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Der Schweizversteher

Der Schweizversteher

Titel: Der Schweizversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diccon Bewes
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Vergangenheit.

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    Survival-Tipp
Nummer 3
    SOS – Die Schweiz am Sonntag
    Der Sonntag ist in der Schweiz immer
noch heilig, weshalb man sich an einem Schweizer Sonntag in die gute alte Zeit
versetzt fühlt. Von 17.00
Uhr am Samstagnachmittag bis 9.00
Uhr am Montagmorgen (an manchen Orten sogar bis 13.00 Uhr) bleiben die Läden geschlossen
und die Rollläden unten, sodass in der Stadt eine Atmosphäre herrscht wie auf
einem Geisterschiff. Dasselbe gilt auch außerhalb der Stadt, vergessen Sie also
getrost Ihren Sonntagsausflug zu
IKEA
.
Denn in den Gewerbegebieten ist ebenfalls alles geschlossen. Ausnahmen sind –
wie in Deutschland im Prinzip auch – nur Bahnhöfe und Flughäfen: Dort dürfen
die Geschäfte tagtäglich öffnen. Was vermutlich zur Folge hat, dass man sich an
einem Sonntag in einem Coop oder Migros in einem großen Bahnhof wie in Bern
oder Zürich durch Menschenmassen kämpfen und an der Kasse anstehen muss. Es ist
ein bisschen wie das Einkaufen in der Vorweihnachtszeit. Wobei in der
Vorweihnachtszeit die hiesigen Geschäfte ausnahmsweise auch sonntags geöffnet
haben dürfen. Allerdings unterscheiden sich die Regeln wie in der Schweiz
üblich von Ort zu Ort. Doch in der deutschsprachigen Schweiz gilt fast überall,
dass die Läden an den beiden letzten Adventssonntagen ihre Pforten öffnen. Es
scheint, als müsse selbst die Ehrfurcht vor dem Tag der Ruhe hinter dem Wunsch
zurücktreten, in der geschäftigsten Zeit des Jahres ordentlich Geld zu
verdienen.
    Bei den restlichen fünfzig Sonntagen
besteht indes wenig Aussicht auf Veränderung. Erst kürzlich gab es ein
Referendum mit dem Ziel, den Handel am Sonntag weiter einzuschränken und auch
die Geschäfte in den Bahnhöfen geschlossen zu halten. Zum Glück ist es
durchgefallen. Wenn man wie ich gewohnt war, rund um die Uhr einkaufen zu
können, braucht man eine Anlaufstelle, wenn einem mal wieder die Milch
ausgegangen ist. Aber die Schweizer sind natürlich viel zu organisiert, als
dass ihnen so etwas passieren könnte.
    Die Sonntagsruhe treibt allerdings
noch weitere Blüten. So ist es in vielen Wohnhäusern nicht gestattet, am
Sonntag Wäsche zu waschen, die Fenster zu putzen oder irgendwelche
Heimwerkerarbeiten zu machen. Auch Umzüge kommen keinesfalls (!) in Betracht.
Und obwohl es der Tag des Herrn ist, darf man sonntags auch nicht den Planeten
retten. Bevor ich es besser wusste, erledigte ich einmal an einem
Sonntagnachmittag mein Recycling und wurde von einer kleinen alten Dame
energisch zurechtgewiesen. Ich hatte die Schilder am Altglascontainer nicht
gelesen, auf denen steht, dass es nicht erlaubt ist, sonntags (und an den
anderen Tagen abends nach 20.00
Uhr) Glas einzuwerfen, und zwar aus Lärmschutzgründen. Der Himmel helfe dem
armen Sünder, der versehentlich an einem Sonntag ein Glas zerdeppert.
    Für gesetzliche Feiertage gilt
dasselbe wie für Sonntage, zumindest hinsichtlich der Ge- und Verbote. Es gibt
also keinen Schlussverkauf am zweiten Weihnachtsfeiertag, und am Tag der Arbeit
darf nicht Rasen gemäht werden, man kann an Neujahr weder die leeren Flaschen
entsorgen noch einen Familienausflug zum Heimwerkermarkt machen. Erschwerend
kommt hinzu, dass der Tag vor einem Feiertag als Samstag zählt (egal um was für
einen Wochentag es sich handelt, es kann beispielsweise der Gründonnerstag vor
Karfreitag sein) und die Geschäfte daher früher schließen als sonst. Nur wenn
der Tag vor dem Feiertag ein Sonntag ist, gilt das natürlich nicht, der Sonntag
hat selbstverständlich Vorrang.
    Den Schweizern ist das in Fleisch und
Blut übergegangen, aber für Fremde, egal ob sie die Schweiz für eine Woche
bereisen oder ein Jahr lang hier leben, wirkt das sehr verwirrend. So kann es
passieren, dass Museum oder Kaufhaus früher schließen, wenn man am wenigsten
damit rechnet, beispielsweise am Tag vor Mariä Himmelfahrt.
    Man könnte meinen, all diese
richtigen und falschen Samstage und Sonntage lösten im öffentlichen
Personenverkehr Chaos aus. Aber nein, was für ein alberner Gedanke, schließlich
sind wir ja in der Schweiz. Die Züge verkehren an jedem Tag nach demselben
Fahrplan, auch sonn- und feiertags, schließlich sind das exakt die Tage, an
denen viele Menschen reisen wollen. Es gibt für einen Schweizer nichts
Unlogischeres als an den Weihnachtsfeiertagen weniger oder (wie

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