Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
gesprochen“, sagte Zicka. „Er hat mich auch angewiesen, hierher zu kommen. Er wird bald durch meinen Mund sprechen.“
„Weißt du, wie man hier herauskommt?“, fragte Milla. „Oder weiß es der Kodex?“
Zicka wollte gerade sprechen, doch erstarrte dann plötzlich. Sein Blick wurde verhangen. Ähnlich wie der der Mutter-Cronen, dachte Milla. Dann sprach er wieder, doch dieses Mal mit einer veränderten Stimme und leicht stockend.
„Ich bin der Kodex. Ich brauche eure Hilfe. Tal kann mich allein nicht befreien. Ihr müsst zu ihm gehen. Zicka wird euch zeigen, wo er ist.“
„Was ist, wenn wir nicht helfen wollen?“, fragte Milla. „Ich sehe keinen Grund, irgendwelchen Erwählten zu helfen, Tal am allerwenigsten. Er hat mich verrat…“
„Ich habe nicht viel Zeit, um zu sprechen“, unterbrach der Kodex Milla. „Tal hat nur getan, was er tun musste. Wenn du mir deine Hilfe zusagst, wird Zicka dich aus dem Dämmerhaus befreien. Wenn nicht, wirst du sterben.“
„Das Dämmerhaus?“, fragte Milla. „Was ist…“ bevor sie zu Ende sprechen konnte, klärte sich Zickas Blick wieder.
„Und?“, fragte er in seiner normalen Stimme. „Wie ist deine Entscheidung?“
„Eine Schildjungfrau lässt sich keine Bedingungen stellen“, sagte Milla wütend. „Befreie uns aus diesem Gefängnis, dann werde ich mich entscheiden.“
„Das ist nicht die Anweisung des Kodex“, sagte Zicka. Er sah zum Himmel und fügte noch hinzu: „Denk lieber schnell nach. Bis zum Sonnenaufgang ist es nicht mehr lange.“
„Was geschieht bei Sonnenaufgang?“, fragte Odris. „Ich bin übrigens froh um jeden, der mir hilft.“
„Bei Sonnenaufgang brennt das Dämmerhaus“, sagte Zicka.
„Wieso?“, fragte Milla. Sie schüttelte den Kopf. In Aenir kam ihr wirklich gar nichts normal vor.
„Es war schon immer so“, gab Zicka zurück. „Ich glaube, es handelt sich um einen Fluch. Ein Vermächtnis des Krieges. Vielleicht hat sich hier jemand versteckt, der dann verbrannt werden sollte und der Fluch hält bis heute an? Das Feuer zerstört nur das, was im Dämmerhaus ist. Der Turm selbst bleibt immer unversehrt.“
Milla sah den Sonnenstein an ihrem Finger an. Sie musste ihn zurück zu ihrem Clan bringen. Und all die gesammelten Informationen.
Doch war das wichtiger als die Gesetze der Schildjungfrauen?
Eine Schildjungfrau lässt sich keine Bedingungen stellen. Doch das war nur das siebte Gesetz. Es war nicht das wichtigste.
Außerdem konnte es im Interesse aller Eiscarls liegen, Tal dabei zu helfen, den Kodex zum Schloss zurückzubringen.
Auch wenn sie ihn für einen Verräter hielt, der ihre Zukunft zerstört hatte, so musste sie das ignorieren und nur das berücksichtigen, was für die Clans am Wichtigsten war.
Außerdem setzten sich die Worte des Kodex in ihrem Kopf fest, wie unwillkommene Gäste an Deck eines Eisschiffes. Tal hat nur getan, was er tun musste…
„Der erste rote Streifen zeigt sich am Horizont“, sagte Zicka ruhig. „Das Haus wird bald zu brennen beginnen.“
Milla schritt durch den Raum und rang um eine Entscheidung. Das Ganze roch nach Kapitulation. Sie durfte niemals kapitulieren. Aber war das wirklich so?
Kleine Rauchfahnen begannen aufzusteigen, während sie hin und her ging. Odris schwebte näher an die Tür und räusperte sich ein paar Mal. Sie sagte jedoch nichts. Die Sturmhirtin spürte Millas Konflikt, die Schwierigkeit, zu einer Entscheidung zu kommen.
Außerdem ging Odris davon aus, dass sie ein Feuer möglicherweise überstehen konnte. Es würde vielleicht wehtun und sie wäre über alle Räume verteilt, doch sie konnte sich sicher wieder zusammenziehen. Aber sie würde danach sofort Wasser brauchen. Und das würde schwer zu bewerkstelligen sein, wenn sie gefangen wäre…
„Milla!“, sagte Odris aufgeregt. „Es brennt!“
Kleine Flammen züngelten an den Wänden hoch und die Rauchfahnen vereinigten sich zu dichten Schwaden.
Milla ignorierte den Rauch, die Flammen und Odris. Sie ging zur Tür.
„Wie lautet deine Entscheidung?“
KAPITEL ACHTZEHN
Hazror fiel die Treppen hinunter. Er schrie dabei ununterbrochen. Nach einem Drittel des Weges nach unten fiel er vor seine drei Vengenarls. Alle vier fielen übereinander und polterten noch dreißig Stufen tiefer.
Tal sah ihnen nicht nach. Er drehte sich sofort in die Richtung um, aus der er gekommen war. Eine Mauer aus Licht blockierte die Treppe zur Oberfläche, die vom Sand begraben war. Doch Tal hatte
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