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Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Ellory
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tat nichts, außer sein ganzes Berufsleben lang die Hand immer wieder tief in den Honigtopf zu stecken und sich zu nehmen, was er gerade haben wollte. Und erzähl mir nicht, dass die Leute nichts davon wussten. Du wirst mich nicht davon überzeugen, dass seine Vorgesetzten nicht wussten, was er tat. Aber sie ließen ihn machen, Victor, sie tolerierten ihn, weil er ihnen so viele kleine Fische lieferte, dass das Netz immer voll aussah. Das war sein Ding. Aber sogar diese Typen, die er einbuchtete, hat er nicht wirklich geschnappt, Victor. Er musste die Arbeit nicht einmal selbst machen. Die kleinen Fische wurden ihm vom Mob vor die Haustür geliefert. Er brauchte sie bloß noch reinzuholen. Seine Vorgesetzten waren zufrieden, der Mob war zufrieden, und jeder klopfte dem anderen auf die verdammte Schulter und ging mit seinem Anteil und seiner Provision nach Hause. So lief es, Victor, und so wird es immer laufen.«
    »Gott im Himmel, Frank, so hab ich dich nie reden hören. Was, zum Teufel, ist in dich gefahren?«
    Parrish lächelte enthusiastisch. Er war betrunken und fürchtete keine Konsequenzen. »Therapie«, sagte er. »Ich mache eine Therapie.«
    »Nun, Frank, dann muss ich hier und jetzt ganz klar sagen, dass ich es für eine gute Idee hielte, dir einen anderen Therapeuten zu suchen. Der, den du jetzt hast, scheint dir jedenfalls nicht besonders gutzutun.«
    Merrett wandte sich Richtung Ausgang.
    »Gehst du schon?«, fragte Parrish.
    »Ich muss los, Frank, ja.«
    »Na, das Mindeste, was du tun könntest, wäre, mir noch einen Drink auszugeben.«
    Merrett blieb kurz stehen und warf einen Blick auf Frank Parrish. »Ich glaube, du hattest schon reichlich«, sagte er leise. Dann drehte er sich um und verschwand.
    22
    Sonntag, 7. September 2008
    Am Sonntagmorgen erwachte Frank Parrish spät. Er hatte kaum Erinnerungen an den letzten Abend.
    Auf der Küchenanrichte stand eine halb geöffnete Dose Chili. Er war nicht so weit gekommen, den Inhalt zum Aufwärmen in eine Pfanne zu kippen.
    Er machte Kaffee, setzte sich eine Weile in die Küche und schaute durchs Fenster, ohne auf etwas Bestimmtes zu achten. Kurz erwog er, Caitlin anzurufen, entschied sich aber dagegen. Er fragte sich, ob er Radick bitten sollte, nach ihr zu schauen. Er dachte an die toten Mädchen, und als er sich ihre Gesichter vorstellte, sah er nichts als ihre Naivität, ihre Verletzlichkeit und die schiere Sinnlosigkeit ihres Sterbens. Caitlin war nicht wesentlich älter. Sie fuhr zur Arbeit und zurück, manchmal spätabends, allein und im Dunkeln. Wie groß war der Abstand zwischen ihr und einem Müllcontainer? Sehr gering, wenn man ehrlich war. Und war es immer Zufall? Geschah es einfach wahllos – dass diese Typen sich ein Mädchen auf der Straße schnappten, ihm antaten, was immer sie für richtig hielten, und sie dann entsorgten? Das glaubte Parrish nicht. Er glaubte, dass es bei den Akten in seinem Schreibtisch letztlich um mehr ging als um tote und vermisste Mädchen. Falls, abgesehen von Rebecca und Karen, auch nur eine von ihnen adoptiert und von der County Child Adoption Agency oder dem Jugendamt betreut worden war, würde er der Verbindung nachgehen. Aber er durfte mit niemandem darüber sprechen. Er würde seine eigenen Energien mobilisieren, seine eigenen Kontakte und Ressourcen, und falls nichts dabei herauskäme, hätte niemand einen Schaden davon.
    Doch heute war Sonntag, und er hatte nicht vor, ins Revier zu gehen. Er wollte Robert besuchen, vielleicht auch Caitlin. Und er wollte versuchen, den Abend ohne eine Flasche Bushmills zu überstehen. Die Wahrscheinlichkeit erschien äußerst gering, doch einen Versuch war es wert.
    Er schlug den direkten Weg zu seinem alten Haus ein, in dem noch immer die unangenehmen Geister seiner Ehe lebten. Unterwegs legte er einen Zwischenstopp bei der Saint Michaels’s Church ein, wo er ein paar Minuten verbringen wollte. Er sprach mit niemandem, sondern schritt einfach den Gang entlang, warf den Rest von Danny Langes Geld in die Spendendose und kehrte um.
    Als er schließlich das Haus erreichte, in dem er so viele Jahre seines Lebens verbracht hatte, blieb er zögernd auf dem Bürgersteig stehen, bis er sich entschloss, die Stufen zum Eingang hinaufzusteigen und an die Tür zu klopfen.
    »Du siehst nicht gut aus«, waren ihre ersten Worte.
    »Hi, Clare. Wie geht’s dir? Wie läuft es so? Weißt du was, es muss fast drei Wochen her sein, seit ich dich zuletzt gesehen habe, und du siehst wirklich

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