Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
Anweisung.«
»Aber ich garantiere für nichts, Senior. Wenn die zwei Komplizen sind, dann wird Rüttgen nicht davor zurückschrecken, seinen Diener über die Klinge springen zu lassen.«
Senior wiegte den Kopf. »Das ist möglich, wir müssen halt aufpassen.«
»Rüttgen ist kein Idiot! Er hat einen IQ von über hundertvierzig! Hast du nicht die Tests gesehen, die wir bei ihm gefunden haben? Er hat alle aufgehoben. Und du weißt, wozu ein intelligenter Killer in der Lage ist.«
»Das weiß ich alles, aber wir haben nicht das Sagen, also tragen wir auch nicht die Verantwortung. Wir werden Kittner unsere Bedenken mitteilen, alles andere geht uns nichts an. So ist das Spiel, Fran. Lass uns reingehen. Die Zeit drängt. Wenn nichts passiert, wird Mutoah springen, das sagt sogar der Polizeipsychologe. Die Sprungtücher sind geordert, aber das dauert seine Zeit. Die sind über die ganze Region verteilt. Und wir brauchen viele. Ich glaube nicht, dass sie reichen werden.«
Fran nickte. Sie brauchten verdammt viele. »Sprungtuch« war ein veralteter Begriff. Keine deutsche Feuerwehr benutzte die Tücher, die von sechzehn Mann gehalten werden mussten und nur bis zu einer Sprunghöhe von wenigen Metern in der Lage waren, einen Erwachsenen aufzufangen. Benutzt wurden Luftpolster, die aber nur knapp vier mal zwei Meter Fläche abdecken konnten und nur bis zu sechzehn Metern Sprunghöhe Leben retten konnten. Bei einem Umfang von etwa vierzig Metern brauchten sie zehn Polster, mal zwei, machte zwanzig. Hoffnungslos! So viele gab es in ganz NRW nicht.
»Wie gehen wir vor?«, fragte Fran.
»Wir versprechen ihm nichts. Er hat die Chance, seinem Adepten das Leben zu retten. Wir können nur sagen, dass sich sein Verhalten vor Gericht sicherlich auswirken wird.«
Fran nickte automatisch, in Gedanken ging sie einen ganz anderen Plan durch, Marvin Mutoah lebend vom Turm herunterzuholen. »Wir sollten auf keinen Fall von seiner Mutter sprechen.« Obwohl sie auf dem Flur standen, sprach Fran im Gegensatz zu Senior leise, so, als fürchtete sie, dass Lars Rüttgen sie auch durch die geschlossene Tür hören konnte.
»Okay, dann wollen wir mal.«
Sie gingen zurück in das Krankenzimmer, die Tür blieb einen Spalt weit offen.
Senior trat an das Bett heran, gerade so weit, dass Rüttgenihn nicht erreichen konnte. Die Kette, mit der seine Hand gefesselt war, erlaubte ihm keinen allzu großen Bewegungsspielraum. Senior hob die Stimme. »Herr Rüttgen, wachen Sie bitte auf.«
Lars Rüttgen reagierte nicht. Senior wiederholte sein Anliegen, diesmal etwas lauter. Immer noch keine Reaktion. Auch als Senior ans Bett trat, ihn am Arm griff und rüttelte, hielt Lars Rüttgen seine Augen geschlossen. Fran hielt die Luft an. Das war lebensgefährlich, Rüttgen hätte ihm mit einer Hand den Kehlkopf zertrümmern können, aber Rüttgen reagierte einfach nicht. Senior ließ ihn in Ruhe und trat drei Schritte zurück. Schweiß glänzte in seinem Haar.
»Herr Rüttgen, ich muss Ihnen mitteilen, dass einer Ihrer Adepten, Marvin Mutoah, versucht hat, Ihre ehemalige Schule in Brand zu setzen«, sagte Fran. Sie beobachtete Lars Rüttgen. Seine Glieder zuckten hier und da. Er war wach, verstand jedes Wort. »Im Moment steht Marvin Mutoah auf dem Dach des Schlossturms und will sich hinunterstürzen, falls er nicht mit Ihnen reden kann. Sie sind der Einzige, den er als Kontaktperson akzeptiert.«
Lars Rüttgen öffnete die Augen.
Der gelbliche Strahl, der aus dem Flur in das Zimmer fiel, teilte Rüttgens Gesicht in zwei Hälften. Fran atmete einmal tief ein und wieder aus, denn er sah aus wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde, und es schien, als könne das Monster in ihm jeden Moment die Herrschaft übernehmen.
»Warum sollte ich das glauben?« Seine Stimme füllte rau und dunkel den Raum.
Er hat eine Radiostimme, stellte Fran fest. Aber anstatt Nachrichten zu verlesen oder sein Publikum zu unterhalten, anstatt ein angesehener Mitbürger zu sein, stand er unter Mordverdacht, und die Presse wartete nur darauf, aus ihm einUngeheuer zu machen. Auf diese Weise bekam er ein großes Publikum, das sich auf seine Kosten bestens amüsieren würde. Fran verabscheute diese Seite der Medienlandschaft zutiefst.
»Welchen Grund hätten wir, Sie zu belügen?«, fragte Fran.
Lars Rüttgen stieß einen verächtlichen Laut aus. »Weil Sie mich ständig belügen, weil Sie mich hier gefesselt haben, weil ich niedergeschlagen worden bin, weil ich eines Verbrechens beschuldigt
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