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Der Seelenfänger (German Edition)

Der Seelenfänger (German Edition)

Titel: Der Seelenfänger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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und dann ist Rosie gekommen … äh, das ist meine Assistentin, und hat ihn vertrieben.«
    Wolf runzelte die Stirn. »Wie war doch gleich der Name Ihrer Assistentin?«
    Edison räusperte sich und fuhr sich mit der Hand in den Kragen, so als ob es ihn gerade jetzt dort juckte. »Ich, ähm, nun ja, wenn Mrs Edison davon erführe … Kurz, der Haussegen hinge schief, wenn der Name dieser, äh, Person, in die Presse gelangen würde.«
    »Ich verstehe. Seien Sie unbesorgt. Und wie hat Ihre … Assistentin den Dibbuk vertrieben?«
    »Mit einem Schraubenzieher und, äh, einem Kaugummi.«
    Wolf lächelte. »Das höre ich zum ersten Mal, dass jemand einen Gewalttäter mit einem Kaugummi in die Flucht schlägt. Die Polizei könnte von Ihrer Assistentin noch etwas lernen.«
    »Ja, Sie ist ein ganz erstaunliches Mädchen! Und sehr gesittet. Daher schickt es sich nicht, sie in eine polizeiliche Ermittlung zu verwickeln. Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn sie …«
    Wolf schaute Edison wieder stumm und durchdringend an. Zwischen den beiden Männern schien auf diese Weise ein stilles Einvernehmen entstanden zu sein. Sascha grinste verstohlen. Er hatte den Eindruck, dass Edison künftig viel kooperativer sein würde.
    Dann durchsuchten sie das Laboratorium. Sascha hatte sich schon darauf gefreut. Schließlich war Maximilian Wolf der beste Inquisitor der New Yorker Polizei. Den Tatort eines Zauberverbrechens zu untersuchen, gehörte zu den vornehmsten Pflichten eines Inquisitors. Sascha hoffte daher, von Wolfs Vorgehen viel lernen zu können.
    Daraus wurde aber nichts.
    Soweit Sascha das beobachten konnte, sammelte Wolf nur einen angetrockneten limettengrünen Kaugummi und eine lange rötliche, gelockte Haarsträhne ein. Dass er sie überhaupt gefunden hatte, schien er dem Zufall zu verdanken, denn die meiste Zeit über starrte er nur Löcher in die Luft, so als wäre er mit seinen Gedanken ganz woanders. Ja, Sascha war sich nicht einmal sicher, ob Wolf die Fundstücke für Indizien hielt, denn er ließ sie einfach nur in seiner Tasche verschwinden. Vielleicht wollte er Edison auch bloß beim Aufräumen helfen.
    Am Ende war es Sascha, der den entscheidenden Hinweis fand. Aus dem Dunkel unter dem Apparat schimmerte etwas silbern hervor. Ohne nachzudenken, kauerte sich Sascha in den Staub und tastete danach.
    Mit einem leisen »Pling«, löste sich der Gegenstand, und Sascha hielt ein silbernes Medaillon in der Hand. Auf der Vorderseite war ein Motiv aus Blüten und Blättern eingraviert, auf der Rückseite stand »Für Ruthie von Danny« auf Jiddisch. Auch ohne den Deckel des Medaillons zu öffnen, wusste Sascha, was darin verborgen lag: ein Liebesknoten aus drei Babylocken.
    Fassungslos starrte er auf das Medaillon in seiner Hand.
    Er hörte kaum, wie Lily hinter ihm näher kam und sagte: »Oh, schauen Sie mal, was Sascha gefunden hat!«
    »Scharfe Augen. Gut gemacht!«, lobte ihn Wolf.
    Sascha murmelte etwas, aber in seinem Kopf drehte sich alles, und er wusste gar nicht, was er sagte. Wolf trat zu ihm und griff nach dem Medaillon, doch ohne dass Sascha es gewollt hätte, schloss er seine Hand darum.
    Einen Augenblick lang rührte sich keiner. In Saschas Ohren dröhnte es, wie wenn sich eine U-Bahn näherte. Offenbar sprachen Wolf und Lily zu ihm, aber sie schienen ihm beide weit weg.
    Im nächsten Augenblick zwang ihn etwas, Wolf ins Gesicht zu sehen. Ihre Blicke begegneten sich. Wolfs Augen waren so farblos, dass sie fast durchsichtig wirkten. Sascha kam sich vor wie ein Kaninchen in den Krallen eines arktischen Raubtieres.
    Dann löste sich die Schreckensstarre. Wolf sprach mit seiner normalen Stimme. »Sascha? Ich muss mir das mal anschauen, ja?«
    Sascha öffnete die Hand und ließ Wolf das Medaillon nehmen.
    Wolf betrachtete es von allen Seiten, studierte die Inschrift und öffnete auch den Sprungdeckel, um ins Innere zu schauen. »Das ist Jiddisch. Kannst du das lesen?«
    »Nein«, stieß Sascha in panischer Angst hervor.
    Und das war seine zweite Lüge.

10   Die Magd der Wissenschaft
    Auf dem Weg hinaus war Sascha immer noch so durcheinander, dass er gar nicht mitbekam, was Wolf vorhatte. Erst nachdem sie einige Minuten in der Nähe des Parkeingangs gestanden hatten, begriff er, dass Wolf offenbar auf jemanden wartete. Und wer das war, wurde klar, als Thomas Edison eiligen Schritts an ihnen vorbeilief.
    Wolf grinste geradezu wölfisch, dann nahm er Edisons Verfolgung auf. Der Erfinder führte sie auf der

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