Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Alterchen. Nimm lieber ein Taxi.“
Das ist ja wohl die Höhe! Alterchen hat mich noch nie jemand genannt! Was sind denn das für Mädchen hier?
„Ein Taxi, durch diese Gassen?“
„Nein, natürlich nicht. Aber vom Haus aus sind es nur wenige Meter, dann stehst du an der Creek Road, wo Taxis fahren. Ich könnte dafür sorgen, dass dort – genau dort – eines auf dich wartet.“
„Das könntest du? Was hast du davon?“
„Einen Tausender. Und einen Freund mehr.“
„Was würde mich ein Taxi kosten? Zum Strand sind's zu Fuß kaum mehr als einen Kilometer.“
„Noch mal drei Tausender. Dafür aber bist du den Gorilla los, der da im Café auf dich wartet.“
Dieses Argument überzeugt mich. „Na, prima. Wer hat mir den bloß auf den Hals gehetzt? Womit hab ich das verdient! Seekranke Überfahrt, Verfolgung durch die halbe Stadt, verdrehte Arme von irgendwelchen Leibwächtern, fluchtartiges Verlassen des Schieberdepots mit überteuertem Taxi. Fehlt nur noch meine Festnahme.“ Doch Jammern hilft hier überhaupt nichts.
„Wart’s ab. Mal mal nicht gleich alles schwarz.“ Das „Mädchen“ entpuppt sich immer mehr als taffe Kauffrau. „Taxi und Hafengebühren schießt der Boss dir vor, hier sind 5.000 Shilling. Einen Tausender davon gibst du gleich mir. Kolimba zieht dir das später in Dar’ von deinem Lohn wieder ab, das kennt der schon. Also untersteh dich, die Zahlung zu verschweigen. Wenn du mit der 7-Uhr-Fähre zurückfährst, wissen wir auch genau, wer beim Zoll und der Grenzpolizei gerade Dienst tut. Das sind unsere Leute, da hast du beste Chancen. Also, los jetzt, oder willst du dich gleich hier verhaften lassen?“
„Natürlich nicht. Organisier du mir das Taxi, und beim nächsten Mal gehen wir dann woanders hin.“ Ich kann's nicht lassen.
„Vergiss es. Mach, dass du in genau fünf Minuten hinter mir her kommst. Sobald du das ‚Spice’ verlassen hast, beeilst du dich. Geh so schnell du kannst, ohne allerdings zu auffällig zu rennen. Erst links, dann geradeaus, dann einmal rechts, einmal links und noch hundert Meter: Dort steht das Taxi. Hast Du's dir gemerkt?“
„Noch mal, bitte.“
„Links, geradeaus, rechts, links, 100 Meter, Taxi. Am besten wiederholst du das von jetzt ab ohne Unterlass in deinem kleinen Kopf! Und tschüß.“
Abgefertigt. Als ich wieder zu denken anfange, steht direkt vor mir ein Taxi. Unaufgefordert schmeiße ich die beiden Koffer in den Fond. „Zum Hafen, schnell!“ Gemächlich gibt der Fahrer Gas, die Kupplung schleift, und doch kommt das klapprige Gefährt beinah mit Schwung in Gang. Im Rückfenster sehe ich meinen Verfolger fluchend nach einem anderen Taxi Ausschau halten. Drei Minuten danach durchfahren wir das Hafentor, wenig später stehe ich am Betontisch des Zollamts. Der Dienst habende Zöllner will mich gerade durchwinken, als schwerfällig ein älterer Kollege aus seinem Kabuff von hinten kommt. „Aufmachen!“, sagt er fast tonlos und zeigt auf einen meiner Koffer. Ich erstarre.
„Wie? Was bitte? Warum?“, entfährt es mir viel zu hastig, viel zu empört. Nur jetzt kein Wutausbruch! Angst macht sich breit. „Aufmachen“, wiederholt der Zöllner stur. Schluss, aus, Zanzibar, Insel all so versklavter Träume – ab in den Knast. Im gleichen Moment geht hinter uns ein fürchterlicher Tumult los: Zwei Männer sind brüllend in Streit geraten und umtänzeln sich zähnefletschend in bester Wrestling-Manier, mehrere Zuschauer ergreifen schon Partei, gleich folgt die Massenschlägerei. Bestes Kino, alle schauen zu. Drei herangekommenen Zöllnern gelingt es nicht, die Streithähne auseinander zu bringen. Da sieht sich auch der Ältere – mein Kontrolleur – genötigt einzugreifen. Von Angst beschleunigt, nehme ich meine beiden Koffer und schlendere betont lässig am Tohuwabohu vorbei ins Nachbarhaus. Dort presst mir der gleiche Bulle wie heute Morgen gelangweilt den Ausreisestempel Zanzibars in meinen tanzanischen Pass und winkt mich durch.
Mein Schiff soll in wenigen Minuten abfahren. Mit meinen beiden Koffern schreite ich über die Gangway, blicke noch mal rundum zurück, dann setze ich mich ans Fenster und warte. Wenn die man nicht gleich kommen! Minute um Minute aber vergeht, ohne dass irgendein Zöllner noch mal auftaucht. Auch meinen sportlichen Verfolger sehe ich nicht mehr. Die Stewards ziehen den Laufsteg an Bord, die Schiffsmotoren röhren, und auf die Minute pünktlich legen wir ab. Erst als das Boot bereits beschleunigt
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