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Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerri Russell
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Vision so eindringlich?«
    »Ich verspüre nicht den Wunsch nach dieser Begabung, weil die nichts Gutes mit sich bringen kann.« Sie drehte den Kopf zu ihm um. »Doch es ändert nichts daran, was ich sah. Ganz ohne Zweifel ist Wolf derjenige, dem jemand Schaden zufügen will, nicht ich.« Angst war ihren Augen anzusehen.
    »Ihr wünscht nicht, eine Seherin zu sein?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht der Weg, den ich wähle.«
    »Wir wählen den Weg nicht, Mylady. Der Weg wählt uns.«
    Lady Isobel sah ihn im ersten Moment verwirrt an, doch dann verstand sie, was er damit meinte, und ihre Wangen wurden rot. »Ihr auch?«
    »Aye, Mylady.« Auf eine sonderbare Weise schnürte sich seine Kehle zu, als er ihren erleichterten Blick bemerkte.
    Er erinnerte sich daran, wie es sich anfühlte, als ihm klarwurde, welche Macht in ihm steckte und wie viel Gutes er damit tun, aber auch Schändliches anrichten konnte. Es war eine Mischung aus befremdlichen, beängstigenden Gefühlen und einem berauschenden Machtgefühl. »Die Visionen sind Segen und Fluch zugleich.«
    »Ihr wisst, wie es ist? Was es heißt, diese Verantwortung zu tragen?«
    »Aye.« Das wusste er nur zu gut. Die Gabe hatte seine Familie das Leben gekostet. Sein ganzes Dorf hatte den Preis dafür bezahlt, dass seine Mutter einem anderen eine Zukunft weissagte, die der nicht hatte hören wollen.
    Durch seine Mutter wusste er, es war oftmals besser, nicht zu enthüllen, was die Zukunft bringen würde. Und doch konnte genau diese Fähigkeit jetzt und hier dabei helfen, einem Mann das Leben zu retten, der ihm so wichtig war wie er selbst. Wenn ihre Vision helfen konnte, Wolf zu retten, dann war sie jedes Risiko und jeden Preis wert. Er schaute wieder Lady Isobel an. »Wenn Ihr Eure Visionen habt, geschieht dann etwas mit Euch?«
    »Was meint Ihr damit?« fragte sie mit ängstlicher Miene. Er deutete auf die weiße Strähne an seiner Schläfe. »Wenn ich den Stein benutze, um die Zukunft vorherzusagen, verliere ich ein wenig von meiner Essenz. Diese weißen Haare zeigen mir, was ich dafür bezahlen muss. Sagt mir, Lady Isobel, was kosten Euch die Visionen?«
    Sie schaute auf die Zügel, die sie fest umklammert hielt. »Das weiß ich nicht.« Ihr Pferd warf den Kopf in den Nacken und protestierte gegen den festen Zug des Zaumzeugs.
    »Haltet die Zügel lockerer, damit das Tier wieder ruhiger wird.« Brahan merkte ihr an, dass ihre Antwort gelogen war.
    Lady Isobel befolgte seine Anweisung, und tatsächlich beruhigte sich ihr Pferd.
    »Sagt mir die Wahrheit«, forderte Brahan sie auf. »Vielleicht kann ich Euch helfen.«
    Sie legte die Stirn in Falten. »Ich weiß es selbst nicht. Meine Mutter zahlte für ihre Visionen mit ihrem Verstand.«
    »Könnt Ihr mir das genauer erklären?«
    »Ich habe Euch bereits mehr enthüllt, als ich eigentlich sollte«, gab sie kopfschüttelnd zurück.
    »Mylady, Eure Geheimnisse sind bei mir sicher verwahrt. Ihr müsst wissen, dass ich Euch niemals wehtun könnte.«
    Sie drückte den Rücken durch. »Mein Vater sagte etwas ganz Ähnliches zu meiner Mutter.« Und nach einer kurzen Pause fügte sie an: »Immer dann, wenn er sie schlug.«
    »Nicht jeder Mann behandelt Frauen so wie er.«
    Den Blick starr geradeaus gerichtet, sagte sie: »Das Risiko ist zu groß. Ich …»Sie brachte ihr Pferd zum Stehen, und im nächsten Moment war Hundegebell zu hören, das von der anderen Seite eines Felsvorsprungs kam, der ihnen die Sicht auf den dahinter gelegenen Teil des Waldes versperrte.
    Brahan versteifte sich und hielt sich bereit, nach dem Zaumzeug ihres Pferdes zu greifen, da er fürchtete, es könnte aufgrund ihrer mangelnden Reiterfahrung mit ihr durchgehen. Doch es gelang ihr, mit den Zügeln gerade genug Druck auszuüben, damit es die Ruhe bewahrte.
    Der stechende Geruch von brennendem Holz stieg ihm in die Nase, und er vernahm wüstes Gelächter und derbe Scherze. Er verfluchte sich für seine Unaufmerksamkeit. Obwohl er im Wald groß geworden war, hatte er sich so sehr damit befasst, Lady Isobels Geheimnisse herauszufinden, dass sie alle in Gefahr geraten waren.
    Er bedeutete den Rittern haltzumachen, dann suchte er die Umgebung aufmerksam ab. Ein Stück voraus stieg eine Rauchfahne von einem Lagerfeuer auf. Er hielt Ausschau nach Wachposten, doch rings um das Lager schien niemand Wache zu halten. Die Männer mussten alle um das Feuer herum sitzen.
    »Ihr bleibt hier«, befahl er, saß ab und bewegte sich langsam zu Fuß weiter. Als

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