Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
Vom Netzwerk:
tatsächlich war oder nicht. »Aber wie ich höre, sind Sie weit davon entfernt, arm zu sein, Monsieur Presset.«
    Er neigte zustimmend den Kopf. Barlow hatte diese Tarnung gut ausgesucht. John sollte als Patriot gelten, als extrem reich und kleinen Jungen nicht abgeneigt; kurz gesagt eine Taube mit Schwächen, reif zum Rupfen. Barlow hatte gesagt, dass Asharti und ihr Comte immer Geld gebrauchen konnten. Aber gerade weil sie gierig war, passte es nicht dazu, dass sie der führende Kopf eines Geheimdienstes sein sollte. »Es gibt viele Arten von Reichtum«, sagte er. »Schönheit, zum Beispiel.«
    »Sie sind klug, Monsieur, und diplomatisch.« Sie ließ den Blick durch den Salon schweifen. »Ich weiß, was Sie wollen. Ich werde Sie dem Kaiser vorstellen.« John war sehr froh, dass er mit der Schwester dieses Mannes auf Sizilien und nicht in Paris verkehrt hatte. Dennoch fühlte er sich unbehaglich. Er hoffte, dass Pauline sich noch in Italien aufhielt.
    Der Kaiser trug Schuhe mit hohen Absätzen, die jedoch nur die Tatsache hervorhoben, dass er auffallend klein war. John konnte seine Kopfhaut durch das dünne Haar schimmern sehen. Außerdem hatte er eine leicht birnenförmige Gesichtsform – alles zusammengenommen wirkte er nicht übermäßig beeindruckend. Es war schwer sich vorzustellen, dass dieser Mann über Europa herrschte, dass er aus dem Dunkel der tiefsten Provinz, aus Korsika, so hoch aufgestiegen war. Fanueille war eher derjenige, der wie ein Kaiser aussah. John musterte den Comte unauffällig. Hochgewachsen und aufrecht stand er in seiner Paradeuniform da, die über und über mit Goldtressen und Orden dekoriert war. Er hatte einen sehr feinen Schnurrbart, wirkte aber trotz seiner imposanten Erscheinung irgendwie … gesetzt und solide; wahrscheinlich war er sehr anpassungsfähig, also genau der Mann, den »die Comtesse« für ihre Ambitionen brauchte. Nicht das Zentrum einer Geheimdienstoperation.
    »Monsieur Presset hat auf seinen Schiffen Stoffe aus England für die Uniformen unserer Soldaten transportiert. Ist das nicht mutig von ihm?«, fragte Asharti rhetorisch.
    »Aber ja«, sagte der Kaiser und nippte an seinem Champagner.
    Johns Herz zog sich ganz gegen seinen Willen zusammen. Beatrix trank immer Champagner. Er zwang sich, seine Aufmerksamkeit wieder auf den Kaiser zu richten und ein nichtssagendes Lächeln auf sein eigenes Gesicht zu zaubern. »Es war das Mindeste, das ich tun konnte«, wiegelte er ab. »Sie müssen mir sagen, wenn ich mehr tun kann.« Das sollte die Eröffnung geben, die sie brauchten. Aber Asharti war klug genug, nicht bei der erstbesten Gelegenheit anzubeißen.
    »Ich habe heute einen Bericht von Champollion erhalten. Er ist fast fertig damit, die Inschriften auf dem Stein zu übersetzen, den sie in Rashid gefunden haben – dem Stein von Rosetta, wie die Engländer ihn nennen«, teilte sie dem Kaiser mit.
    »Dann werden Sie bald in der Lage sein, diese merkwürdige Bilderschrift in Nordafrika selbst lesen zu können, meine Liebe.« Bonaparte tätschelte ihr die Hand. Es war keine rein onkelhafte Geste. »Obwohl ich nicht zu erahnen vermag, was man dadurch zu gewinnen hofft, dass man weiß, was Menschen einander zu sagen hatten, die seit Langem tot sind. Vermutlich sind es Rechnungen von ihrem Schneider.«
    »Vielleicht.« Die Augen der Frau verdunkelten sich. Da war mehr, was sie sich von der Lektüre der Inschriften versprach. »Ich habe Fedeyah vorausgeschickt, die Örtlichkeiten zu erkunden.«
    »Und wegen des Geldes für die Ausrüstung der Expedition werden Sie mir in den Ohren liegen, nicht wahr?«
    Ah, hier bot sich John eine unverfängliche Gelegenheit. »Ich habe vielleicht ein Interesse daran, solche Expeditionen zu unterstützen. Altertümliche Schätze sind in Mode. Das könnte ein lukratives Geschäft werden.«
    Er sah Geheimnisse in ihren Augen, als sie sagte: »Oh ja.«
    »Dann könnten Mylady vielleicht etwas Zeit erübrigen, um mich über die Details zu informieren?« Er hob sein Glas Champagner mit nur drei Fingern an die Lippen.
    Sie sah ihn aufmerksam an. Eine winzige Spur von Erheiterung lauerte in ihren Augen. Machte ihr seine Dreistigkeit Spaß, oder hatte sie seine List bemerkt? Seine Tarnung war sorgsam gewählt. Sollte sie eine Täuschung argwöhnen, so würde sie zuerst vermuten, er wollte über seinen Ruf hinwegtäuschen, seine Geschlechtsgenossen noch lieber als Frauen zu haben. Deshalb versuchte er, sie vor der Nase des Comtes und des Kaisers in

Weitere Kostenlose Bücher