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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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bevor jemand etwas sagen konnte, erhob sich Sir Reynald de Pairaud, sodass ihn jeder sehen konnte, und hob die Hand – die traditionelle Bitte um das Gehör der Versammlung.
    Es fiel Will zu, den Rednern das Wort zu erteilen. Er ließ den Blick über die Versammelten schweifen – die vier Podeste in den vier Himmelsrichtungen, Will als ranghöchster Offizier im Osten, der Präzeptor zu seiner Rechten im Norden, Vizeadmiral de Narremat zu seiner Linken im Süden und gegenüber Bischof Formadieu und seine Sekretäre, die das Protokoll führen würden. Die Bruderschaft selbst saß in ordentlichen Stuhlreihen auf der quadratischen Bodenfläche, und die Angeklagten standen streng bewacht in Ketten an der Seite. Will richtete den Blick wieder auf de Pairaud.
    »Bruder Reynald, der Bruder Präzeptor hat mir mitgeteilt, dass Ihr gern einige Worte an die Brüder richten würdet.«
    »So ist es, Bruder William.« De Pairaud wandte sich den Gefangenen zu, dann wieder Will. »Es geht um den Brief unseres geschätzten Großmeisters, der heute hier verlesen werden soll, Bruder. Normalerweise befasst sich eine Versammlung der Brüder immer zuerst mit eventuellen Disziplinarangelegenheiten, bevor sie sich den allgemeinen Fragen der Gemeinschaft zuwendet.« Zögernd senkte er den Blick auf seine Hände, dann hob er ihn wieder. »Dies ist natürlich nur ein Vorschlag … doch ich würde es für sinnvoll halten, den Brief des Großmeisters jetzt und in Anwesenheit der Angeklagten zu verlesen.« Alle Augen waren nun auf ihn gerichtet, und er räusperte sich. »Seit unserem Aufbruch aus Frankreich haben wir keinerlei Weisung mehr von der Ordensführung erhalten, und ich bin der Meinung, dass wir ihrer dringend bedürfen. Ich weiß, dass dieser Brief unser Bedürfnis nur bedingt erfüllen kann, da er in einer Zeit großer Ungewissheit verfasst wurde. Dennoch ist er eine Botschaft unseres Großmeisters, und ich glaube, dass man es den Angeklagten gestatten sollte, sie zu hören, bevor über sie gerichtet wird. Es ist ja möglich, dass die Worte des Briefes einen Einfluss auf sie und ihr Verhalten ausüben. Das ist alles, was ich sagen wollte.«
    Will erhob sich und nickte.
    »So soll es sein. In Anerkennung der Eloquenz Sir Reynalds wird den Gefangenen dieses Privileg ausnahmsweise gewährt.« Er griff nach der Ledermappe, die auf einem Tischchen neben seinem Stuhl lag.
    »In wenigen Tagen, Brüder, wird es drei Monate her sein, dass wir auf Befehl des Großmeisters aus Frankreich aufgebrochen sind. Doch der Meister hat mir dies mitgegeben und angeordnet, dass es heute geöffnet wird. Hier ist es nun, und da unser Bruder Reynald besser liest als die meisten hier und eine klare, laute Stimme hat, bitte ich ihn, zu mir an die Ostseite zu treten und uns die Botschaft unseres Meisters zu überbringen. Bruder Reynald, würdet Ihr vortreten?«
    Während de Pairaud die Länge des Raumes durchschritt, öffnete Will die Ledermappe und zog ein versiegeltes Päckchen hervor.
    »Bitte überprüft das Siegel und bestätigt, dass es unbeschädigt ist, damit es keine Missverständnisse geben kann.«
    De Pairaud blickte auf die Beschriftung des Päckchens und richtete seine Augen dann mit verblüffter Miene auf Will. »Aber das ist doch für Euch, Sir William. Es ist mit Eurem Namen beschriftet.«
    »Weil ich der Mittelsmann zwischen dem Großmeister und den hier anwesenden Brüdern bin. Öffnet es und lest es ihnen vor. Es wird nichts darin stehen, was sie nicht hören sollen.«
    Der Ritter untersuchte das Siegel, dann hielt er das Päckchen hoch.
    »Brüder, ich habe hier ein versiegeltes Päckchen, das an Sir William Sinclair adressiert ist und das unverletzte Siegel unseres Großmeisters Jacques de Molay trägt. Obwohl es an ihn persönlich gerichtet ist, bittet mich Sir William angesichts der Bedeutung der Ereignisse, es euch von der östlichen Kanzel vorzulesen. Lasst mir also eine Minute Zeit, dann werde ich seinem Wunsch nachkommen.«
    Er schob den Daumen unter das Siegel, das unter dem Druck in kleine Wachssplitter zersprang. Der Inhalt des Päckchens bestand aus drei Teilen, zwei zusammengerollten Pergamentbriefen und einem rechteckigen, dick in Wachstuch gewickelten Päckchen, das erneut mit Wills Namen beschriftet war und tatsächlich nur für seine Augen bestimmt war. Dieses legte de Pairaud gemeinsam mit dem kleineren der Briefe auf das Tischchen, um dann den dickeren Brief auseinanderzurollen und ihn ins Licht zu halten.
    »Nun denn«,

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