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Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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und den Zwillingen zuwinkte.
    Eine festliche blaue Funkenspirale zischte an mir vorbei wie ein Feuerwerkskörper und erschreckte mich fast zu Tode. Ich erspähte Rocket; er lehnte, hinter seinem ungepflegten Bart verlegen grinsend, an einem Balken, versprühte Festtagsfunken und sah aus wie ein Kind, das erwachsen tat. Als Fedora mit ihrem auf und ab hüpfenden Helm in seiner Nähe vorbeilief, sprach er sie an.
    »Hey, Fe! Hübscher Sturzhelm!«
    »Sicher ist sicher!« rief Fedora im Vorbeiflitzen über ihre Schulter. Sie spielte Fangen mit Bitsy und unserem jüngsten Cousin Tucker, dem letzten Beaumont-Sprössling nach Rocket, Fish, Mibs, Samson und Gypsy. Rocket schüttelte lachend den Kopf. Seine dunklen Haare standen ihm zu Berge, als hielte er eine Gabel in die Steckdose; sie setzten sich über die Regeln der Physik hinweg, wie man es sonst nur bei stachelhaarigen Zeichentrickfiguren sah.
    »Rocket! Ach, du liebe Güte!«
    Rocket stellte sich gerade hin, strich mit der Hand über sein Hemd und suchte nach einem Fluchtweg, als Mom auf ihn zuging und ihn von oben bis unten musterte. Sie stieß gluckende Laute aus wie ein Huhn, während sie seine struppige Mähne und den Bart beäugte. Da Dinah meine Mutter war, hatten meine Haare meine Ohrspitzen noch nicht ein Mal berührt, seit ich auf der Welt war. Als ich sah, was für ein Trara sie um Rockets Aussehen machte, trat ich weiter in den Schatten vor der Scheune zurück. Auf diese Weise hoffte ich die Strafpredigt hinauszögern zu können, die mir ganz bestimmt blühte, sobald sie mein staubiges Hemd und meine kaputte Hose erblickte.
    »Du warst immer so ein gut aussehender Junge, Rocket«, begann Mom. »Und jetzt schau dich an! Kein Wunder, dass du ohne Begleitung zur Hochzeit deines eigenen Bruders kommst. Wo ist denn dieses Mädchen von den Meeks? Ist sie nicht mitgekommen? Sie hätte doch als deine Begleitung einspringen können, wie in alten Zeiten.«
    Rocket fuhr sich mit der Hand durch die widerspenstigen Haare und trat Hilfe suchend um sich schauend einen Schritt zurück, als er Moms Lächeln sah.
    »Kein Wunder, dass das mit dir und Bobbi Meeks nicht geklappt hat«, fuhr Mom fort. »Ein Mädchen wünscht sich einen fröhlichen, adretten Verehrer, keinen mürrischen Höhlenmenschen. Du solltest morgen dringend in die Stadt fahren und dir einen …«
    »Hör auf, Tante Dinah!« Rockets blaue Augen funkelten, und er lief unter seinem Bart rot an. Dann hielt er sich die Ohren zu wie ein Erstklässler und sang laut und schief la-la-la , um Mom zu übertönen. Ich hatte denselben Trick schon häufig ausprobiert und wusste, dass das nichts nützte. Ohrstöpsel, laute Musik, Kopfhörer … Wenn man Moms Stimme auszublenden versuchte, schwächte das ihre Macht nur etwas ab, richtig außer Kraft setzte es sie selten.
    »Ich bin kein Kind mehr«, fuhr Rocket gut hörbar fort, behielt die Finger aber vorsichtshalber in den Ohren.
    »Wenn du so alt bist, warum machst du dann immer noch die Ranch unsicher und weigerst dich, nach Hause zurückzufahren? Du solltest dringend …«
    »Tante Dinah! Schön, dich zu sehen!«, wurde sie von Rockets Schwester Mibs unterbrochen, die ihrem Bruder zu Hilfe geeilt war.
    Wenn ich ein Tattoo oder eine kleine Krickelei auf der Haut gehabt hätte, hätte Mibs vielleicht meine gedanklichen Hilferufe auf der Waldwiese gehört und mich vor Sarah Jane gerettet. Ein paar Striche, eine kurze Notiz, ein Tattoo oder selbst nur ein kleiner Punkt mit Filzstift auf der Haut reichte aus, und Mibs Beaumont konnte sagen, was man dachte. Wieder so ein spitzenmäßiger Schimmer, der genauso gut meiner hätte sein können, es aber nicht war.
    Plötzlich überkam mich eine riesige Wut. Zehntausend Ameisen rannten mit eisigen Fußballerstollen meine Arme auf und ab. Meine Finger und Handflächen juckten, so schrecklich war das Kribbeln darin.
    »Was ist denn mit dir passiert, Ledge?«
    Ich war so von der Begegnung zwischen Mom und Rocket gebannt gewesen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie Mibs’ Freund Will aus der Scheune gekommen war.
    »O Mann! Hattest du einen Zusammenstoß mit einem Büffel, oder was ist los, Ledge?«
    »So was in der Art«, murmelte ich. Ich hatte Will Meeks bei anderer Gelegenheit schon mal getroffen; er war ein ganz normaler Typ ohne Schimmer. Als er und seine Schwester Bobbi sich zum ersten Mal mit den Beaumont-Kindern einließen und hinter das Familiengeheimnis kamen, war er noch ein Teenager gewesen.
    Ich sah an meiner

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