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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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ein Duftsäckchen mit getrockneten Rosen- und Lavendelblüten, Nadel und Faden in einem flachen Ebenholzetui aus einem fernen Land, einen handtellergroßen Silberspiegel in einem Samtbeutel …
    »So, Madame, fertig. Niemand wird bemerken, dass Ihr Euch in aller Hast frisiert habt. Nur die Stiefel …«
    »Die Stiefel sind sehr bequem, und niemand wird sie sehen.«
    Jessie erhob sich und griff nach dem Handspiegel, den Marie ihr hinhielt. Sie blickte kurz hinein und nickte dankbar. »Ihr seid ein Wunder, Marie. Jetzt reicht mir mein Täschchen, und dann gehen wir unsere Gäste begrüßen.«

2
    D
    IE ERSTEN REITER betraten gerade hufeklappernd den Hof, als Jessie aus der Tür kam. Sofort machte sie den jungen Stellvertreter des Königs unter ihnen aus und erwiderte sein Grinsen mit einem Lächeln.
    »Lady Jessica!«, rief er ihr entgegen. »Welch seltenen Anblick Ihr doch einem müden Reisenden bietet.« Er trieb sein Pferd dicht vor sie hin, ließ sich aus dem Sattel gleiten und beugte sich über ihre Hand. »Mylady, Ihr müsst mir meine unangekündigte Ankunft verzeihen, doch ich hatte keine andere Wahl. Wir sind vor zwei Tagen auf englische Truppen gestoßen, die uns zahlenmäßig weit überlegen waren, also haben wir lieber Fersengeld gegeben.« Er lächelte zwar, als er das sagte, doch Jessie wusste, wie ernst es ihm war. König Robert hatte seinen Offizieren ausdrücklich verboten, sich auf Kämpfe mit dem Feind einzulassen. Obwohl dies eine kluge Anordnung war, stieß sie bei vielen seiner langjährigen Kommandeure auf Widerstreben – und Douglas zählte zu seinen fähigsten und leidenschaftlichsten Männern, sodass sie nur raten konnte, was es ihn gekostet hatte, »Fersengeld zu geben«.
    Sie lächelte und nickte. »Dann seid Ihr hier herzlich willkommen, Mylord Douglas. Sind sie noch hinter euch her?«
    »Die Engländer?« Er lachte. »Nein, Mylady, sie suchen uns Meilen von hier entfernt am anderen Ende Galloways. Wir sind ihnen im Moor entwischt und haben sie auf eine falsche Fährte gelockt. Ich würde sie doch nicht hierherführen. Aber ich habe Euch jemand anderen mitgebracht.«
    Er wies mit dem Daumen hinter sich, und Jessie blickte in die Richtung, in die er zeigte. Inzwischen hatten sich gut vierzig Männer auf dem Hof gesammelt und abzusteigen begonnen, doch einer von ihnen hielt sich ein wenig abseits – ein hochgewachsener Mann, der ihr den Rücken zukehrte, während er den Blick über den Hof schweifen ließ.
    »Er ist ein wenig schüchtern«, erklärte James, dann rief er: »Thomas, wollt Ihr denn unsere Gastgeberin nicht begrüßen?«
    Der Mann schien zu erstarren. Dann wandte er sich langsam um, und Jessie konnte sehen, wie sein Gesicht rot wurde, als Douglas ihn zu sich rief.
    Jessie klappte der Mund auf, als der Fremde nun verlegen den Blick auf sie richtete.
    »Thomas?«, flüsterte sie, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch. Dann ein wenig lauter: »Thomas, bist du das wirklich?«
    Der Mann nickte, dann trat er langsam weiter vor, und in seinem blassen Gesicht brannte das Blut. »Tante Jessie«, sagte er. »Bitte verzeih mir. Vielleicht möchtest du mich ja lieber nicht unter deinem Dach haben.«
    »Mein Dach? Wovon redest du? Es ist dein Dach, Thomas, und dein Haus. Aber du warst doch … Ich dachte … Wie kommt es, dass du hier bist?«
    Sir Thomas Randolph, der Sohn ihres ältesten Bruders, der durch eine Halbschwester auch mit dem König verwandt war, kam näher, sein Gesicht eine Studie des Elends und der Scham. »Du hast gedacht, ich bin in England und spiele den willigen Vasallen für Plantagenet – ein Verräter an meiner Heimat und meiner Familie. War es das nicht, was du sagen wolltest?«
    Jessie holte tief Luft, bevor sie protestierte. »Ja und nein. Natürlich dachte ich, du wärst in England – als Gefangener, ein Opfer der Schlacht von Methven. Doch ein Verräter? Nein. Dieser Gedanke ist mir nie gekommen. Ein Mann, der den Namen Thomas Randolph trägt, kann kein Verräter sein. Schluss also mit dem Selbstmitleid, denn es steht dir nicht. Heraus mit der Sprache: Wie kommt es, dass du hier bist.«
    Doch bevor er antworten kann, begann Jamie Douglas, seinen Männern Befehle zuzurufen, und Jessie wandte sich zu ihm um.
    »Wie viel Mann seid ihr, Sir James?«
    »Insgesamt vierundvierzig, Mylady.«
    »Dann können wir allen ein Dach über dem Kopf bieten. Wir haben vier Hütten mit jeweils zwölf Betten hinter dem Hof und Weideplatz für eure Pferde. Ich lasse euch

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