Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Päckchen Silber papier vom Tisch. »Zehn Gramm Hasch, vielleicht ein bisschen mehr. Auf jeden Fall genug für eine Fahrt ins Präsidium. Also los, kommen Sie in die Gänge.«
»Verdammt, Mann.«
Unter einem ramponierten Sessel lag eine Sporttasche. Viel leicht sah Niels sie deshalb erst jetzt. Lennart redete unzusammen hängend, während Niels die Tasche durchsuchte. »Heh, Mann«, sagte er ein paarmal, aber Niels beachtete ihn nicht. Sportsachen. Teure Marken. Eine Kulturtasche mit einer Zahnbürste und Haarwachs. Eine Krankenkassenkarte mit dem Namen Joachim Elmkvist.
»Wo ist er hin?«
»Ich habe doch schon gesagt, dass ich den nicht k…«
»Maul halten!« Niels war überrascht über die Brutalität seines Ausbruchs. »Und jetzt antworten Sie mir. Wo ist er? Wann kommt er zurück?«
»Das weiß ich doch nicht«, lautete die Antwort, gefolgt von unzusammenhängenden Beschwerden, dass Niels doch nicht ein fach so in seine Wohnung kommen und herumschreien könne.
Niels öffnete das Seitenfach der Tasche. Ein zusammengeknüll ter Hundertkronenschein. Kopfschmerztabletten, Kondome und eine Kreditkarte mit dem Namen Joachim Elmkvist. Und eine Karte für Sleep , geschrieben mit blassen blauen Buchstaben. Niels dachte nach. Auch Dicte hatte so eine Karte in ihrer Wohnung gehabt. Das Logo war ein Halbmond. Etwas weiter darunter stand »Schlafpraxis Kopenhagen«, Sølvgade 17. Niels drehte die Karte um. Wochentage und freie Felder, auf denen man von Hand den nächsten Termin eintragen konnte. 14. Juni, 13.00 Uhr. Das war heute. Niels sah auf die Uhr seines Handys. Es war bald 12.30 Uhr. Vielleicht war das noch zu schaffen?
»Sie kommen mit mir, Lennart.«
»Was? Warum das denn?«
Niels zerrte Lennart aus dem Schlafsack. Er war leicht wie ein Säugling.
»Lassen Sie mich los!«
Niels zog ihn über den Boden, während Lennart wie ein Kind jammerte. »Heh, kann ich mich vielleicht noch anziehen? Ich habe doch nichts getan.«
»Vielleicht nicht, aber wenn ich Sie loslasse, rufen Sie doch nur Joachim an …«
Lennart protestierte: »Nein, Mann, tu ich nicht! Das verspreche ich!«
»Kann ich mal Ihr Handy sehen?«
Lennart starrte Niels an. Wog ab, was er tun sollte.
»Ihr Telefon«, schrie Niels ihn an. Lennart fischte es schließlich aus der zerschlissenen Jeans, die auf der Toilette lag.
»Das nehme ich an mich. Sie bekommen es zurück, wenn Sie sich ordentlich aufführen.« Niels lief, begleitet von Lennarts Protestgesang, die Treppe hinunter.
62.
Ydre Nørrebro, 12.28 Uhr
»Komm schon!«, schrie er Peter ins Ohr. »Du schaffst das!« Ein neuer Versuch mit dem Defibrillator, um das Herz zu reaktivieren. »Wach auf, Peter. Mein Freund. Los …!«
Er hörte die Panik in seiner Stimme. Sie klang lauter und schriller als sonst. Als spräche eine andere Person. Peter sah ihn an. So sah es jedenfalls aus. Als wollte er ihn fragen: Warum? Warum hast du mich umgebracht? Fast konnte er die Worte hören. Nein, das gaukelte ihm bloß die Panik vor, die seinen Körper gefangen hielt. Peter war tot. Sein Blick war starr. Ein neuer Versuch mit dem Defibrillator. Peters lebloser Körper zuckte zusammen. Um gleich darauf wieder regungslos dazuliegen. Nein, dachte er. Nein! Das durfte nicht schiefgehen! Peter war vielleicht seine letzte Chance. Er musste ihn wieder ins Leben zurückholen. Peter musste von den Toten zurückkehren und ihm erzählen, ob es ihm gelungen war, sie zu finden. Adrenalin. Er fummelte mehr als sonst herum. 1 Milligramm. Intravenös. Oder direkt ins Herz? Es war nicht ohne Risiko, das wusste er. Aber er hatte keine andere Wahl. Die Nadel der Adrenalinspritze war lang. Er musste direkt unter dem Brustbein einstechen und dann in Richtung zwei Uhr nach oben zur linken Schulter stechen. Und er musste daran denken, den Stempel der Spritze beim Einstechen etwas weiter herauszuziehen, bis ein bisschen Blut in der Spritze war.
Er schwitzte. Schweißtropfen landeten wie ein milder Regen auf Peters totem Körper. Hatte er eine falsche Salzkonzentration im Wasser? Nein, unmöglich. Er hatte alles doppelt und dreifach gecheckt. Das Adrenalin wirkte nicht. Das sah er Peters totem Körper sofort an. Nein! Herzmassage. Seine letzte Chance. »Komm schon!«, flüsterte er. »Wach auf! Mach die Augen auf und erzähl mir von ihr!« Sein Blick fiel auf die Uhr an der Wand. Vielleicht weil er unbewusst den Blick von dem Toten am Boden abgewandt hatte. Der Anblick schmerzte ihn, war unerträglich, und plötzlich
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