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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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einmal zu den Polizisten um, wollte ihnen noch etwas Unverschämtes zurufen, kam aber nicht mehr dazu, denn er stürzte. Verdutzt fand er sich auf dem Boden wieder und starrte – weil ihm seine neue Perspektive keine andere Möglichkeit ließ – auf die Pflastersteine vor seinen Augen.
    »Mei, Burschi, so groß und so bläd!«
    Claudia hatte ihr Knie in seinen Nacken gedrückt und ihn so unter Gewalt, bis Gerster und der hinkende Schuster bei ihr waren.
    »Blum!«, fauchte der verständlicherweise äußerst aufgebrachte Gerster. »Nicht genug, dass Sie den einen Kollegen bei der Ausführung seiner Pflicht angefallen haben, jetzt haben Sie auch noch den anderen attackiert! Ich nehme Sie hiermit nochmals fest wegen tätlichem Angriff auf mittlerweile zwei Polizeibeamte. Das wird Sie teuer zu stehen kommen, denn wir verstehen keinen Spaß bei Widerstand gegen die Staatsgewalt.«
    Nicht gerade sanft hievten Gerster und Schuster den großen Mann auf die Beine. Wutschnaubend schüttelte er seinen massigen kahlen Schädel und begann, wie ein Zirkusbär hin und her zu tänzeln. Die beiden Beamten machten gleichzeitig einen Schritt zurück. Klein und zierlich wirkten sie neben dem wuchtigen Sebastian Blum, der jetzt erst Claudia Hubschmied wahrzunehmen schien.
    »Scheißschlampe!«, knurrte er sie an.
    »Hm, dann kommt ja wohl noch Beleidigung auf die Liste! Machen Sie nur so weiter!«
    Gerster drehte den Gefangenen in Richtung Polizeistation und schob ihn vor sich her.
    »Wenigstens kann die Scheißschlampe sehr gut ihre Jacke so werfen, dass ein Depp wie du drüberstolpert!«, konterte Claudia triumphierend, bevor sie sich an Schuster wandte: »Was is denn passiert?«
    »Ach, der Irre is erst heute Morgen aus der Haft entlassen worden und hatte nix Besseres zu tun, als mich anzugreifen, als wir mit der Hausdurchsuchung loslegen wollten.«
    »Autsch, das war bestimmt schmerzhaft, was?«
    »Wem sagst du das. Ich dachte schon, mein Schienbein sei zertrümmert. Du hast ja gesehn, was der für ’ne Kraft hat. Guck nur den armen Krautschneider an. Nach dem Schwinger in den Magen kommt dem bestimmt gleich das Frühstück hoch. Ich hoff, der Doktor kann ihm helfen.«
    Versonnen blickten beide über den Platz zu dem Dienstwagen, wo Doktor Frank sich zu dem mittlerweile auf der Hinterbank sitzenden Kollegen gebeugt hatte und mit ihm sprach.
    »Habt ihr eigentlich das Geld gefunden?«
    »Nee, nix. Das muss woanders sein. Ach übrigens …«, ganz Kavalier und trotz seiner Lädierung bückte sich Schuster und hob den Parka auf. »Danke, dein Einsatz war ungewöhnlich, aber effektiv!«
    »Hm, ich hatte halt nix andres zur Hand.«
    Ärgerlich starrte sie auf den Fleck, den Sebastian Blums Springerstiefel auf dem Stoff hinterlassen hatte. Sie versuchte, ihn abzureiben, was die Sache natürlich noch verschlimmerte.
    »Scheißtürke!«, ertönte es jetzt von dem Haupteingang des Reviers, denn Sebastian Blum und Gerster waren dort mit Herrn Wong Li vom Chinarestaurant »Goldener Lotos« zusammengetroffen.
    »Der Nazi is wirklich zu blöd!«, Schuster wandte sich zum Gehen. »Servus Claudi, wir sehn uns dann drin!«
    Sie reagierte nicht. Zu abgelenkt war sie von einem kleinen Gegenstand, den sie in der Jackentasche gefunden hatte und der jetzt schwer in ihrer Hand lag: ein Mobiltelefon?!

60
    Paul ließ die Hand in den Teich gleiten, da er meinte, auf dem Grund eine Wasserschnecke gesehen zu haben. Seine Finger ertasteten aber nur einen Stein, feucht und irgendwie schleimig. Er holte ihn aus dem Wasser, um ihn dann gleich wieder hineinzuwerfen. Dort, wo er aufschlug, bildeten sich Kreise. Versonnen blickte der Junge auf die andere Seite des kleinen Sees. Wenn er herumgehen würde, könnte er dort auf den großen Felsen klettern und besser ans Wasser gelangen. Vermutlich versteckten sich an dieser Stelle alle interessanten Tiere, die er sehen wollte.
    Paul stand auf und wollte gerade seinen Plan in die Tat umsetzen, als er ein lautes Rascheln rechts von sich vernahm. Zu Tode erschrocken starrte er auf den Busch. Das Rascheln verstummte. Was war das? Ein großes Tier? Ein Wildschwein vielleicht? Er hatte gehört, dass nicht der Keiler, sondern die Bache besonders aggressiv sei, wenn sie Frischlinge hat. Und war jetzt nicht die Zeit für die kleinen, niedlichen Schweinchen? Auf der Stirn des Jungen bildeten sich Schweißperlen. Wie sollte er sich verhalten? Langsamer Rückzug! Aber da musste er an dem Busch vorbei, denn der kleine Weg war die

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