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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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zu sagen.
    In der Hütte lagen drei Strohmatten. Tische, Schränke oder Stühle schien es nicht zu geben. An der Wand standen zwei geflochtene Körbe. Eok öffnete einen davon und nahm einen braunen, langärmligen Kittel mit bunter Stickerei heraus. »Hier, Menschenkind. Das ist im Wald nützlicher als dein blaues Wams.«
    Sonja überlegte und zog dann den Kittel über ihrer Jacke an. Das Kleidungsstück war überraschend warm und weich und reichte ihr bis zu den Knien. Ja, damit würde sie nicht mehr so sehr frieren! »Danke, Eok!«
    Eok gab ihr außerdem einen geflochtenen Gürtel, und dann holte er noch etwas aus dem Korb: ein Messer mit einer bestimmt fünfzehn Zentimeter langen Klinge in einer Ledertasche mit Schlaufe. »Hier. Zieh den Gürtel durch die Schlaufe.«
    Sonja starrte ihn erschrocken an. »Aber ich kann doch gar nicht mit einem Messer umgehen!«
    »Dann musst du es lernen. Ohne Messer kommst du nicht weit.«
    Er half ihr, die Tasche sicher zu befestigen. Das Messer fühlte sich seltsam schwer und lästig an, und Sonja wusste nicht so recht, was sie von diesem Geschenk halten sollte. Erwartete Eok von ihr, dass sie damit auf die Jagd ging? Dann würde sie sofort verhungern. Aber sie fand nicht die Worte, um das Messer abzulehnen, und dann war der richtige Augenblick vorbei. Eok begleitete sie wieder nach draußen und musterte sie zufrieden. »Gut. Jetzt siehst du nicht mehr fremd aus, Menschenkind. Das Kleine Volk wird dich nun erkennen, und die Soldaten auf der Ebene werden dich nicht sehen.«
    Sonja hatte nicht die Absicht, sich von den Soldaten sehen zu lassen – auch wenn das auf einem pechschwarzen Einhorn mit silberner Mähne und silbernem Schweif vielleicht nicht so einfach sein würde. Etwas unschlüssig stand sie da, aber dann gab sie sich einen Ruck. Sie konnte nicht für immer hier stehen bleiben, und Eok schien sie nicht zum Bleiben auffordern zu wollen. »Ich glaube, ich gehe dann jetzt. Danke, Eok.«
    »Die Göttin möge dich schützen, Menschenkind«, sagte Eok lächelnd.
    Sonja drehte sich um und stapfte zu Nachtfrost hin. Er nahm das Maul aus dem Schnee und schnupperte an ihrem Kittel. Schnee zitterte auf seinen Barthaaren am Maul.
    »Also los«, sagte sie und merkte, dass ihre Stimme zitterte. »Zu den Lindwurmsoldaten.«
    Nachtfrost stupste sie liebevoll mit dem Maul an. Sie griff in seine Mähne, spürte das mittlerweile vertraute Schwindelgefühl und saß gleich darauf oben. Irgendwann würde sie lernen, ohne Hilfe auf seinen Rücken zu kommen. Schließlich würde sie ja nicht ewig zwölf Jahre und klein bleiben.
    Unwillkürlich trieb sie ihn an. Er schreckte ein wenig hoch – bisher hatte sie es ihm überlassen, in welcher Geschwindigkeit sie sich bewegten. Aber dann trabte er wie ein gut erzogenes Reitpferd los. Warum auch nicht? In Asariés Zuchtstall war er ja bestimmt auch richtig geritten worden, statt nur auf der Weide herumzutoben. Ob die Zureiter wohl gewusst hatten, was für ein Pferd sie da an Sattel und Trense gewöhnten? Aber vielleicht hatte er ja auch nie einen Sattel getragen und sich gegen jede Trense gewehrt … sie konnte sich Nachtfrost nicht als gewöhnliches Reitpferd vorstellen, und eigentlich war sie auch viel zu müde, um darüber nachzudenken.
    Sie schaute sich noch einmal nach dem Kleinen Volk um. Eok stand am Feuer und blickte ihr nach. Sie winkte und er winkte zurück.
    Dann blickte sie wieder nach vorne und vergrub die Hände in Nachtfrosts dichter Mähne. Ein paar winzige Schneeflocken trieben im kalten Wind, aber sie fror nicht; ihr neuer Kittel war wirklich wunderbar warm. Nachtfrost kletterte den Hügel hinauf. Oben hielt Sonja ihn noch einmal an. Ein letztes Mal sah sie zurück, aber sie konnte Eok nicht mehr erkennen.
    Sie holte tief Luft. »Also schön. Auf nach Chiarron!«

D
er Herrscher von Chiarron
    Als hätte Nachtfrost nur auf diese Worte gewartet, fiel er in Galopp. In einer Wolke aus Schnee stob er den Abhang hinunter, setzte federleicht über Felsen und umgestürzte Bäume und galoppierte zwischen den Bäumen hindurch, sodass Sonja sich tief über seinen Hals beugen musste, um nicht von einem schneebedeckten Ast heruntergefegt zu werden.
    Schon ging es wieder bergauf. Nachtfrost wurde nicht einmal langsamer. So mühelos, als liefe er über die Steppe, flog er den Hang hinauf und übersprang jedes Hindernis. Sonja konnte die Festung nicht mehr sehen, doch nachdem Nachtfrost auch diesen Berg überquert hatte, galoppierte er durch ein

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