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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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und Inselbewohner, und Will wurde allmählich benommen zumute. Tam Sinclair und Mungo MacDowal standen mit dem Rücken zur Wand an der Eingangstür und beobachteten das Geschehen.
    Will überließ de Berenger seinem Gespräch mit einigen Schotten, die Französisch sprachen, und ließ den Blick noch einmal durch den Raum schweifen. Einige der Männer hatten ihn ausgesprochen positiv beeindruckt. Einer war ein Highlander, der Clanshäuptling der Campbells von Argyll, der sich gerade mit einem von Douglas’ Kommandeuren unterhielt, einem hochgewachsenen, breitschultrigen Mann, der dem Aussehen nach mit Robert Boyd von Noddsdale verwandt war – und auch sein Namensvetter war, Robert Boyd von Annandale.
    »Ihr seid ja so nachdenklich, Sir William. Soll ich den Raum räumen lassen, damit Ihr Eure Ruhe habt?«, sagte eine klangvolle französische Stimme an seiner Seite.
    Will drehte sich verblüfft um und sah James Douglas neben sich stehen.
    »Ich bitte um Verzeihung, Sir James. Ich habe vor mich hin geträumt – etwas, das ich mir wirklich abgewöhnen sollte.«
    »Oh, das würde ich an Eurer Stelle nicht tun«, sagte Douglas und lächelte ihn offen an. »Diese Fähigkeit, sich inmitten des Geschnatters so vieler Zungen in seinen Gedanken zu verlieren, ist selten und kostbar. Besäße ich eine solche Gabe, würde ich sie hüten wie einen Schatz.« Der junge Schotte legte den Kopf schief, und sein Blick fiel auf das Medaillon, das William um den Hals trug.
    »Das ist ein schönes Stück«, sagte er, »und es sieht kostbar aus. Was bedeutet es?«
    Will hob die Hand an seine Brust, wo das rote Emailkreuz auf weißem Untergrund an einer schweren Silberkette mit fingerdicken Gliedern hing. »Es ist mein Rangabzeichen innerhalb des Ordens – das Emblem, das die Ratsmitglieder tragen, manche sagen auch die Mitglieder des inneren Tempels. Es kennzeichnet den Träger als bevollmächtigten Stellvertreter des Großmeisters.«
    »Wirklich eine schöne Arbeit«, sagte Douglas und nickte Will zu. »Kommt, gehen wir ein Stück. Vielleicht hat es ja aufgehört zu regnen, und die frische Luft wird uns guttun.«
    Sie setzten sich in Bewegung, und Sir William stellte dem jungen Mann die Frage, die ihm schon länger auf der Zunge brannte. »Ich staune über Euer Französisch, Sir James. Es ist absolut makellos – wo habt Ihr es gelernt?«
    Douglas lachte. »In Frankreich natürlich, wo sonst? Ich habe als Junge fünf Jahre in Paris gelebt.«
    Fast hätte Will geantwortet, dass er ja auch jetzt kaum mehr als ein Junge war, doch er verkniff es sich. Douglas öffnete ihm die Tür und winkte die Wachtposten beiseite, die vortraten, um ihm zur Hand zu gehen. Nach ein paar Stufen blieb er auf der Außentreppe stehen und sah sich um. Es war zwar noch kalt und windig, doch es hatte aufgehört zu regnen, und die letzten Wolken, die verstreut am Himmel hingen, leuchteten in der Spätnachmittagssonne. Beide Männer holten tief Luft.
    Dann fuhr der junge Ritter fort. »Ich bin vor drei Jahren heimgekehrt, kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag.«
    »Was hat Euch denn nach Frankreich geführt?«
    »Nicht was, Sir William – wer. Es war Edward Plantagenet. Er hat sich gern als Malleus Scottorum bezeichnet, als der Schottenhammer. Und ihm gefiel der Gedanke nicht, dass zwar mein Vater tot war, ich aber nicht.« Er sah William von der Seite an, und sein Gesicht verzog sich zu einem humorlosen Grinsen. »Er hieß genau wie Ihr – Sir William Douglas –, und er war ein Rebell und ein großer Freidenker. Er ist im Londoner Tower gestorben, es heißt, weil er das Leben hinter Gittern nicht ertragen konnte. Andere sagen, er ist verrückt geworden. Und dann hält sich das Gerücht, Edward hätte ihn ermorden lassen. Die Wahrheit werde ich wahrscheinlich nie erfahren. Jedenfalls hat mich meine Familie daraufhin nach Frankreich geschickt, um mich dort in Sicherheit weiterschulen zu lassen, und ich habe fünf wichtige Jahre im Haushalt William Lambertons verbracht, des Erzbischofs von St. Andrews und Primas von Schottland. Kennt Ihr den Erzbischof?«
    Will schüttelte den Kopf. »Ich habe schon von ihm gehört, doch begegnet bin ich ihm noch nie.«
    Douglas ging weiter, die Treppe hinunter und über den ungepflasterten Hof bis zu dem Erdwall vor der Frontpalisade aus frisch gefällten Baumstämmen. Sie waren nicht allein im Freien, und so ging er weiter bis zu einer Stelle, an der sie von der Spitze des Erdwalls auf die ganze Bucht hinunterblicken konnten.

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