Daran hängt – hänge ich, wenn ich es nicht schaffe, ihn zurückzubringen«, flüsterte Miles zurück. »Zu kompliziert, erzähl ich dir später.«
»O Gott.« Sie rollte mit den Augen.
Als er, nach Osers zunehmend finsterer werdendem Gesicht zu urteilen, fast die Grenze von dessen arg beanspruchter Duldsamkeit erreicht hatte, duldete Miles es seinerseits, wieder zur Triumph geführt zu werden. Cavilos Befehlen gehorchend, hatte Miles keinen Versuch unternommen, Kontakt mit Barrayar aufzunehmen. Aber wenn Ungari ihn nach diesem Spektakel nicht finden konnte, dann war es Zeit, diesen Mann zu feuern. Ein Prärievogel, der einen verrückten Paarungstanz auf den Boden trommelt, hätte kaum ein auffälligeres Schauspiel darbieten können.
Die letzten Handgriffe des Aufbaus waren in der Andockbucht der Triumph noch im Gange, als Miles mit seiner Parade dort durchkam. Ein paar Aslunder Arbeiter in Gelbbraun, Hellblau und Grün lehnten sich herüber, um von den Laufplanken herunterzuglotzen. Militärtechniker in ihren dunkelblauen Uniformen hielten mitten in der Installation inne, um ihn anzustarren, danach mussten sie ihre Verbindungen neu sortieren und ihre Schrauben neu festziehen. Miles unterließ es zu lächeln und zu winken, damit nicht Osers zusammengebissene Zähne abbrachen. Kein Ködern mehr, jetzt war es Zeit, ernsthaft zu werden. Die ungefähr dreißig Söldner konnten beim nächsten Rollen des Würfels sich von einer Ehrenwache in eine Gefängniswache verwandeln.
Thornes großer Sergeant, der neben Miles ging, schaute sich in der Bucht um und bemerkte, dass einiges neu eingebaut war. »Die Laderoboter sollten morgen um diese Zeit vollautomatisch funktionieren«, merkte er an. »Das wird eine Verbesserung sein – Scheiße!«
Seine Hand fiel plötzlich auf Miles’ Kopf und schob ihn nach unten. Der Sergeant drehte sich halb herum und griff nach seinem Halfter, als ihn der knisternde blaue Blitz einer Nervendisruptorladung voll in die Brust traf, und zwar in der Höhe, wo Miles’ Kopf gewesen war. Er zuckte krampfhaft zusammen, sein Atem stand still. Der Geruch von Ozon, heißem Plastik und verbranntem Fleisch drang an Miles’ Nase.
Miles versuchte sich in Deckung zu werfen, schlug auf dem Boden auf, rollte davon. Ein zweiter Blitz klatschte auf das Deck, das von ihm ausgehende Feld stach wie zwanzig Wespen entlang Miles’ ausgestrecktem Arm. Miles zog ruckartig die Hand zurück. Als der Körper des Sergeanten zusammensackte, packte Miles die Jacke des Mannes und verbarg sich unter ihm, er vergrub seinen Kopf und sein Rückgrat dort, wo das Fleisch am kräftigsten war, unter dem Rumpf des Sergeanten.
Er zog seine Arme und Beine so eng an sich, wie er nur konnte. Ein weiterer Blitz knisterte in der Nähe in den Boden, dann trafen zwei kurz hintereinander den Körper des Sergeanten. Selbst mit der absorbierenden Masse dazwischen war es schlimmer als der Schlag eines Schockstabes mit Starkstrom.
Miles hörte Schreien, Plumpsen, Kreischen, Rennen, Chaos. Das zirpende Summen von Betäuberfeuer. Eine Stimme: »Er ist dort oben! Los, schnappt ihn!«, und eine andere Stimme, hoch und heiser.
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