Der Schwur der Ritter
uns treffen. Robert hat ihm geglaubt, und wir haben uns in das nahe gelegene Dörfchen Methven zurückgezogen. Dort sind sie in der Nacht über uns hergefallen. Es war ein gemeiner Überfall, der nichts mit den Gesetzen des Krieges – oder gar der Ritterlichkeit – zu tun hatte. Wir haben Hunderte guter Männer verloren. König Robert wurde schwer verwundet und ist knapp mit dem Leben davongekommen. Ich habe geholfen, ihn in Sicherheit zu bringen. Sobald wir davon ausgehen konnten, dass der König überleben würde, haben wir uns nach Inverness durchgekämpft. Dort wurde der König von seinen Frauen erwartet.«
»Seinen Frauen? «
Douglas nickte. »Aye. Die Königin war mit seiner Tochter und seinen Schwestern dort, außerdem die Gräfin von Buchan, die ihn gekrönt hat – sie entstammt dem Clan MacDuff, der den Königen Schottlands schon seit den Tagen Kenneth MacAlpines die Krone aufsetzt.«
»Es wundert mich, dass der König seine Frauen mit auf einen Kriegszug nimmt.«
»Wo hätte er sie lassen sollen? Der Süden war entweder in der Hand der Engländer oder der Comyns.«
»Und dann?«
»Dann wurden wir verraten. Keine zwei Wochen nach unserem Aufbruch aus Inverness sind wir in Glenfillan in eine Falle geritten. Alexander MacDougall, ein angeheirateter Verwandter der Comyns, hat uns dort mit tausend Mann erwartet. Wir haben uns unter schweren Verlusten freigekämpft. Etwa ein Dutzend von uns sind mit dem König zu Fuß geflüchtet; die Frauen haben sich mit den Pferden in Sicherheit gebracht und wurden von einer Eskorte nach Kildrummy in der Grafschaft Mar begleitet, darunter auch der Bischof von Moray und Sir Robert Boyd.«
»Wann ist das gewesen?«
»Letztes Jahr im Juli.«
»Und der König …?«
»Bettelt seitdem im Norden und auf den Inseln um Rückhalt und erleidet einen Schicksalsschlag nach dem anderen.«
»Schicksalsschlag?«
Douglas wandte den Blick ab und schwieg einen Moment, ehe er fortfuhr. »Drei seiner vier Brüder sind von schottischen Adeligen verraten und zu Edward nach England geschickt worden, wo sie grausam hingerichtet wurden. Seine Gemahlin, Königin Elizabeth, seine Tochter Marjory, seine Schwestern Mary und Christina und die Gräfin von Buchan sind John Comyn, dem Grafen von Ross, in die Hände gefallen und wurden ebenfalls nach England geschickt. Die Königin hält man irgendwo in Nordengland gefangen. Obwohl sie erst dreizehn ist, hat man Prinzessin Marjory in einem offenen Käfig an die Außenmauer des Londoner Towers gehängt. Lady Mary Bruce hängt in einem ähnlichen Käfig an der Burgmauer von Roxburgh, die Gräfin Buchan in Berwick, und die andere Schwester des Königs hat man in ein Kloster gesperrt.«
»Grundgütiger! Und das ist alles Edwards Werk? Doch jetzt, da er tot ist …«
»… hat sich nichts geändert, und das wird es auch nicht. Edward von Caernarvon mag zwar nicht der Mann sein, der sein Vater war, doch sein Hass ist genauso groß. Er hat sein Land im August mit nahezu zweihunderttausend Mann verlassen. Gott sei Dank jedoch hatte man seine Krönung für September angesetzt. Er war zu spät aufgebrochen und musste unverrichteter Dinge wieder aus Schottland abziehen. Es heißt, dass er im Moment in England mit seinen Baronen streitet, doch eines Tages werden sie zurückkehren. So jedoch blieb König Robert immerhin etwas Zeit, um sein Reich von den Verrätern zu säubern oder zumindest Waffenstillstände auszuhandeln. Dann ist er durch den Great Glen marschiert und hat die Burg von Inverness eingenommen – sein erster derartiger Sieg seit der Krönung. Alle anderen Burgen im Reich sind in englischer Hand.«
Sinclair war überwältigt von dem, was er da hörte – was für eine Familientragödie Bruce doch erlitten hatte, was für Rückschläge als König. Er schüttelte ungläubig den Kopf, und Douglas fuhr leise fort.
»Die familiären Verluste haben ihn schwer getroffen, doch sie haben ihn auch gestärkt. Einen Geringeren hätten sie vielleicht in die Knie gezwungen, ihn zu blindwütigen Racheakten getrieben. Doch er sieht sich vor allem als Monarch, der für sein Volk verantwortlich ist, und erst dann denkt er an sich selbst, seine Familie und seine Freunde. Und jetzt sieht es so aus, als würde sich das Blatt wenden. Noch nicht genug für einen Sieg, doch wir haben ein paar Scharmützel gewonnen, immer mehr Menschen stellen sich hinter uns – nicht die großen Adelsherren, sondern das einfache Volk –, und irgendwann wird er den Angriff gegen
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