Der Ring
bringen?
Diese Träume, die Jeff von ihr gehabt hatte, und die durch Wahr-Wahr ans Licht gebracht worden waren – die hatten sie erregt. Wenn er das nur gewußt hätte. Er hatte sich an ein einziges kleines Erlebnis mit ihr erinnert, in einem Schrank, mit acht Jahren. Sie konnte sich daran überhaupt nicht erinnern – es war wegen so vieler ähnlicher Ereignisse mit so vielen anderen Kindern untergegangen. Sogar damals hatte sie schon mit einem Jungen tun wollen, was sie diese Sekretärin mit ihrem Vater hatte tun sehen. Aber irgendwie hatte das mit kleinen Jungen nicht funktioniert.
Später hatte sie den Unterschied zwischen kleinen Jungen und großen Jungen entdeckt, aber zu der Zeit hatte sie es auch gelernt, vorsichtig zu sein. Stellvertretend hatte sie ausprobiert, was für Personen jeden Alters und jeder gesellschaftlichen Stufe in den Filialen der Lust-A.G. zu haben war – wenn diese Personen das Geld hatten und das Bedürfnis spürten.
Hinter einem Wandschirm hervor hatte sie Handlungen beobachtet, die selbst in den liberalisierten Fernsehsendungen jener Tage nicht vorkamen. Sie war so nah gewesen, daß sie die Partner dabei hätte anfassen können. Das Sinnliche, das Krankhafte faszinierte sie.
Wieviel hatte ihr Vater gewußt? „Wahr-Wahr, wo ist dein Stachel?“ erkundigte sie sich bei ihrem Spiegelbild. Ihr Vater zitierte stets Tennyson, wenn er sich aufregte. Sie mußte sich mal einen eigenen Poeten aussuchen, den sie zitieren konnte. Keinen Mann, keinen Engländer. Nicht, daß es wichtig gewesen wäre. Aber vielleicht eine Zeitgenossin Tennysons. Vielleicht genügte Emily Dickenson. War das nicht die, die eine Fliege summen gehört hatte, als sie gestorben war?
Ihr Telefon blinkte.
Pamela blickte mit schrägem Blick zu dem Bildschirm. Im Augenblick hatte sie Angst, sich zu melden. Konnte das ihr Vater sein, der sie anrief, um ihr mitzuteilen, daß er anderen Sinnes geworden sei und sie doch beringen lassen wolle? Oder schlimmer, hatte ihn der letzte Anfall getroffen, und dies war sein MechMed, der sie rief, um …
Sie beschloß, sich nicht zu melden. Aber schon streckte sie die Hand nach dem Knopf aus, unfähig, sich etwas zu versagen; und wäre es auch nur eine unangenehme Nachricht gewesen. Sie mußte wissen, was da los war!
„Hier spricht Emily Dickenson“, sagte sie.
Das Gesicht einer Frau formte sich auf dem Bildschirm. „Ich muß die falsche Nummer … oh, Sie sind’s, Miss McKissic.
Mein Name ist Alice Lang. Ich versuche, Mister McKissic zu erreichen, und sein Büro hat mich hierher verwiesen …“
Die Ring-Frau! Was wollte die denn? Hatte ihr Vater etwa beschlossen, diesem schnippischen Rat von ihr zu folgen und sie als Geliebte zu sich zu nehmen? Pamelas Gesicht rötete sich augenblicklich vor rechtschaffenem Ärger. „Ich richte ihm schon aus, was Sie wollen“, schnappte sie.
Die Frau schien sich nicht schlüssig zu sein. „Es ist eine geschäftliche Angelegenheit, Miss McKissic.“
„Ich richte es ihm aus!“
„Ja, Miss McKissic. Ein Beschäftigter hat einen … einen Unfall gehabt, und ich dachte, Mr. McKissic müßte es erfahren. Der Wagen wurde in …“
„Oh.“ Pamela war gegen jede Vernunft enttäuscht. Das war ja nur ein Routinebericht. Irgend so ein Beringter hatte sich aus eigener Dummheit ums Leben gebracht, und ihr Vater mußte nun wieder Unfallkosten und Begräbnis übernehmen. „Wie ist sein Name? Oder ihr Name?“
Noch ein Zögern. „Geoffrey Font junior.“
„Na gut. Ich werde es …“ Pamela hielt inne, als der Name ihr Bewußtsein erreichte. „Jeff Font?“
„Ja. Ich fahre jetzt nach Gunnardorf, um …“
Pamela unterbrach die Verbindung. Jeff – Jeff Font war es! Der Beringte, den wiederzusehen ihr verboten worden war. Und jetzt war er tot.
Jeff hatte ihr nicht besonders viel bedeutet. Sie hätte von ihm nie Notiz genommen, wäre nicht diese Sache mit seinem betrügerischen Vater gewesen. Außer, daß es sich jetzt herausstellte: Ihr eigener Vater hatte den Mann aufs Kreuz gelegt. Und natürlich die Entführung … Wenn sie das im voraus gewußt hätte, dann hätte sie vielleicht darauf bestanden, in ihrem Schlafzimmer zu bleiben. Ein fabelhaftes Abenteuer! So aber war Jeff die Affäre eines Augenblicks geworden; ein Jucken, das gekratzt werden wollte, ein Mannskerl, den es eine Weile mitzulocken gegolten hatte.
Doch dann hatte ihr Vater ihr verboten, Jeff wiederzusehen, als wäre sie nicht einmal mehr die richtige Gesellschaft für
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