Der Rebell - Schattengrenzen #2
musterte ihn eingehend. Den Anblick würde er sicher so schnell nicht noch einmal bekommen. Schlank, sehnig, sonnenverbrannt, tätowiert. Härchen kräuselten sich aus dem Bund der Hose bis zu Daniels Bauchnabel …
Camillas Hieb tat nicht weh, aber zumindest holte sie ihn unsanft auf den Boden zurück. Oliver blinzelte und starrte auf Daniels nackte Füße.
»Du siehst ziemlich fertig aus.«
»Das siehst du, wenn du meinen Bauch betrachtest?«
Daniel feixte. Mit untergeschlagenen Beinen setzte er sich neben Oliver und strich ihm über die Wange.
Die Berührung kratzte leicht dank der verhornten Fingerknöchel. Trotzdem tat sie gut. Andererseits fühlte es sich ganz und gar unschön an, ertappt zu werden.
Oliver blinzelte. Dieses Mal bemühte er sich, in Daniels Gesicht zu sehen. Tatsächlich wirkte er abgespannt und blass. Schatten lagen unter seinen Augen, während die Lider entzündet zu sein schienen. Seine Mundwinkel zuckten leicht, beinahe nervös. Er konnte sein Lächeln nicht länger aufrechterhalten. Erschöpft sank er in sich zusammen. Sacht tastete Oliver nach seinem Nacken und begann ihn zu massieren. Wenn Daniel das nicht wollte, würde er sich schon zurückziehen. Wohlig neigte Daniel sich ihm entgegen. »Mach weiter«, flüsterte er mit halb gesenkten Lidern.
Oliver folgte der Aufforderung.
»Was habt ihr noch gefunden?«
»Unmassen von Büchern, Alben, handschriftliche Notizen und Briefe.« Daniel stöhnte bei der Erinnerung. »Das wird anstrengend, glaubt mir.«
Camilla räusperte sich.
»Wenn wir können, helfen wir mit.«
»Was heißt wir?«, fragte Daniel.
»Micha, Chris, Camilla und ich.«
»Wenn wir Camilla mit einspannen, gibt es Ärger mit all meinen Vorgesetzten, Olli. Du darfst nicht vergessen, dass ich damit lockerer umgehe, als ich sollte. Letztlich bin ich in der Polizeihierarchie ohnehin das allerunterste Mitglied, einfach nur ein simpler Kriminalkommissar, nichts weiter.«
Wo war der forsche Daniel, der immer tat, was ihm in denn Sinn kam?
»Hat Matthias dich unter Druck gesetzt oder habt ihr zwei den Körper getauscht?«
»Ich bin vorhin von Irene Meinhard ziemlich zur Sau gemacht worden. Sie hat mir gedroht, mich abzuziehen und zu suspendieren.«
Camilla umarmte Micha fester.
»Deine Akte dürfte voll sein mit Vermerken zu deinem Ungehorsam«, vermutete Oliver.
»Wie kommst du nur darauf?« Er wirkte verdrossen. »Genau genommen haben Matthias und ich beide eine Breitseite kassiert.«
»Tut mir leid.«
»Dafür kannst du nichts, Olli. Das ist allein Matthias’ und meine Entscheidung gewesen.«
»Ist Matthias auch wieder da?«
»Unten im Salon. Er sitzt schon über einigen Sachen.«
Camilla hob den Kopf. Ihre Augen leuchteten. »Wo du gerade Matthias erwähnst, meinst du, ich kann meinen Rechner mal schnell holen und Olli diese seltsame Mail von ihm zeigen?«
Daniel schüttelte den Kopf. »Nicht deinen Rechner, meinen kannst du nehmen. Holst du ihn gerade?«
Camilla verzog die Lippen. »Faule Socke.«
Hallo Camilla,
ich brauche deine Hilfe. Kennst du den Geschäftsmann Thomas Hoffmann? Wahrscheinlich nicht, oder? Ich würde dich bitten, dass du dich mit ihm oder zumindest mit seinem ältesten Sohn in Verbindung setzt. Es ist wahnsinnig wichtig. Du kannst damit vielleicht eine Katastrophe verhindern und Leben retten … vielleicht sogar meins.
Sag ihnen, dass am kommenden Wochenende etwas passieren
wird, was unabsehbare Folgen hat. Bitte frag nicht, warum, ich werde es dir nicht erklären können, aber es geht um das Leben einer ganzen Familie.
Vielen Dank
Matthias
PS: Camilla, wenn du dachtest, Ancienne Colognes Auswirkungen auf uns alle wären groß gewesen, irrst du dich. Das, woran ich jetzt bin, betrifft auch dich, wenn auch nur am Rande. Bitte hilf mir, bevor ich einen unverzeihlichen Fehler begehe.
Matthias’ Mail klang panischer, als er es sich vorgestellt hatte. Vordergründig drückten die Zeilen seine Angst aus. Aber darin lagen einige Informationen verborgen. Er wusste von dem, was passieren sollte. Deswegen bat er um Camillas Hilfe. Am Rande klang durch, dass er nicht ganz unschuldig an der Entwicklung war, sie aufhalten wollte, ohne selbst ins Schussfeld zu geraten. Das konnte bedeuten, dass er entweder fürchtete, aufzufliegen oder selbst in die Schusslinie zu geraten.
Wer bedrängte ihn? Amman Aboutreika vielleicht?
Die Vorstellung klang selbst jetzt noch abwegig. Immerhin war er nichts weiter als ein mehr
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