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Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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von Pittsburgh aus, der von der Familie eines Patienten zur Beratung gerufen worden war. Bryson verließ sich auf die in der Regel unverdächtige Atmosphäre von Krankenhäusern und wurde in dieser Hinsicht auch nicht enttäuscht. Niemand verlangte
nach einem Ausweis. Er selbst gab sich ganz professionell: distanziert, dabei aber durchaus besorgt. Die Familie habe ihn über einen Kollegen angesprochen mit der Bitte, dem Angehörigen das Sterben so leicht wie möglich zu machen. Verlegen schmunzelnd legte Bryson als Beleg einen gelben Notizzettel mit der Überschrift »In Ihrer Abwesenheit« vor, auf dem der Fall geschildert stand und die Telefonnummer angegeben war.
    »Meine Sekretärin hat es versäumt, den Namen des Patienten aufzuschreiben«, sagte er. »Und ich muss gestehen, in all der Eile das Fax in meinem Büro zurückgelassen zu haben. Wissen Sie vielleicht, um welchen Patienten es sich handeln könnte?«
    Die Frau am Empfang warf einen Blick auf die Telefonnummer und schaute dann in ihre Liste. »Natürlich, Herr Doktor. Das ist ein Mr. John MacDonald. Zimmer 322.«
     
    Harry Dunne sah aus wie ein intensiv behandelter Kadaver. Sein schmales Gesicht war eingefallen, von den weißen Haaren fast nichts mehr übrig geblieben. Die Haut hatte eine unnatürlich bronzene Farbe und war voller Flecken. Seine Augen traten aus den Höhlen hervor, und in seiner Nase steckte ein Beatmungsschlauch. Er hing am Tropf und war an diverse Messinstrumente angeschlossen, über die alle möglichen Körperfunktionen überwacht wurden.
    Dem Patienten standen ein eigener Telefonanschluss und sogar ein Faxgerät zur Verfügung.
    Dunne schlug die Augen auf, als Bryson zur Tür hereinkam. Er wirkte benommen, aber doch wach, und nach wenigen Sekunden verzog sich sein Knochengesicht zu einem gespenstischen Grinsen. »Sind Sie hier, um mich zu töten, Bryson?«, fragte er und kicherte schwach. »Das wäre ein Witz. Man hält mich hier künstlich am Leben. Genauso wie man die verdammte CIA künstlich am Leben hält. Dabei sind wir beide, die CIA und ich, längst passé.«
    »Sie zu finden war nicht leicht«, sagte Bryson.

    »Weil ich nicht gefunden werden will. Ich habe keine Verwandtschaft, die mich am Sterbebett besuchen könnte, und ich weiß ja, was in Langley los ist, wenn sich dort herumspricht, dass man krank ist. Dann brechen sie deinen Schrank auf, durchwühlen deine Papiere und räumen dein Büro aus. Wie in der guten alten Sowjetunion: Der Chef macht Urlaub in Jalta, kommt zurück und findet seine Sachen, in Umzugskartons verpackt, draußen vor dem Kreml wieder.« Er kicherte rasselnd. »Ja, man muss sich nach allen Seiten hin gut absichern.«
    »Auch wenn man ohnehin nicht mehr viel Zeit hat?«, fragte Bryson in provozierender Absicht.
    Dunne starrte eine Weile vor sich hin, ehe er antwortete. »Vor sechs Wochen wurde festgestellt, dass ich Lungenkrebs habe. Daraufhin musste ich den ganzen Zinnober über mich ergehen lassen: Chemotherapie, Bestrahlung und so weiter. Inzwischen stecken die Scheiß-Metastasen überall, im Bauch, in den Knochen, sogar in den verdammten Händen und Füßen. Und die Ärzte haben tatsächlich die Stirn, mir das Rauchen zu verbieten! Lächerlich. Ich habe denen gesagt: Vielleicht sollte ich es auch mal mit Trennkost versuchen; darüber hört man ja so viel Gutes.«
    »Sie haben mich gründlich drangekriegt«, sagte Bryson und verhehlte seinen Ärger nicht, »ein raffiniertes Geflecht aus Lügen um meine Vergangenheit gestrickt, und um das Direktorat, seine Anfänge und Absichten … Warum eigentlich? Damit ich für Sie ins kalte Wasser springe, zum Direktorat zurückkehre und herausfinde, was wir…« Er stockte und wunderte sich, dass er das persönliche Fürwort ›wir‹ gebraucht hatte. Bin ich wirklich wieder Teil eines Dienstes, den es im Grunde gar nicht gibt? »… was wir über Prometheus wissen? Weil wir die Einzigen waren, die Ihrer Bande auf die Schliche gekommen sind?«
    »Ja, was haben Sie denn wirklich herausgefunden? Doch nur Kinkerlitzchen.« Er grinste und begann zu husten. »Ich komme mir vor wie Moses, zeige den Weg, werde das Gelobte Land aber selbst nicht mehr betreten.«

    »Das Gelobte Land? Wessen Land soll das sein? Das von Gregson Manning?«
    »Geben Sie’s doch auf, Bryson«, sagte Dunne und schloss die Augen.
    Bryson warf einen Blick auf den mit einer klaren Flüssigkeit gefüllten Plastikbeutel am Infusionsstativ Nummer IV. »Ketamin« stand darauf zu lesen. Ein

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