Der Schwur der Ritter
antwortete Tam. »Sie holt uns frisches Bier, denn der Krug auf dem Tisch war leer.«
»Danke, Tam«, sagte Jessie und lächelte. »Aber setzt Euch doch. Es wird langsam Abend, und Hector wird uns Feuer machen.«
»Danke, Mylady, doch ich kann nicht bleiben. Ein Schluck Ale, um mir die Kehle anzufeuchten, dann muss ich fort.«
»Um diese Tageszeit? Wohin wollt Ihr denn?« Dann sah sie, wie Will die Augenbrauen hochzog, kam ihm jedoch zuvor. »Verzeiht mir; ich weiß, dass es mich nichts angeht. Es war nur Neugier, die mich zu der Frage bewogen hat.« Oh, Will, habt Ihr Euch denn gar nicht geändert?
Doch Will überraschte sie, indem er an Tams Stelle antwortete. »Er muss in meinem Auftrag fort, Mylady … und für den König. König Robert hat mich angewiesen …«
Er verstummte, denn Marjorie trat ein. Sie umklammerte einen schweren Holzkrug, mit dem sie sichtlich zu kämpfen hatte.
Tam eilte ihr zur Hilfe. »Gebt schon her, Kleine – und danke für die Mühe.« Er grinste. »Ein kleinerer Krug hätte auch gereicht.«
Das Mädchen erwiderte sein Lächeln und raffte die Röcke zu einem Hofknicks. »Das hätte ich nicht gewagt, Sir«, sagte sie. »In diesem Haus hat noch nie ein Gast Durst gelitten.«
»Und gewiss auch keinen Hunger.« Tam trug den Krug zum Tisch und schenkte sich und Will ein, bevor er sich an Jessie wandte. »Mylady, trinkt Ihr auch etwas?«
Sie sah Will an. »Müsst Ihr noch etwas unter vier Augen besprechen – oder seid Ihr fertig?«
Will schüttelte den Kopf. »Nein, Madame, Ihr könnt gern bleiben.«
»Gut. Dann nehme ich dankend an, Tam.« Dann wandte sie sich an Marjorie. »Du, junge Dame, hast oben zu tun, und Marie erwartet dich. Bitte schicke uns Hector, wenn du ihn unterwegs siehst.«
Marjorie knickste noch einmal und wandte sich lächelnd ab.
Will sah Jessie fragend an. »Das ist die Nichte, von der Ihr mir damals geschrieben habt?« Jessie nickte. »Wie schnell doch aus Kindern Leute werden.«
»Nun, dieser Brief ist ja auch fast fünf Jahre her. Bitte, die Herren, setzt euch doch.«
»Danke, Mylady. Nun lasst mich beenden, was ich sagen wollte, als Eure Nichte hereingekommen ist. König Robert hat mich gebeten, nach St. Andrews zu reiten, um dort mit seinem Berater Nicholas Balmyle zu sprechen.«
»Oh, ich kenne Nicholas gut. Seid Ihr ihm schon einmal begegnet?« Will schüttelte den Kopf. »Ein ungewöhnlicher Kirchenmann, der keine Angst hat auszusprechen, was er denkt. Der König schätzt seinen Rat sehr.«
»Aye, das hat er mir auch gesagt. Doch Nicholas wird nicht mehr lange in St. Andrews bleiben. Daher schicke ich Tam und Mungo voraus, um ihm mein Kommen anzukündigen. Doch dann …« Er brach ab und runzelte die Stirn. »Madame, ich habe eine große Bitte an Euch. Wäre es möglich, dass Ihr Euch um meinen Neffen kümmert, während ich weiterreite? Es scheint mir eine Zumutung zu sein.«
»Ihr werdet ihn selbstverständlich hierlassen, und wir werden uns mit Freuden um ihn kümmern. Jede Alternative wäre völlig undenkbar, und damit ist alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt.«
Es klopfte diskret, die Tür öffnete sich einen Spalt, und der Verwalter steckte den Kopf herein. »Ihr habt mich rufen lassen, Mylady. Soll ich Feuer machen?« Jessie nickte wortlos, und der Verwalter öffnete die Tür ganz, um zwei weitere Männer einzulassen. Einer von ihnen trug eine dicke brennende Kerze in einem Halter, der andere einen Blasebalg.
Tam Sinclair leerte seinen Becher, erhob sich und bat Will um die Erlaubnis, sich entfernen zu dürfen. Dann verneigte er sich vor Jessie und dankte ihr für die Gastfreundschaft, nickte Will zu und ging.
Jessie und Will sahen schweigend zu, wie sich Hector und seine Männer um das Feuer kümmerten und sich wieder entfernten. Danach füllten sie ihre Becher wieder und setzten sich vor den Kamin.
Will hob den Becher an die Lippen und nickte anerkennend.
»Das ist gutes Bier. Habt Ihr einen Braumeister unter Euren Pächtern?«
»Aye, Hector. Doch nun, da Euer Neffe auf dem Weg der Besserung ist, sagt mir, Sir William, was gibt es Neues in der Welt?«
Er zögerte kurz, als würden ihn seine nächsten Worte große Überwindung kosten. »Nun, Mylady … Jessie. Euer Schwager Admiral de St. Valéry ist tot.«
Was auch immer sie zu hören erwartet hatte – das war es nicht. »Aber wie … woher wisst Ihr das? Es ist ja keine Überraschung, doch die Gewissheit, mit der Ihr es sagt, kann nur eines bedeuten …«
»Dass uns einer
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