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Der schwarze Regen

Der schwarze Regen

Titel: Der schwarze Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flavio Soriga
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Platz hinter dem Steuer und öffnete das Wagenfenster. Bring sie mir morgen Früh alle in die Kaserne, ich hab das Theater satt, alle: deine Schwester, den Sohn und Giovanni, alle, und keine Sperenzchen mehr, Meloni nickte, ließ den Motor an und fuhr los.

7
    Es regnet heftig und es ist kalt, auf dem Land in den Straßen im Dorf, Dunkelheit und Regen, Schwärze und Eis, es regnet heftig und es ist spät, Marta Deianas dunkle Augen sind auf den Mann gerichtet, der ihr gegenübersteht, sie fürchtet sich vor seiner Trunkenheit, vor seinen heftigen Worten, vor den zitternden Händen, Marta Deiana betrachtet den alten Liebhaber und hat Angst, und es gelingt ihr nicht, es begreiflich zu machen, zu erklären, dass alles vorbei ist, dass sie, nachdem ihr junger Priester fortgegangen ist, niemanden mehr will, dass sie frei und allein sein will, dass ihre Platten ihr als Gesellschaft reichen, und das Meer bei Cagliari, wenn sie Lust hat, und sonst nichts, keinen Liebhaber mehr, keine Eifersucht, kein wütendes Wort. Verschwinde, schreit die Frau, Ich ertrage es nicht mehr, ich habe dich und deine absurde Eifersucht satt, verschwinde, denn so ist mein Leben und daran kann keiner etwas ändern, Einsamkeit und Liebhaber für einen Abend, lass mich in Ruhe, es ist schon spät und ich bin müde und will unter die Dusche und dann schlafen gehen, verschwinde, du ekelst mich an, du überheblicher Trunkenbold, du bist nur gekommen, um mir eine Szene und Vorhaltungen zu machen, um zu fluchen und zu brüllen und das wenige Schöne zu zerstören, das es noch gibt, wenn ich dir in die Augen blicke, verschwinde, bitte verschwinde.
    Aber der Mann scheint ihr nicht zuzuhören, er hat getrunken und geraucht, er ist gefahren und hat das Meer, die Wellen betrachtet, er hat Gedichte gelesen und gespürt, wie seine zitternden Hände alt werden, wie seine tiefschwarzen Augen alt werden, die sie jetzt anstarren, Martas Brüste Hüften Beine, der Mann hört ihr nicht zu, hört nicht, er denkt an den jungen Priester, den er herauskommen sah eine Sekunde, bevor er an die Tür klopfte, er denkt an den Jungen, der seine Frau fürs Leben küsst, an sie, die sich über das Glied Pater Albertos beugt, an Marta, die nackt neben ihm liegt, an sie beide, alte heimliche Geliebte seit jeher, an die hundert Arten zu genießen zu beißen zu stoßen zu schreien, die sie kennen, er denkt an seinen Bauch eines Fünfzigjährigen und an den Blues der letzten jungen Frau, der er begegnet ist, und wieder an Marta nackt neben einem Gesicht, das er nicht kennt, seine Frau fürs Leben gedreht dargeboten auf unanständige Weise, dunkle verworrene Bilder, Ausgeburten des Weins des Biers, Bilder, die ihm wehtun, die er sucht, die er will, um noch mehr zu leiden, um sie noch mehr zu hassen, Warum bin ich gekommen?, fragt er sich, Warum hasse und verabscheue ich sie und warum ist sie nicht still und bittet mich um Verzeihung, warum sagt sie, ich solle sie in Ruhe lassen, warum gehen mir diese drei Worte nicht aus dem Kopf, Eisen und Glas und Blut, warum lasse ich sie nicht in Ruhe und gehe? Aber er geht nicht, der betrunkene Mann, der vor Marta steht, und sie hat nicht mehr die Kraft zu schreien, ihn um Frieden zu bitten, sie sieht ihn, wie er ihre Brüste, ihren Körper anstarrt, sie fühlt sich tot ohne Blut ohne Stimme, sie hat Angst und weiß nicht mehr, was sie sagen soll, und sagt noch einmal, leise und in einem Atemzug, Verschwinde, bitte verschwinde, mittlerweile müsstest du es doch kapiert haben, DU MUSST, dass nichts mehr ist zwischen uns, dass ich nichts mehr fühle, ich bin tot, ohne Blut und Leben, ich bin alt und langweilig und habe angefangen, wie in den schlechten Filmen zu sprechen und mich allein zu betrinken, verschwinde, er seufzt stößt einen Schrei aus, irgendein Wort, einen albernen Satz wie Ich liebe dich oder Ich hasse dich, umarmt sie bittet sie um einen Kuss entreißt ihn ihr, klammert sich an ihren Pullover an ihren Rock, Schluss jetzt, sagt Marta, Ich habe dir gesagt, du sollst verschwinden, es reicht, verschwinde, lass mich in Ruhe, sie hat etwas Stimme wiedergefunden, beginnt wieder zu schreien, Verschwinde, kapierst du denn nicht, was tust du? Er macht weiter, versucht sie auszuziehen, drückt sie fest an sich, tötet Stimmen und Gedanken mit einer Kraft, weiß der Teufel, woher sie kommt woher er sie nimmt, Alkohol Hass Schmerz, Es reicht, ich habe das Gefühl zu sterben, ich bin tot, möchte Marta erneut sagen, sich verteidigen, ihn

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