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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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erwiderte Ethan einigermaßen scharf. Er konnte nicht nachvollziehen, wieso Damian sich überhaupt mit diesem Mädchen immer wieder herumärgerte. Obwohl Patricia etwas darüber angedeutet hatte, dass im Hintergrund anscheinend irgendwelche Fäden liefen, hätte sich zumindest Ethan so etwas auf Dauer niemals bieten lassen.
    Damian wechselte einen Blick mit Silas, der schweigend dabeistand und an seiner Pfeife paffte. Auch Silas sah müde aus, stellte Ethan erschrocken fest.
    Silas räusperte sich nun, nahm die Pfeife aus dem Mund und legte Ethan seine Hand auf die Schulter. Er wirkte ungewohnt traurig.
    »Lass gut sein, Junge. Du hast natürlich recht. Aber es ging nicht anders.« Er schüttelte den Kopf und wandte sich schwerfällig ab.
    Ethan starrte dem alten Mann hinterher. Was wollte er damit sagen?
    »Dallis . . .?«, kam es nun leise von Patricia und Ethan fiel wieder ein, was sie eigentlich wissen wollten.
    »Wo ist die Stute jetzt?«, fragte er Damian, der eine Zigarette aus seiner Jackentasche gekramt hatte und sie nun ansteckte. Ethan wusste, dass Damian rauchte, doch vermied er stets, es in Gegenwart der Reitschüler zu tun. Dass er jetzt von seinem Vorsatz abwich, bewies, wie sehr ihm das Ganze an die Nieren ging.
    »Im Stall«, sagte Damian und blies eine Rauchwolke in die Luft. »Sie kam erst eine ganze Weile nach Emily zurück und war völlig fertig. Sie muss galoppiert sein wie der Teufel, ein echtes Wunder, dass sie nicht gestürzt ist und sich was gebrochen hat. Der Zügel ist zumindest zerrissen. Dallis ist beim Durchgehen wahrscheinlich draufgetreten.«
    »Mein Gott!« Patricia verbarg ihr Gesicht mit den Händen.
    »Verletzt ist sie nicht?«, fragte Ethan.
    »Nun ja, ein paar Abschürfungen, soweit ich das auf die Schnelle sehen konnte. Aber wohl nichts Ernstes. Allerdings war sie völlig verängstigt, als sie hier eintraf. Ich hab sie deshalb in den Stall gestellt – da ist sie für sich und kommt wieder ein bisschen zur Ruhe.«
    Damian zog an seiner Zigarette und schaute dann Patricia an. »Es tut mir so leid«, sagte er leise. Patricia antwortete nicht. Sie drehte sich um und ging davon.

22.
    »Ganz schön finster hier«, meinte Ethan und schaute sich misstrauisch um. »Gibt’s hier kein Licht?« Obwohl er sich schon häufig auf dem Hof aufgehalten hatte, war er bisher noch nie im Stall gewesen, fiel ihm jetzt auf.
    Patricia schien nicht gehört zu haben, was er sagte, sie war schon in Richtung der Boxen verschwunden.
    Ethan tastete die Wand ab und fand schließlich den Lichtschalter. Die trübe Beleuchtung, die von einer einzelnen Glühbirne ausging, durfte man zwar nicht wirklich als hell bezeichnen, aber wenigstens konnte er nun erkennen, wo er hintrat.
    Dallis stand in der letzten Box und Ethans Magen krampfte sich vor Mitleid zusammen, als er sie erblickte. Kein Wunder, dass Mr MacLean sie für gefährlich hielt, angesichts des Zustandes, in dem sie sich befand. Er spürt ein unbändiges Verlangen, Emily zu schütteln, bis ihr schwarz vor Augen wurde.
    Patricia sagte nichts, doch ihre Hände zitterten, als sie versuchte, den Riegel der Boxentür zurückzuschieben.
    Ethan griff zu und half ihr, doch als Patricia hineinwollte, hielt er sie zurück.
    »Vorsicht!« Er sprach leise, um die Stute, die sich angesichts der Besucher verängstigt in die hinterste Ecke der Box zurückgezogen hatte, nicht noch mehr zu erschrecken. »Pass lieber auf, wenn du dich ihr näherst, möglicherweise flippt sie wieder aus. Sie ist immer noch panisch, da darfst du dich nicht drauf verlassen, dass sie dich erkennt.«
    Er befürchtete, Patricia würde sich in ihrer Sorge um das Pony nicht um seine Warnung kümmern, doch zu seiner Überraschung überlegte sie kurz und nickte.
    Sie blieb also in der offenen Boxentür stehen und begann, leise und beruhigend auf Dallis einzusprechen.
    Dallis atmete schwer. Sie hatte die Ohren flach angelegt und die Augen so weit aufgerissen, dass man das Weiße sehen konnte. Wenn Ethan nicht von Patricia gewusst hätte, dass die Stute eigentlich grau war, hätte er nicht sicher sagen können, welche Farbe sie hatte. Das Fell war dunkel vor Schweiß, stand in nassen Zotteln ab und auf Dallis’ linker Flanke konnte Ethan mehrere lange Kratzer erkennen.
    Wenigstens ist sie hier im Stall vor dem kalten Wind geschützt, dachte Ethan. Trotzdem wäre es dringend nötig, sie abzutrocknen.
    Patricia fuhr fort, mit leisen Koselauten auf sie einzureden, und erreichte damit tatsächlich,

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