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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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sich nun in Bewegung setzte.

Kapitel 23
    J ohn konnte die Dämmerung nicht länger ignorieren, als sie durch das Dorf Bagnolet ritten. Es musste fast neun Uhr sein. Die Wolken waren überzogen von jener geschmolzenen lavaroten Farbe, die unglaubwürdig war, wenn man sie in einem Bild sah. Seine Lippen waren zu einem grimmigen dünnen Strich zusammengepresst. Sie hatten zwei Mal die Pferde gewechselt, aber dennoch waren die Tiere schon wieder von Schaum bedeckt. Sie waren seit Meaux galoppiert, bis die vielen Dörfer sie gezwungen hatten, langsamer zu reiten. Jetzt lagen die Ausläufer von Paris vor ihnen. Der Turm von Notre-Dame war eine schwarze Silhouette gegen die rosa- und orangefarbenen Wolkenstreifen, die den Himmel an manchen Stellen grün aussehen ließen.
    Er betete zu Gott, dass die Exekution erst um Mitternacht stattfinden sollte.
    John war sich durchaus darüber im Klaren, dass er wahrscheinlich an der Wiedervereinigung zweier Liebender beteiligt war. Er wusste, dass Beatrix Sincai noch immer etwas bedeutete. Das byzantinische Porträt war ein sicherer Beweis dafür, sicherer noch als die Tatsache, dass er in ihrem Haus lebte. John war sich ziemlich sicher, dass Beatrix Sincai noch immer liebte. Gewiss, der Mann hatte sie verletzt. Also hatte sie auch ihn verletzt. Das Gerede von einem Experiment hatte sie blind gemacht für seine wahren Gefühle für sie. Aber sie waren füreinander gemacht, seit siebenhundert Jahren.
    Er würde dem Schicksal zugestehen, dass Sincai und Beatrix füreinander geschaffen waren. Aber Beatrix’ Tod gestand er dem Schicksal nicht zu. Wenn sie frei war, dann würde er sich zurückziehen, und sie würde ihre Gefühle für Sincai neu entdecken, die sie all diese Jahre verleugnet hatte. Und er, John, würde seinen Weg allein gehen, es sei denn, Sincai tötete ihn. In diesem Moment zählte das nicht. Alles schien so klar, so unausweichlich.
    John hatte versucht, seine Kraft für die letzte Stunde aufzusparen. Er dankte Gott für Sincais Blut, ohne das er es niemals geschafft hätte. Die Sonne war erbarmungslos gewesen. Obwohl er beim Pferdewechsel in Château Thierry den Kopf in einem Wassertrog gekühlt hatte, fühlte er sich jetzt bis auf die Knochen ausgelaugt. Sincai und Khalenberg wirkten nimmermüde. Eine Reihe später Arbeiter auf dem Heimweg bevölkerte den Zugang zum Pont de Bagnolet. Einer der Arbeiter wandte sich um und redete mit seinem Nachbarn. John war unaufmerksam, und die Hacke des Arbeiters streifte Johns Pferd an der Schulter. Es wieherte schrill und wich zur Seite aus.
    »Kommen Sie weiter«, rief Sincai ihm über die Schulter zu. Er und Khalenberg preschten über die Brücke.
    John richtete sich im Sattel auf und trieb sein Pferd voran. Das Tier sprang mit einem Satz auf die steinerne Brücke. Es hatte noch Kraft. Das Problem war John. Er musste dabei sein, wenn sie zu Beatrix kamen. Sincai und Khalenberg waren so erpicht darauf, die geschaffenen Vampire zu töten, dass sie vielleicht die Chance verpassten, Beatrix zu retten. Die beiden mochten alt sein, aber er hatte sein Leben damit verbracht, im Verborgenen zu agieren. Er schluckte und traf eine Entscheidung. Gefährte, gib mir genügend Kraft, das zu tun, was getan werden muss , dachte er. Augenblicklich strömte eine Welle der Kraft durch seine Adern. Die Umrisse der kleinen gepflegten Häuser von Bagnolet entlang der Straße wurden klarer. Er konnte das Grün und die Fäulnis des großen Friedhofs Père Lachaise zu seiner Rechten riechen, seinen eigenen Schweiß, das Leder des Sattels, den warmen animalischen Geruch des Pferdes. Essen wurden in den Häusern um ihn herum gekocht. Zwiebeln und Knoblauch in Butter. Er atmete tief ein und fühlte die Kraft in seinen schmerzenden Körper zurückkehren. Dann verschwand auch der Schmerz. Danke , seufzte er innerlich. Danke für dein Geschenk.
    Im Galopp ritten sie auf der Rue de Bagnolet durch die Randbezirke von Paris. Die verdammten Karren und Wagen, die ihnen das Durchkommen schwer gemacht hatten, wichen immer mehr Kutschen. Es waren zu viele Menschen auf den Straßen für diese Stunde. Alle waren in Eile, ins Zentrum der Stadt zu gelangen, zu Fuß, auf Karren und in Kutschen.
    Sincai zügelte sein Pferd und hielt an. Khalenberg blickte über die Schulter und kehrte um, als er sah, dass Sincai nicht mehr folgte.
    »Was denken Sie, Langley?« Falls Khalenberg überrascht war, dass Sincai das weitere Vorgehen in Johns Ermessen stellte, ließ er es sich nicht

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