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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Haare auf den Zähnen haben; die Dienerinnen des Herrn nicht ausgenommen“, beschwerte er sich ungeniert.
    Unter anderen Umständen hätte Katharina jetzt laut aufgelacht. So aber kräuselte lediglich die Andeutung eines Lächelns ihre Lip-pen. „Ihr scheint Euch mit Frauen ja recht gut auszukennen“, erwiderte sie leicht spöttisch.
    Der Cellerar schmunzelte. „Nun, so gut auch wieder nicht“, räumte er ein.
    Irgendwann zwischen Terz und Sext ritten Wolf und Prior Metschacher durch das Haupttor des Stiftes.
    Theobald, der Pförtner – er war wieder genesen –, eilte auf die beiden zu.
    „Gott zum Gruß, Vater Prior, Herr Wolf“, er kreuzte die Arme vor der Brust und verbeugte sich. „Ich habe eine Nachricht für Euch, Herr Wolf. Fräulein von Klingfurth erwartet Euch dringend im Parlatorium des Gästehauses. Es geht um etwas äußerst Wichtiges, soll ich Euch ausrichten.“
    Wolf wandte sich an den Prior. „Wenn Ihr erlaubt, Otto, werde ich sofort nach ihr sehen.“
    „Tut das“, sagte Metschacher kurz angebunden und ritt zu den Ställen hinüber. Schon während des gesamten Heimweges hatte er sich recht einsilbig verhalten, nachdem er auf Gallenstein eine unruhige Nacht verbracht hatte, müde war und sich wie gerädert fühlte.
    Als Wolf in die Vorhalle trat und Katharina erblickte, wusste er sofort, dass sich etwas Bedeutsames ereignet haben musste. Der Blick der Klingfurtherin sprach Bände, und über ihrem rechten Arm hing ein zusammengefaltetes Stück Tuch.
    „Katharina! Was gibt es?“, erkundigte er sich besorgt.
    „Wie bin ich froh, dass Ihr da seid, Wolf. Ich muss Euch etwas zeigen. Kommt“, sagte sie.
    Sie gingen hinaus. Ohne ein weiteres Wort schlug Katharina den Weg zum Kräutergarten ein.
    „Wohin gehen wir?“, fragte Wolf.
    „Dorthin, wo wir ungestört reden können“, antwortete sie nur. Wolf war verwundert, verkniff sich jedoch vorerst jede weitere Frage und schritt schweigend neben ihr her. In der Gartenanlage strebte Katharina auf eine Bank zu, die sie erst vor einigen Stunden dort entdeckt hatte und auf die sie sich nun setzten. Vorsichtig blickte sie sich um, doch außer einem Mönch, der mehr als einen Steinwurf entfernt von ihnen damit beschäftigt war Unkraut zu jäten, war niemand zu sehen.
    „Ich denke, hier sind wir ungestört“, begann sie leise.
    „Nun spannt mich nicht länger auf die Folter, Katharina. Was gibt es?“, wiederholte Wolf seine Frage von vorhin.
    „Seht selbst“, entgegnete sie. Vorsichtig faltete sie das Tuch auseinander und legte es auf ihren Schoß.
    Wie von einer Natter gebissen sprang Wolf auf.
    „Zum Henker! Woher habt Ihr das?“, entfuhr es ihm mit lauter Stimme. Ungläubig, fast schockiert, starrte er abwechselnd auf Katharina und das bestickte Leinen.
    „Psst. Setzt Euch wieder“, mahnte sie ihn und legte beschwörend einen Finger auf die Lippen, nachdem der Unkraut jätende Mönch schon auf sie aufmerksam geworden war.
    „Woher ich das Leinen habe, fragt Ihr? Ich will es Euch sagen“, antwortete Katharina. Ausführlich begann sie zu erzählen, was sich in den zurückliegenden Stunden ereignet hatte, während Wolf ihr mit wachsender Spannung zuhörte, ohne sie auch nur einmal zu unterbrechen. Doch je näher das Ende ihres Berichtes rückte, desto mehr versteinerten seine Züge.
    „… Schließlich bat ich die Priorin, mir das Leinen zur Verfügung zu stellen. – Und wie Ihr seht, entsprach sie meiner Bitte“, schloss die Klingfurtherin ihre Zusammenfassung.
    Erschüttert starrte Wolf vor sich hin. Das Schachspiel in seinem Kopf rumorte.
    Nach einer Weile hob er den Blick und sah sie an.
    In seinen Augen brannte nur eine einzige Frage. Noch bevor sie über seine Lippen kam, ahnte Katharina bereits, wie sie lauten würde.
    „Der Säugling mit dem Feuermal – Paul?“, flüsterte er schließlich.
    Beklommen nickte die Klingfurtherin.
    Wolf stierte wieder vor sich hin. Mit jenem seltsam in sich gekehrten Blick, den Katharina bereits kannte. Und der anzeigte, dass er in eine Sphäre intensiven Nachdenkens eingetaucht war, die ihn seine Umgebung völlig vergessen ließ.
    Sie schwieg.
    Er suchte nach Zusammenhängen.
    Wieder einmal begannen die Figuren auf dem imaginären Schachbrett in seinem Kopf ihre Position zu verändern und forderten damit erneut seinen analytischen Verstand heraus.
    Paul: War er tatsächlich das Kind jener jungen Frau, die vor vielen Jahren Aufnahme im Frauenkloster gefunden hatte? Das schien unzweifelhaft der

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