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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Will legte die Hand auf einen der angespitzten Palisadenpfähle.
    »Woher kommen die Baumstämme?«
    »Die Engländer haben sie im Hochland im Westen der Insel gefällt und hierhertransportiert. Dort war einmal ein Wald, bis sie alle großen Bäume gefällt haben. Sie müssen das Holz auf dem Wasserweg hergebracht haben …« Er verstummte und verschränkte die Arme vor der Brust, dann sah er Will abschätzend an. »Sagt mir, Sir William, wie kommt es, dass ein Ritter einen höheren Rang einnimmt als der Admiral des Ordens?«
    Will lächelte. »Wie schon gesagt, Sir James, ich bin Ratsmitglied und wurde von Großmeister Sir Jacques de Molay persönlich hierhergeschickt.«
    »Warum seid Ihr dann hier, Sir William, in König Roberts Schottland, in Begleitung des Admirals der Templerflotte? Ihr könnt offen sprechen, denn es kann uns niemand hören, und ich habe auf Arran den Oberbefehl.«
    Will sah den jungen Mann an, während er sich seine nächsten Worte zurechtlegte. »Ich werde es Euch offen sagen. Vorher jedoch möchte ich Euch höflich bitten, einige Fragen zu beantworten, mit denen ich Euch vielleicht zu nahe trete.« Der junge Mann nickte. »Wie kommt es, dass Ihr das Kommando auf Arran habt?«
    »Da es König Robert so gefällt, habe ich das Kommando im ganzen Südwesten. Arran habe ich im Januar dieses Jahres übernommen – sowohl die Insel als auch den Titel. Wir waren hier, um Vorräte zu stehlen, und haben die englische Garnison beim Bau des Forts erwischt. Wir haben sie hinausgeworfen, die Schiffe an uns gebracht, die ihnen Nachschub bringen sollten, und haben Arran zum Teil des Reiches von Schottland erklärt. Was es seit König Alexanders Sieg über Haakon und seine Norweger vor vierzig Jahren in Larg ohnehin schon ist. Möglich, dass die Engländer zurückkommen werden, doch wir werden auf sie vorbereitet sein, und sie werden nicht mehr so übermütig sein wie früher. Dem König sind in den letzten Monaten einige bemerkenswerte Vorstöße gelungen.«
    »Wo habt Ihr denn Eure Gefangenen einquartiert?«
    »Welche Gefangenen?«
    »Ich dachte …« William hielt inne und wählte seine Worte mit großer Sorgfalt. »Ihr habt sie gehen lassen? Nach England?«
    »Nein. Wir haben niemanden gefangen genommen.«
    »Ihr … habt niemanden gefangen genommen.« Im ersten Moment verschlug es Will die Sprache, doch dann räusperte er sich. »Verzeiht mir, Mylord Douglas, doch Ihr erscheint mir furchtbar jung für einen solchen …«
    »Was, Zyniker?«
    »Ich wollte sagen für einen solchen Akt der Gnadenlosigkeit.«
    »Ah. Gnadenlosigkeit.« Wieder grinste der junge Mann, dasselbe humorlose Grinsen, das seine Worte über seinen Vater begleitet hatte. »Wann seid Ihr das letzte Mal in Schottland gewesen, Sir William?«
    »Vor über zwanzig Jahren.«
    »Und Ihr habt diese Zeit in Frankreich verbracht?«
    »Die jüngere Vergangenheit ja. Doch ich habe in der ganzen Welt gedient, bevor … bevor wir das Heilige Land verloren haben.«
    »Und wie gut seid Ihr während dieser Zeit über das Geschehen in Schottland im Bilde gewesen?«
    Will zuckte mit den Achseln. »Meine jüngere Schwester hat mir regelmäßig geschrieben.«
    »Ich verstehe … Nun, Sir, glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass Schottland in dieser Zeit Grausamkeiten erlebt hat, wie sie selbst im Heiligen Land selten gewesen sind. Unverzeihliche Grausamkeiten an Hilflosen, die in diesem kleinen Königreich durch einem Mann verübt wurden, der einmal als der bedeutendste Ritter der Christenwelt gegolten hat. Edward von England hat mich und die Meinen alles darüber gelehrt, wie man Gnade walten lässt, und seine Barone und ihre Armeen haben mein Wissen noch vermehrt. Ihr haltet mich für gnadenlos. Nun, ich gebe zu, dass ich das bin. Denn ich habe in einer harten Schule gelernt, dass es uns nichts als Verachtung und letztlich den Tod einbringt, wenn wir gegen diesen Feind Gnade walten lassen. Die Engländer achten unser Volk nicht. Für sie sind wir Ungeziefer, und genauso behandeln sie uns, indem sie uns nämlich in Scharen lebendig verbrennen, vergewaltigen, hängen und abschlachten.«
    Douglas hob die Hand, als wollte er sich jeden Widerspruch verbitten. »Ich weiß, was Ihr jetzt denkt. Ihr glaubt, ich verletze den Ehrenkodex eines Ritters. Doch in Schottland gibt es keine Ritterlichkeit, mein Freund – zumindest nicht unter den Engländern. Oh, natürlich berufen sie sich darauf, wenn sie von dem berichten, was sie als unsere Schandtaten bezeichnen.«

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