Der Schattenjäger (German Edition)
kennen, hat mir gegenüber geäußert, dass sie bereit ist, sich mit dir zu treffen.«
Sascha bekam Herzklopfen. »Du meinst S…«
»Pscht!«
»Entschuldige.«
»Also diese Person, unser gemeinsamer Freund, wenn du so willst –«
»Gott sei Dank weißt du, wo er steckt!«, unterbrach ihn Sascha. »Wolf befürchtet das Schlimmste, falls andere deinen Bruder vor ihm ausfindig machen! Du musst ihm sagen, dass er sich unbedingt stellen muss. Das ist viel sicherer als –«
»Wie ich schon sagte«, fuhr Moische fort, »unser Freund möchte mit dir sprechen. Aber nur unter einer Bedingung.«
»Gut.«
»Du kommst allein. Ohne die Bullen.«
»Aber Wolf –«
»Ohne die Bullen. Punkt! Und das heißt auch: keine Inquisitoren.«
»Das kann ich nicht tun, Moische. Ich kann Wolf nicht hintergehen.«
»Nun, dann wirst du Sam eben nicht treffen«, erklärte Moische und hielt sich den vorlauten Mund zu, der den Namen seines Schützlings ausgeplaudert hatte.
»Moische, sei doch vernünftig! Ich weiß ja, dass es auch schlechte und gefährliche Polizisten gibt.«
»Und Inquisitoren!«
»Ok, aber Wolf kannst du wirklich vertrauen.«
Moische sah ihn eindringlich an. »Ach, und woher weißt du das? Was weißt du überhaupt, außer dem, was dir dein so geschätzter Wolf mitteilt?«
»Moische.«
»Da habe ich glatt vergessen, dass du ja auch noch Wissen aus erster Hand von der zauberhaften Miss Astral hast. Weißt du eigentlich, was ihr Vater für einer ist? Weißt du, was er alles tut, um sich seinen Lebensstil zu leisten? Von allen Börsenzauberern ist er der schlimmste!«
»Ich kenne Lilys Vater überhaupt nicht. Wirklich, er interessiert mich auch nicht. Und Lily ist sicher kein Spion. Ehrlich, Moische, sie kann gar nicht gut lügen.«
Moische zuckte nur die Schultern.
Schweigend gingen sie einen halben Häuserblock weiter, dann gab Sascha schließlich nach.
»Also gut!«, sagte er. »Wo ist er?«
»Das darf ich dir nicht sagen. Ich hole dich morgen Abend nach der Sitzung des Streikkomitees bei dir zu Hause ab.«
»Wann?«
»Darf ich nicht sagen.«
»Moische!«
»Morgen Abend. Und keine Bullen!«
»Kannst du Sam nicht überzeugen, Wolf zu vertrauen? Es gibt Schlimmeres, als verhaftet zu werden.«
»Nun, das meint Sam nicht. Er glaubt, dass Wolf ihn vor diesem Etwas nicht schützen kann.«
»Etwas?« Sascha bekam plötzlich ein flaues Gefühl im Magen. »Was soll das heißen?«
»Ich weiß es nicht«, flüsterte Moische. »Aber Sam sagt, er vertraue nur dir allein.«
Sascha rang mit sich, doch es half nichts. »Ich kann es nicht«, sagte er. »Ich kann ihn nicht treffen, ohne vorher mit Wolf zu reden. Ich habe auf diese Weise schon zu viel Unheil angerichtet.«
Moische leckte sich nervös die Lippen und schaute, ob nicht jemand mithörte. »Sam hat mir aufgetragen, für den Fall, dass du ablehnst, Folgendes zu sagen: Du musst kommen, weil du
noch tiefer
in der Klemme steckst als er.«
»Sam ist doch verrückt!«
»Das waren seine Worte. Und ich solle dich warnen:
Das Leben deiner Mutter steht auf dem Spiel.
«
15 Kriegsrat im Witch’s Brew
Am nächsten Morgen führte Inquisitor Wolf seine beiden Lehrlinge ins Witch’s Brew, den Saloon in Hell’s Kitchen, in den er sie sonst allmorgendlich schickte, damit sie ihm einen extrastarken Kaffee holten.
Sullivan, der hünenhafte Barmann, begrüßte Wolf wie einen lang vermissten Bruder. Sascha wusste, dass Wolf in einem katholischen Waisenhaus in der übelsten Ecke von Hell’s Kitchen aufgewachsen war, also hätte er sich darüber nicht zu wundern brauchen. Irgendwie tat er es aber doch. Und noch mehr wunderte er sich, als wenige Minuten später Philip Payton in den Saloon geschlendert kam und sich zu ihnen an den Tisch setzte, obwohl er doch offiziell im Urlaub war.
»Was macht der denn hier?«, brummte ein dürrer Bursche an der Theke. »Ich lass doch nicht mein gutes Geld hier, um mit so einem …«
»Nicht?«, unterbrach ihn Sullivan und sah ihn dabei so zornig an, dass der Mann ins Schlucken geriet. »Du schuldest mir ja auch noch einen kleinen Haufen, während der junge Mr Payton immer bezahlt.«
Payton nickte Sullivan anerkennend zu und zu Saschas Erstaunen lächelte der hünenhafte Mann zurück. »Und wie geht’s deiner Mutter, Philip?«, fragte der Barmann. »Ich habe sie schon länger nicht mehr im Viertel gesehen.«
»Richtig«, sagte Payton. Er zögerte und räusperte sich. Zum ersten Mal schien es Sascha, als wisse der junge Mann
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