Der Rausch einer Nacht
fassungslos starrte er in die Züge seiner Frau. »Nein, sie sitzt am Steuer«, antwortete er und rannte schon die Verandastufen hinunter, dicht gefolgt von Cal.
Diana war so froh, Cole wiederzusehen, daß sie die Pedale verwechselte und statt auf die Bremse aufs Gas trat.
»Achtung!« schrie ihr Mann, brachte sich mit einem kühnen Hechtsprung in Sicherheit und riß den Onkel mit sich. Der Pick-up verfehlte sie um wenige Zentimeter, rollte noch ein Stück, spuckte und schwieg.
Die junge Frau legte die Stirn aufs Lenkrad und zitterte vor Schreck, weil sie beinahe die beiden Männer überfahren hätte. Cole war schon auf dem Weg zur Fahrertür, um ihr herauszuhelfen. Als er die Klinke hinunterdrücken wollte, löste sie sich vom Rest des Wagens. Er griff durch das offene Fenster, um die Tür von innen zu öffnen. »Wem gehört denn dieser Haufen Schrott, diese Mistkarre?«
Cole bekam die Tür auf und hielt ihr seine Hand entgegen. Ganz Dame, die sie nun einmal war, hob sie elegant ihr Hinterteil von den beiden vinylbedeckten Stangen, zwischen denen sich nun ein gähnender Riß befand, und ließ sich hinaushelfen.
Draußen nahm sie sich einen Moment Zeit, um Schmutz von ihrer Kleidung zu klopfen, lächelte Onkel Cal an, der neben ihrem Mann stand, und antwortete an diesen gewandt: »Diese Mistkarre gehört uns.«
Cal brüllte vor Lachen.
»Das ist mein Heim«, erklärte der Onkel, führte sie ins Haus und bestand darauf, daß sie sich auf seinen Sessel setzte, weil der der bequemste sei. Dann verschwand er sofort in der Küche, um ihr ein Glas Limonade zu besorgen. Überall standen oder lagen Bücher und Zeitschriften aus den verschiedensten Fachbereichen herum, und auf dem Couchtisch prangte deutlich sichtbar die neueste Ausgabe von Foster's Beautiful Living.
Diana konnte kaum glauben, daß dieser zuvorkommende und wirklich liebenswerte ältere Herr, der sie die ganze Zeit über anstrahlte, als sei mit ihr die Sonne in sein Leben getreten, derselbe sein sollte, der seinen Neffen zu dieser Ehe erpreßt haben sollte - wenn auch >nur zu seinem Besten.
»Wir bleiben hier nur kurz, um uns zu erfrischen«, versicherte Cal ihr, als er mit der Limonade zurückgekehrt war. Er baute sich vor ihr auf, als befürchte er, sie brauche Hilfe beim Trinken. Dann schien er überzeugt zu sein, daß sie das auch alleine konnte, setzte sich zu Cole auf die Couch und teilte ihr das weitere Tagesprogramm mit. »Gleich fahren wir hinüber zum anderen Haus. Dort essen wir zu Abend, und danach bleibst du mit Cole dort, während ich hierher zurückkehre.«
Diana hatte ihn auf der Stelle liebgewonnen. »Ach, und ich dachte, wir würden bei dir bleiben«, entgegnete sie und warf Cole einen fragenden Blick zu, »damit wir einander besser kennenlernen können.«
»Das andere Haus befindet sich hier auf der Ranch«, versicherte er ihr und strahlte, weil er sie offensichtlich interessierte.
Nach ein paar Minuten führte er sie durch sein Haus und erklärte dann, es sei Zeit, aufzubrechen.
Das erste Haus stand mitten auf einer weiten Lichtung und war eher zweckmäßig als formschön. Doch das >andere< Haus, das ein Stück die Straße hinunter und hinter einer weiten Kurve lag, wirkte durchaus schmuck und wohnlich. »Wie schön!« rief Diana, als sie aus Coles Kombiwagen stieg.
Das Anwesen erhob sich auf einem bewaldeten Hügel, der über einem flachen Tal aufragte, und war aus Stein und Zedernholz gebaut. An drei Seiten zog sich eine Veranda entlang, deren Unterseite von starken Balken getragen wurde. Das Innere war rustikal eingerichtet. Die eine Wand wurde von einem gewaltigen offenen Kamin eingenommen, und die ihr gegenüberliegende wies Schiebetüren auf, durch die man auf die Veranda hinausgelangte. Zwei große Räume gingen vom Wohnzimmer aus, und von der Küche hatte man einen weiten Ausblick über das Hügelland.
»Das ist Letty«, stellte Cole die Haushälterin vor, eine pummelige Frau, die sich das Haar zu einem Knoten zusammengebunden hatte, und zog sie aus der Küche ins Wohnzimmer. Die ältere Frau schien sich fast ebenso wie der Onkel über das neue Familienmitglied zu freuen.
»Abendessen gibt's um sechs«, sagte Letty und verschwand schon wieder in Richtung Küche. »Ist aber nichts Besonderes. Und sicher nicht so toll, wie man es auf den Bildern in Ihrem Magazin sehen kann.«
»Ich selbst bin keine gute Köchin«, gestand Diana.
»Gut«, sagte die Haushälterin nur, zwinkerte ihr aber zu.
Die junge Frau sah sich um
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