Der Report der Magd
wette, die läßt sie ordentlich rummachen an ihrer vertrockneten haarigen alten verblühten –«
Moira! sage ich.
Moira was? flüstert sie. Du weißt, daß du das auch schon gedacht hast.
Es hilft nichts, so zu reden, sage ich und spüre trotzdem den Impuls zu kichern. Aber damals sagte ich mir immer noch, daß wir versuchen sollten, so etwas wie Würde zu bewahren.
Du warst schon immer so ein Waschlappen, sagt Moira, aber sie sagt es in liebevollem Ton. Dabei tut es so gut. Wirklich.
Und sie hat recht, das weiß ich jetzt, während ich auf diesem unleugbar harten Boden knie und zuhöre, wie die Zeremonie weiter dahinsummt. Es hat etwas Machtvolles, das Flüstern von Obszönitäten über diejenigen, die an der Macht sind. Es hat etwas Genußvolles, etwas Freches, Heimlichtuerisches, Verbotenes. Aufregendes. Es ist wie ein Zauberspruch. Es läßt die Luft aus ihnen heraus, es reduziert sie zu dem gemeinsamen Nenner, auf dem man mit ihnen fertig werden kann. In die Ölfarbe der Toilettenkabine hatte jemand gekratzt: Tante Lydia lutscht. Es war wie eine Fahne, die rebellisch auf einer Bergspitze geschwenkt wird. Die bloße Vorstellung, daß Tante Lydia so etwas tat, hatte schon etwas Aufmunterndes.
Deshalb stelle ich mir jetzt zwischen diesen Engeln und ihren blutleeren weißen Bräuten ein sekundenlanges Grunzen und Schwitzen vor, feuchte pelzige Begegnungen. Oder, besser noch, schmähliches Scheitern, Schwänze wie drei Wochen alte Karotten, gequältes Gefummel an Fleisch, das kalt und leblos ist wie ungekochter Fisch.
Als es endlich vorüber ist und wir hinausgehen, sagt Desglen in ihrem hohen, durchdringenden Flüsterton zu mir: »Wir wissen, daß du dich allein mit ihm triffst.«
»Mit wem?« sage ich und widerstehe dem Drang, sie anzusehen. Ich weiß mit wem.
»Mit deinem Kommandanten«, sagt sie. »Wir wissen, daß du bei ihm gewesen bist.«
Ich frage sie, woher.
»Wir wissen es eben«, sagt sie. »Was will er? Perversen Sex?«
Es wäre schwer, ihr zu erklären, was er wirklich will, denn ich habe immer noch keinen Namen dafür. Wie kann ich beschreiben, was wirklich zwischen uns vorgeht? Sie würde bestimmt lachen. Es ist leichter für mich zu sagen: »So eine Art.« Das hat zumindest die Würde einer Nötigung.
Sie denkt darüber nach. »Du wärst überrascht«, sagt sie, »wie viele von ihnen das tun.«
»Ich kann nichts machen«, sage ich. »Ich kann nicht sagen, daß ich nicht zu ihm kommen will.« Das müßte sie eigentlich wissen.
Wir gehen jetzt auf dem Bürgersteig, und es ist nicht ungefährlich, hier zu reden, wir sind zu dicht bei den anderen, und das schützende Flüstern der Menschenmenge umgibt uns nicht mehr. Wir gehen schweigend weiter, bleiben etwas zurück, bis sie schließlich den Eindruck hat, daß sie sagen kann: »Natürlich nicht. Aber frag ihn, und erzähl es uns dann.«
»Was soll ich ihn fragen?« sage ich.
Ich spüre ihre leichte Kopfwendung mehr, als daß ich sie sehe. »Alles, was du kannst.«
Kapitel fünfunddreißig
Jetzt muß ein Raum ausgefüllt werden in der zu warmen Luft meines Zimmers, und auch eine bestimmte Zeit: ein Zeit-Raum zwischen hier und jetzt und dort und dann, unterbrochen durch das Abendessen. Der Ankunft des Tabletts, die Treppe hinaufgetragen wie für einen Invaliden – eine Behinderte, einen Menschen ohne gültigen Paß und ohne Ausweg.
Und das geschah an dem Tag, an dem wir versuchten, die Grenze zu überqueren, mit unseren neuen Pässen, die behaupteten, wir seien, wer wir gar nicht waren, zum Beispiel, daß Luke niemals geschieden worden war, und daß wir deshalb rechtmäßig zusammen seien, rechtmäßig nach dem neuen Gesetz.
Der Mann ging mit unseren Pässen hinein, nachdem wir erklärt hatten, daß wir picknicken wollten, und nachdem er ins Auto geschaut und unsere Tochter schlafend inmitten ihres Zoos räudiger Tiere gesehen hatte. Luke streichelte meinen Arm und stieg aus, wie um sich die Beine zu vertreten und beobachtete den Mann durch das Fenster des Einreisebüros. Ich blieb im Auto. Ich zündete mir eine Zigarette an, um ruhiger zu werden, und inhalierte den Rauch, einen langen Atemzug gefälschter Entspannung. Ich beobachtete die beiden Soldaten in den unvertrauten Uniformen, die uns inzwischen schon vertraut zu werden begannen: sie standen müßig an der gelb und schwarz gestreiften Schranke. Sie hatten nicht viel zu tun. Einer von ihnen beobachtete eine Schar Vögel, Möwen, die aufflogen, durcheinanderflatterten
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