Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
Vom Netzwerk:
der großen Verwirrung zu Babel von allen Menschen gesprochen wurde, andere haben herausgefunden, daß diese mirakulösen Symbole den Zusammenhalt des Universums versinnbildlichen. Genaues weiß natürlich keiner, und ihre letztgültigen Weisheiten bestehen aus Banalitäten wie: ›Ich bin alles, was ist, das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige; meinen Schleier hat noch kein Sterblicher gelüftet.‹«
    »Aber das ist doch der Text jener Inschrift, von der Plutarch berichtet, daß sie einst auf dem Isis-Standbild in Saïs zu lesen gewesen sei«, rief Jean-François.
    »Sicher ist er das«, entgegnete Langlès. »Und? Ist er deshalb weniger banal?«
    »Sie sind ungerecht. Was können die Ägypter dafür, wenn sich moderne Narren ihrer Weisheiten bedienen? Es kann gut sein, daß diese geheimnisvollen Worte nur das konzentrierte Credo einer Lehre darstellten, die Natur, Mensch und Gottheit versöhnen und alle Religionen einschließen wollte.«
    »Obskurantismus!«
    »Der große Voltaire hat diese Inschrift immerhin wohlwollend zitiert.«
    »Aber sicher: die Ägypter mit ihren tierköpfigen Göttern als Vorläufer der Rationalisten«, höhnte Langlès.
    Jean-François wurde hitzig. »Ihre Tataren haben in spirituellen Belangen gewiß mehr zu bieten«, sagte er spitz.
    »Aber meine Herren«, unterbrach sie Sacy, »wir wollen doch bitte nicht streiten.«
    »Nein«, entgegnete der »Tatar« eisig, »ich wollte unseren zukünftigen Studenten nur darauf hinweisen, daß sein Wahlgebiet Tummelplatz von Obskuranten und Okkultisten ist.«
    »Desto dringender ist es vonnöten, dieser Kultur wirklich den Schleier zu heben und sie von solchen Schmarotzern zu befreien«, erklärte Jean-François emphatisch. »Deshalb müssen die Hieroglyphen entziffert werden. Das ist die Grundvoraussetzung. Man darf nicht einfach aufgeben, weil die ersten Anläufe fehlschlugen!«
    Sacy zuckte mit den Schultern. »Wenn das Ihr Ziel ist, bitteschön«, sagte er, und das feine Lächeln war von seinem Antlitz verschwunden. »Ich habe versucht, Ihnen auseinanderzusetzen, was ich davon halte. Sie müssen selbst entscheiden, wofür Sie Ihre Zeit investieren und wie ernst es Ihnen mit Ihren Studien ist.«
    Der Orientalist erhob sich. »Meine Herren, es war sehr liebenswürdig, daß Sie mich sogleich nach Ihrer Ankuft beehrt haben, aber jetzt muß ich wieder ans Werk, und zuvor habe ich mit Monsieur Langlès noch etwas zu bereden.«
    Die Brüder sprangen auf, und Jacques-Joseph, auf dessen Gesicht sich eine leichte Blässe ausbreitete, denn er empfand den Abbruch des Gesprächs als Hinauswurf, beeilte sich zu versichern, daß man sowieso vorgehabt hätte, den Herrn Professor nicht länger von der Arbeit abzuhalten.
    »Mein Lieber, das ging gründlich daneben«, stieß der Ältere hervor, als sie wieder auf der Straße standen und den Rückweg in die Rue de l’Echelle St. Honoré einschlugen, während allerlei Fuhrwerke an ihnen vorüberlärmten. »Warum mußtest du auch Streit anfangen? Mit Langlès hast du dir vermutlich einen Feind geschaffen, und auch Sacy war nicht sonderlich erbaut. Er hat uns regelrecht hinauskomplimentiert!«
    »Soll ich denn jeden Unsinn tolerieren, der über Ägypten geredet wird?« verteidigte sich Jean-François.
    »Du mußt lernen, diplomatischer zu sein. Sie halten dich jetzt für einen Aufschneider, und sie werden versuchen, dich zu ducken.«
    »Pah, dieser Langlès ist doch nur eifersüchtig, weil sich niemand für seine asiatischen Barbaren interessiert …«
    »Begreifst du nicht, daß es anmaßend und töricht ist, wenn ein knapp Siebzehnjähriger zwei führende Köpfe der französischen Wissenschaft beleidigt?«
    »Ich habe niemanden beleidigt; sie haben Ägypten beleidigt. Koptisch eine griechisch-arabische Mischsprache, die Isis von Saïs eine Obskurantin, die Hieroglyphen eine kindische Bilderschrift und auf ewig unlesbar – soll ich dergleichen Schwachheiten ruhig über mich ergehen lassen? Führende Köpfe, na wennschon! Ich pfeife auf führende Köpfe, die anderen verbieten wollen, sich Problemen zu widmen, an denen sie selbst gescheitert sind!«
    Jacques-Joseph blieb stehen und funkelte den Bruder böse an. »Jetzt höre mir mal aufmerksam zu, du Tollkopf«, fauchte er. »Diese Männer haben schon etwas geleistet, im Gegensatz zu dir, der du ein ein Niemand bist in dieser Stadt und erst etwas werden willst. Du brauchst sie, nicht umgekehrt, und wenn du nicht bescheiden bist, zehnmal bescheiden, auch wenn sie

Weitere Kostenlose Bücher