Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Gedanke schon einmal gekommen, wie es sich anfühlen musste, wenn man, den Kopf in einer Schraubzwinge aus blankem Stahl, gefesselt und geknebelt aufwachte, außerstande, sich zu rühren. Die Angst strahlte förmlich aus Peters flackerndem Blick. Er stieß ein paar leise, halb erstickte Laute aus, die deutlicher als alle Worte zeigten, wie sehr er sich fürchtete.
»Ruhig jetzt«, sagte er zu Peter. »Es hört dich ohnehin nie mand.«
Seine Aufforderung half nicht. Peter röchelte weiter. Die Sprache der Angst.
»Ich werde gezwungen sein, dich zu töten, aber du wirst nicht vergeblich sterben. Es ist für einen guten Zweck, du musst mir bei einer Sache helfen.«
Er suchte die letzten Utensilien zusammen, die er brauchte, und machte das Becken mit dem Wasser bereit, wobei er sich fragte, ob Peter ihm leidtat. Die Antwort lautete Nein. Mitleid durfte seiner Sache nicht im Weg stehen, dafür war sie zu wichtig. Dafür stand viel zu viel auf dem Spiel.
Schritte auf der Treppe.
Er hörte sie deutlich, und die Geräusche setzten vor seinem inneren Auge einen Film in Gang. Er stellte sich vor, wie die Tür aufging und die schöne, blonde Frau plötzlich mitten im Wohnzimmer stand und schockiert auf das unverständliche Szenario starrte. Und er sah, wie er sich auf sie warf und sie vor den Augen des entsetzten Peter umbrachte. Wie sie sich wehrte, doch wie er sie festhielt, bis seine Hände endlich ihren Hals fanden und er sie erwürgen konnte. Nicht gerade eine Wunschvorstellung, beileibe nicht, aber durchaus etwas, das notwendig werden konnte, dessen war er sich bewusst. Vielleicht konnte er sie anschließend nutzen … wenn er bei Peter keinen Erfolg hatte? Nein, es mussten diejenigen sein, die schon einmal auf der anderen Seite gewesen waren und wussten, dass sie in ihre Körper zurückkehren konnten. Leute, die diese besondere Fähigkeit hatten. Menschen, für die der Tod kein unbekanntes Territorium war.
Die Schritte wurden leiser. Endlich waren sie ganz verstummt, und er war wieder mit Peter allein, allein in ihrer eigenen kleinen Welt aus Angst und dem bevorstehenden Tod.
»Ich werde das so schnell machen, wie es nur geht«, sagte er mit vollem Ernst. »Und ich verspreche dir, dass du nichts spüren wirst.«
Er fragte sich, warum er das sagte. Es war blödsinnig, schließlich hatte er keine Ahnung davon, wie es war, zu ertrinken. Vielleicht weil es Peter war? Weil sie eine ganz besondere Beziehung hatten? Jedenfalls hatte er das immer so empfunden. Eine Vertrautheit, ja fast so etwas wie eine Freundschaft. Er mochte Peter. Das war schon immer so gewesen. Peter war einzigartig, ein Mann, der seine Gefühle nicht zurückhielt, der es zu zeigen wagte, wenn er glücklich oder traurig war oder wenn er das Leben – wie so oft – unerträglich fand. Es half ihm ein bisschen, an Peters depressives Gemüt zu denken. Vielleicht war es ja sogar gut für ihn, dieses Leben hinter sich lassen zu können? Vielleicht tat er ihm regelrecht einen Gefallen, wenn er seinen Kopf untertauchte und ruhig zusah, wie das Leben ihn langsam verließ und der Tod durch Ertrinken mehr und mehr die Oberhand gewann. Nein, der Gedanke war absurd, und er wusste das. Natürlich tat er Peter keinen Gefallen, indem er ihn umbrachte, es machte keinen Sinn, so zu denken. Außerdem änderte Peters Leben sich gerade. Es gab neue Elemente. Zum Beispiel dieses Mädchen. Als er daran dachte, wie dieses Mädchen ihn morgen finden würde, übermannte ihn für einen Moment sogar so etwas wie Trauer. Niemand hatte es verdient, seinen Geliebten ermordet aufzufinden und derart zu leiden. Aber er verdrängte die Gedanken, sie waren ein Fluch, brachten nichts Gutes mit sich. Es kam darauf an, zu handeln. Die Mission auszuführen, der er sich verschrieben hatte.
»Ich mache das, so schnell ich kann«, wiederholte er, ging zu Peter und packte seinen Kopf. »Das verspreche ich dir. Gleich ist alles überstanden. Und dann musst du etwas sehr Wichtiges tun, hast du mich verstanden?«
Peter gab einen leisen Laut von sich.
»Du musst jetzt genau zuhören, geht das? Kannst du mich hören?«
Peter versuchte zu nicken.
Er nahm sein Handy heraus. Es war bald zwölf. Ihm blieb wenig Zeit. Nur eine halbe Stunde, um Peter umzubringen und wiederzubeleben. Vielleicht sogar mehrmals. Und ihn dann endgültig zu verabschieden.
Bevor er begann, dachte er an seinen Termin um dreizehn Uhr in der Schlafpraxis.
»Du musst jetzt genau zuhören, was du machen
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