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Der rote Salon

Der rote Salon

Titel: Der rote Salon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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neues Amt als Gouvernante der Kronprinzessin betrifft: Müssen wir jetzt eine eigene Kutsche anschaffen? Dienerschaft?«
    »Eine Kutsche würde einer Marquise keineswegs übel anstehen, findest du nicht?«
    Er lächelte, und wir küssten einander. Ich sinnierte:
    »Sie wird es schwer haben. Aber sie scheint mir natürlich und naiv genug zu sein, alle Intrigen und Zumutungen unbeschadet zu durchleben. Ich bin gespannt, wie sie mit dem galanten ... Problem ... umgehen wird.«
    »Höchst interessante Frage, in der Tat!« Er überlegte einen Moment, um hinzuzufügen, mit hörbarer Furcht in der Stimme:
    »Du verlangst sicher nicht von mir, Liebes, dass ich am Gedenktag des heiligen Papstes Silvester, will sagen: am Altjahrsabend, mit von der Part...«
    »Doch, furchtlosester Gatte! Du
musst
mit von der Partie sein. Allein würde ich sterben! Hast Du nicht eben selbst gesagt, dass du mich beschützen willst auf all meinen Wegen?«
    Der Berg an Reparaturen war längst nicht gelichtet, und die Neubestellungen machten uns schwindeln. Ich hatte keine Vorstellung davon, was sich dort im Salon abspielen würde, doch eines war klar: Ich musste dem Palais vor Silvester noch einen Besuch abstatten.
    Als ich zum alten Amalienhaus kam, glaubte ich erst, in die Irre gelaufen zu sein: Hundert Arbeiter mögen es mindestens gewesen sein, die in der klaren, kalten Winterluft umhersprangen.
    Das morsche Gebälk war ausgewechselt. Latten wurden aufgenagelt, Pakete roter Schindeln an Seilwinden hochgezogen. Sobald man näher kam, verschwand der flache Schindelrücken hinter der erneuerten Balustrade. Sogar die Prunkvasen darauf waren nicht vergessen worden. In fieberhafter Eile ließen Gerüstbauer ihre Stelzenkonstruktion um den Kasten wandern, während Weißbinder singend und pfeifend einen gelblich eingefärbten Putz aufklatschten.
    In hohem Bogen flogen alte Schindeln auf einen Karren mit Scherben. Morsche Balken wurden zerkleinert und als Brennholz gebündelt ins Haus getragen, die Wege von gefrorenem Unkraut befreit und mit frischem Kies bestreut. Ein Baldachin beschirmte den Übergang von Kutschen zum Portal. Künstliche Büsche standen zu beiden Seiden der Zufahrt: gebündelte Fichtenzweige, an Latten befestigt, die in Sandkübeln steckten.
    Die aufgeregte Hausherrin war mit Thea und Lore, den Hausmädchen, dabei, den Treppenaufgang zu reinigen, über den ein frischer roter Läufer herabsprudelte wie ein breiter Bach von Blut.
    »Hören und sehen Sie die großen Neuigkeiten!«, rief mir Beatrice de Grève entgegen, als sie mich kommen sah. »Der König lässt mein Haus erneuern, denn er wird höchstpersönlichzum Konzert erscheinen! Welch ein generöser Zug von ihm – finden Sie nicht, Marquise?«
    In der Tat, ich konnte es nicht leugnen. So machte man sich bei den Émigrés beliebt.
    »In nur fünf Tagen! Es ist wie im Zauberland. Da kommen schon unsere Sitzgelegenheiten!«
    Zwei große Fuhrwerke voller Samtpolsterstühle rollten rasselnd und holpernd über die Wilhelmstraßenzufahrt. Material aus dem Alabastersaal.
    »Beim höchsten Wesen! Da wird wohl der ganze Ministerrat erwartet?«
    »Alle werden sie da sein, alle! Der König und die Rietz, der Kronprinz und die Kronprinzessin, ihre Schwester und Prinz Louis, der Außenminister Bischoffwerder, der Justizminister Wöllner ... und vor allem ...«
    »Der Prinz von Preußen!«, ergänzte ich.
    »Woher wissen Sie denn das nun schon wieder?«
    Brühwarm berichtete ich ihr beim Tee von meinem Gespräch mit der Kronprinzessin, wobei Louis Ferdinand natürlich nur am Rande Erwähnung fand. Dass Kronprinz und Kronprinzessin dem Verwandten beim Konzert zuhören würden, sprach allen Mutmaßungen tiefer Zerrüttung in der Königsfamilie Hohn.
    »Werden Sie zusammen üben?«, fragte ich.
    »Er war gestern schon hier, und wir spielten zur Probe. Ein junger Gott! Der König hat einen englischen Flügel geschickt: von Skully & Sons. Und Feliciens Konzert für Hammerklavier und Harfe ist traumhaft! Damit werden wir die Geister besänftigen!«
    Felicien? Ein Komponist, den ich nicht kannte. Eigentlich hatte ich gedacht, dass de Pauls Konzert aufgeführt würde.
    »Ich dachte, de Pauls Kon...«
    »Oh ... Felicien ist de Pauls zweiter Vorname. Unter Künstlern nennt man sich beim Vornamen ... Ich habe einen Freund in ihm gefunden.«
    Sie war leicht errötet. Sie hatte ihn einmal fast niedergeschossen!
    »Er ist heute beim König und setzt große Hoffnung auf dessen Musikliebe. Aber auch Mozart

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