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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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erneuern sollt. Aber auch die Nacht des Gerichts. In der kund werden wird, dass man nicht ungestraft Treue verachten und Vertrauen mit Füßen treten darf. Denn es sind Dinge geschehen, die unseren Orden beinahe ins Verderben gestürzt hätten“, begann der Abt seine Rede.
    Mit einer Mischung aus Angst und Ehrfurcht hingen die Männer an seinen Lippen.
    Dann, nach einer Pause, fuhr er fort: „Ihr wisst, dass der Orden Mutter und Vater für euch geworden ist. Was wärt ihr ohne den Orden? Der Orden hält euch in Arbeit und Brot. Außerdem dient ihr einem edlen Ziel. Ihr wisst, dass vielen Bedürftigen unsere geheimen Wohltaten schon zum Segen geworden sind. Von euch selbst und euren Familien ganz zu schweigen. Bei Sonnenaufgang werdet ihr für eure Arbeit einmal mehr fürstlich entlohnt werden. Einen ganzen Judenburger Taler wird es für jeden von euch geben. Ist dies nicht ein großzügiger Beweis der Gunst, die der Orden euch erweist?“
    Wieder hielt der Abt inne. Nach wie vor brannte die Fackel in seiner Rechten, nach wie vor knieten die Männer vor ihm und hielten ihre Blicke auf die silberne Maske gerichtet.
    Langsam trat der Abt einen Schritt auf sie zu. „Und doch gibt es hin und wieder Undankbare in unseren Reihen“ – Erregung begann sich seiner Stimme zu bemächtigen –, „die auf die Gesetze unseres Ordens spucken. Die die Untreue zu ihrer Schwester und den Verrat zu ihrem Bruder machen. Wie die, die ihr jetzt sehen werdet. – Bringt sie heraus.“ Die letzten Worte rief er in die Spalte hinein, die zu seiner Rechten den Fels öffnete.
    Sofort kamen zwei Männer aus dem Versteck, die zwei weitere in ihrer Mitte führten. Einen Alten und einen Jungen. Die beiden waren nahezu unbekleidet und wirkten abgemagert. Schütteres, wirres Haar hing dem Alten in die Stirn, während dem Jungen eine verfilzte blonde Mähne ins Gesicht fiel. Sie waren an den Händen gefesselt. Unstet und gehetzt blickten ihre Augen auf die starre Maske ihres Obersten, der, in blendendes Weiß gekleidet, vor ihnen stand.
    Jetzt stießen die beiden Schergen die Gefesselten zu Boden. Laut jammernd brachen sie vor ihm in die Knie.
    Bereits als die beiden mit ihren Bewachern aus dem Felsversteck getreten waren, war ein Raunen durch die am Boden kniende Gruppe der Männer gegangen. Sie kannten die beiden, über die der Gebieter nun richten würde. Es waren Hans und Rutger Seipold, Vater und Sohn. Sie waren schon seit Längerem von ihren Kumpanen vermisst worden. Schon beim letzten Überfall waren sie nicht mehr dabei gewesen. Nun wusste man, warum.
    Der Abt blickte auf die beiden hinunter und hielt die Fackel unmittelbar vor ihre Köpfe. Grausam und zynisch tanzte der flackernde Schein auf ihren Gesichtern und ließ die Todesangst auf ihren ausgemergelten Zügen sichtbar werden.
    „Diese Männer“, hob der Abt erneut an, „diese um ihr Leben winselnden Kreaturen, haben geglaubt, den Orden, der ihnen Vater und Mutter war, verraten zu müssen. In schändlicher Weise beabsichtigten sie, unsere kostbaren Geheimnisse den Ohren Unwürdiger anzuvertrauen. Mit dem Ziel, unsere Bruderschaft zu zerstören. Glücklicherweise hat die Vorsehung dies verhindert, bevor sie mit ihren verräterischen Zungen unserer Sache schaden konnten. Sie haben den Tod verdient. – Hinunter in den Schlund mit ihnen.“
    Die beiden Delinquenten hatten der Rede des Abtes mit unverhohlenem Entsetzen zugehört und sich, noch während er sprach, bäuchlings vor ihm auf den Boden geworfen, dabei fortwährend gewimmert und um Gnade gefleht.
    Abt und Prior kümmerte es nicht. Genauso wenig wie den Schwarzen. Der war inzwischen an den Rand des Plateaus neben eines der beiden großen, dort brennenden Feuer getreten. Ungerührt stand er dort und beobachtete mit kaltem Blick das Schauspiel, das er selbst zu inszenieren mitgeholfen hatte.
    Auf die Aufforderung ihres Gebieters hin hatten sich die Männer aus ihrer knienden Stellung erhoben. Nun sahen sie dabei zu, wie die Bewacher die zum Tod Verurteilten an den Stricken packten, vom Boden emporzerrten und sie prügelnd über die Fläche des Plateaus zum Abgrund trieben, wo die beiden schließlich zusammensackten. Das Wimmern hatte aufgehört; die Angst vor dem, was sie nun erwartete, schnürte ihnen die Kehle zu. Jetzt, da sie am Boden lagen, banden die beiden Schergen auch ihre Füße. Dann traten sie zurück.
    Wie gebannt starrten die Männer auf ihre verurteilten Spießgesellen. Abt und Prior standen nach wie vor am

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