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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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auszudrücken.»
    «Ich fand ganz und gar nichts Abscheuliches daran», erwiderte
    Graham kurz angebunden. «Die Patientin gab ihre freiwillige Zustimmung. Seine freiwillige Zustimmung ...» verbesserte er sich.
    Um die Spannung nach diesem Wortwechsel zu mildern, lachten die Zuhörer. Graham verlor die Ruhe.
    «Ich bin vielleicht etwas altmodisch», fuhr Mr. McMannus fort, trunken vom schweren Wein gerechter Entrüstung, «aber ich finde solch theatralisches Wesen in Blackfriars traurig fehl am Platze.»
    «Wenn Sie Wissen und Langeweile nicht unterscheiden können, tun mir Ihre Studenten leid.»
    Mr. McMannus glotzte. «Wenn wir hier sind, um Beleidigungen und nicht Ansichten auszutauschen, ziehe ich mich zurück.»
    Er setzte sich unter einigem Applaus. Graham sah, daß er ein Narr gewesen war. «Entschuldigen Sie bitte», sagte er hastig. «Ich bin sicher, daß Sie bei Ihrer großen Erfahrung mit der Pathologie der Zunge zustimmen werden, daß das Durchgehen eine der hoffnungslosesten Krankheiten dieses Organs ist.»
    Mitfühlendes Gemurmel ging durch den Saal, aber der Schaden war getan. Grahams Autorität war gebrochen. Der Großteil der Zuhörer gab McMannus recht. Der Vortrag war theatralisch, eine Beleidigung der nüchternen Intelligenz eines medizinischen Auditoriums. Außerdem hatte sich dieser junge Bursche Trevose mit seinem Strebertum bereits einen schlechten Namen gemacht. Sie nickten zustimmend. In welchem Alter war er nach Blackfriars berufen worden? Nicht einmal dreißig. Schändlich! Sie schienen sich alle gleichzeitig zu erinnern, daß er mit dem berüchtigten Sarazenen verbunden gewesen war.
    Graham beschloß, den Vortrag zu beenden. Er verließ den Saal ohne ein Wort und ging direkt in sein Zimmer im Arlott-Flügel, wo er in einer Stimmung von unerträglicher Düsterkeit allein sitzen blieb. Er hatte sich sehr um Originalität bemüht, aber die Dummköpfe im Publikum waren dafür ja blind. Er verglich sich resigniert mit Manet, der der Welt sein «Frühstück im Freien» geschenkt hatte. Es war alles Haileyburys Schuld. Er hatte angefangen. Graham fand das Krankenhaus unerträglich. Tom Raleigh konnte die Nachmittagsdemonstrationen übernehmen. Er eilte zu seinem Alvis hinaus und fuhr in die Queen Anne Street, wo er eine Praxis aufgemacht hatte. Er wunderte sich später, wie er es fertiggebracht hatte, durch den Londoner Verkehr zu fahren, ohne jemanden zu rammen. Er war völlig mit der anekelnden Erkenntnis beschäftigt, daß eine grundlegende Überzeugung in seinem Leben falsch war. Der Charme, der Humor und die etwas zynische Schmeichelei, die ihm schon in Marias Salon und seither in zahllosen peinlichen Komiteesitzungen in Blackfriars so gute Dienste geleistet hatten, waren nicht genug. Sein chirurgisches Geschick war ebenso echt wie sein Vortragstalent, und beide waren von einem Haufen pompöser, selbstgefälliger, hochnäsiger Männer verlacht worden, die in dem Gefühl ihrer eigenen Wichtigkeit so eingeschlossen waren wie ein Bein in einem Gipsverband. Wenigstens, sagte Graham bitter, bin ich kein Heuchler. Ich bin streberisch, wahrscheinlich egoistisch, ich stehe gern im Mittelpunkt, aber ich gebe es auch zu. Schön! Wenn sie auf mich als Komödianten, Emporkömmling, als gewinnsüchtigen Geldmacher herabschauen wollen, dann werde ich ihre kleinlichen Erwartungen erfüllen. Ich werde mit Gesichtsspannungen ein Vermögen verdienen, meine Verbrennungen und Reparaturen zum Teufel gehen lassen, und dieses Pack wird vor Neid vergehen.
    Er kam in seine Praxis. Seine verzweifelte Sucht nach Originalität hatte ihn dazu geführt, sie in japanischem Stil einzurichten. Es beruhigte seine Patienten, daß er sie vor einem gemalten Paravent als eine Art medizinischer Mikado empfing.
    «Ich hatte dich gar nicht erwartet!» rief Kitty Rivers, ein zartes blondes Mädchen in weißem Arbeitsmantel, seine Sekretärin. Sie musterte sein Gesicht und fragte: «Was fehlt dir?»
    «Och, alles ist schiefgegangen! » Er ließ sich in den Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen. «Die Konferenz ist ein Fehlschlag, ein Fiasko, noch bevor sie richtig angefangen hat.»
    «Aber wieso? Du warst doch so zuversichtlich.»
    «Ich hatte die Intelligenz meiner Zuhörer überschätzt.»
    Sie legte den Arm um seine Schulter. «Ach, Liebling! Es tut mir so leid!»
    Er nahm begierig ihre Hand. Deswegen also hatte ich es so eilig, vom Krankenhaus hierherzukommen, dachte er. Um Mitleid zu erregen. Er saß einen Augenblick

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