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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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unverzeihlich. Es ist hiermit verziehen.«
    »Dann gilt Euch mein Dank. Ihr sollt wissen, dass ich mein Leben nicht wegwerfen will. Von nun an werde ich Gehorsam leisten.«
    »So soll es sein. Wache! Lasst den Gefangenen frei. Ich warte draußen an der frischen Luft«, sagte er zu Martelet, der nur nickte und dann darauf wartete, dass der Wachtposten die Tür zu seiner Zelle öffnete und ihn von den Ketten befreite. Kurz darauf stand er blinzelnd in der Nachmittagssonne und hielt sich die Hände über die Augen, um sie gegen die ungewohnte Helligkeit abzuschirmen. Will ließ ihm Zeit, sich an die Sonne zu gewöhnen, dann führte er den Mann in sein Quartier, wo Tam und Henry die Holzwanne bereits zur Hälfte mit dampfendem Wasser gefüllt hatten.
    »Werft Eure Kleidung dort in die Ecke, dann reinigt Euch im Bad. Seid gründlich und benutzt die Seife. Überall. Es ist medizinische Seife, und sie wird das Ungeziefer in Eurem Haar abtöten. Und habt keine Angst, das Wasser wird Euch weder Eure Kraft rauben noch Euch anfällig für die Listen des Teufels machen. Dort auf dem Stuhl liegen frische Kleider für Euch, diese Schuhe sollten Euch passen … und dort drüben auf dem Tisch liegt eine Schere. Tam wird Euch helfen, Euren Bart zu schneiden, wenn Ihr ihn braucht. Wenn Ihr fertig seid, wird mein Knappe Euch zu mir führen. Ich werde Euch mit Präzeptor de Berenger und mit Bischof Formadieu erwarten. Ihr werdet sie Eurer Reue versichern, und sie werden Euch den Rest Eurer Strafe erlassen.«
    Innerhalb einer Stunde war alles geschehen. In der einfachen Kleidung, rasiert und gekämmt sah Martelet völlig anders aus als der Mann, dem ihre Verachtung gegolten hatte, und das Tribunal hörte sich schweigend sein Reuegeständnis und seine Bitte um Vergebung an. Dann ermahnte man ihn, seine Gelübde nicht noch einmal zu vergessen, und gewährte ihm die Freiheit.
    Martelet war nicht der Einzige, der eine Wandlung durchgemacht hatte. Auch de Montrichard hatte sich im Stillen verändert. Verschwunden war die Unentschlossenheit, die sein Verhalten seit dem Aufbruch aus La Rochelle geprägt hatte; der Ritter, der nun vor Will stand, war durch und durch Präzeptor des Tempels, eine Autoritätsperson, die ihr Amt mit der gebührenden Würde bekleidete. Er war es, der Martelet darauf hinwies, dass man ihn während des folgenden Monats genau beobachten würde und dass ihm ein Vielfaches seiner ursprünglichen Strafe drohte, wenn er sich nicht vorbildlich verhielt. Er ermahnte ihn, sich von nun an streng an die Ordensregel zu halten, und erklärte den Fall für erledigt.
    Die Anwesenden entfernten sich nach und nach, doch als Will das Gemach des Präzeptors verlassen wollte, hielt ihn de Montrichard an der Tür zurück.
    »Darf ich Euch etwas fragen?«
    »Natürlich.«
    Der Präzeptor trat beiseite, um Will durchzulassen, und folgte ihm dann hinaus. »Was glaubt Ihr, wie lange es dauern wird, bis wir hier und in Loch Ranza mit allen Arbeiten fertig sind? Vier Monate?«
    Will sah ihn nachdenklich an. »Hier und in Loch Ranza? Nein, Sir Richard, ich glaube, da seid Ihr zu optimistisch. Wir haben noch viel zu bauen – Unterkünfte, Schutzhütten und Ställe – und müssen das Material dazu erst noch vorbereiten. Wir müssen Trockendocks errichten, um die Kiele unserer Schiffe zu reinigen. Wir müssen den Verpflichtungen des Alltags unserer Gemeinschaft nachkommen und dürfen die militärische Ausbildung der Männer nicht vernachlässigen. Nein, mein Freund, glaubt mir – wenn wir in sechs Monaten fertig sind, können wir uns glücklich schätzen.«
    Sie hatten die Tür zum Refektorium erreicht und stellten fest, dass sie zu spät kamen, denn einer der Brüder trug der schweigenden Versammlung bereits die Lesung des Tages vor. So verstummten sie und legten still den Weg zu ihren Plätzen zurück.

Die Litanei der Sünden
1
    J
    ESSIE RANDOLPH SASS auf einem Felsvorsprung, der das Tal des Nith überblickte. Der Fluss schlängelte sich auf seinem Weg zum Solway Firth und der englischen Grenze friedlich zwischen den Hügeln hindurch, und die Stille des Sommernachmittags wurde nur vom Gesang einer einzelnen Drossel und den Rufen der spielenden Kinder hinter ihr auf dem Hügel unterbrochen.
    Sie trug das, was sie selbst als ihre Skandaltracht bezeichnete – Männerkleidung, die für das raue Gelände besser geeignet war als lange Röcke und züchtige Überkleider und die sie aus Frankreich mitgebracht hatte –, eine lange Hose aus feinem

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