Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
übrigen seiner Athleten, die olympischen Spiele seien noch nicht vorbei und ein natürlicher Schlaf-Wach-Rhythmus gehöre auch zur Rennvorbereitung. Diszipliniert brach das Team nun die Feier ab. Fabian wollte aber nicht gleich ins Zimmer, sondern Justin und Stas erst im Pressesaal etwas zeigen. Der junge Liechtensteiner erschrak nicht wenig, als ihn dort Mayerhofer und James erwarteten. Das war keine Fortsetzung des Fests, begriff er sofort. Mayerhofer bat alle in den Vorbereitungsraum des Pressesaals. Richard, der anscheinend bereits von der Seilbahn zurück war, hatte auf einem Stuhl neben dem Fotokopierer im Dunkeln gewartet. James drehte die Jalousie herunter und Fabian kam sogleich auf den Punkt.
„Wie du weißt, Justin, bin ich Leutnant bei den Gebirgsspezialisten. Der Gesamtbundesrat und die britische Regierung haben mich beauftragt, im Notfall den Prinzen in Sicherheit zu bringen.“
Mayerhofer deutete auf einen groß geratenen Aktenkoffer mit aufgebrochener Plombierung und der goldenen Aufschrift
Valise diplomatique de la Confédération Suisse.
Ein Diplomatenkoffer also. „Das Diplomatengepäck hat mir ein Mitarbeiter des Bundesrats Stutz übergeben.“
„Ich möchte Sie, Bend, bitten, dass Sie mit James’ Satellitenhandy Ihren Kumpel in Zürich anrufen. Herr Luchsiger hat mir eben mitgeteilt, er arbeite als Diplomand am geographischen Institut. Er soll dort den Doktoranden aus dem Bett klingeln, der das Projekt Kaukasus und Klimawandel betreut, die haben doch von hier bis zum Elbrus mit Laserscanner hochpräzise Geländemodelle erstellt, oder stimmt es nicht, was Luchsiger sagt?“
„Doch, doch!“, bestätigte Justin. „Ich habe im Sommer mal mit Julio und ein paar anderen jüngeren Leuten aus seiner Gruppe ein Bier im Irchelpark getrunken“, erinnerte sich Justin. „Einer war eben da frisch von der Laserscanner-Kampagne zurückgekehrt, bei der sie die Messungen für das Geländemodell vorgenommen hatten.“
„Der Irchelpark gehört zum Campus der Universität Zürich“, erklärte Fabian für James.
„Das geographische Institut macht gelegentlich Projekte mit der Armee zusammen“, ergänzte Mayerhofer „Daher kenne ich seinen Professor dem Namen nach. Stutz wird ihm morgen per Express ein dringendes Unterstützungsgesuch schicken.“
„Wofür genau?“, traute sich Justin zu fragen.
„Die an der Uni sollen Wegpunkte berechnen, damit wir uns blind bei Nacht und Schneesturm mit Saubauers hochgenauem Navi im Hochgebirge bewegen können von hier bis zu diesem Ziel. Bitte nicht vorlesen. Wanzen!“
Er reichte Justin einen zusammengefalteten Zettel. Der fühlte sich gar nicht gut dabei und traute sich, das Papier gar nicht aufzumachen.
„Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme“, versicherte Mayerhofer. „Das Ziel behalten Sie für sich, Bend. Treiben Sie Ihren Kameraden Julio auf und bringen Sie den Koffer für Luchsiger auf Ihr Zimmer. Die Telefonverbindungen werden von Pizunda überwacht, das wurde ja vor den olympischen Spielen von seinem Geheimdienst angekündigt und wer weiß, wer sonst noch alle Kommunikation überwacht, vielleicht sogar der Emir. Es wäre zu verdächtig, wenn ich direkt den Professor anrufen würde.“
„Aber warum sollten irgendwelche Terroristen aus Tschetschenien etwas gegen die olympischen Spiele haben, Stas?“, fragte Justin.
„Weil der Zar im neunzehnten Jahrhundert die Muslims aus dieser Gegend vertrieben hat“, erklärte Stas. „Die Spiele sind eine Machtdemonstration Putins als Gebieter über den Kaukasus. Er will damit zeigen, er hätte wenige Jahre nach dem Krieg in Tschetschenien und gegen Georgien die Lage so fest im Griff, dass er hier internationale Gäste empfangen könne. Das provoziert den Emir des Kaukasus. Mit einer Geiselnahme oder einem Attentat könnte dieser versuchen, dem Herrn im Kreml das Gegenteil zu beweisen.“
„Und wir hier auf dem Rosa Plateau an der Grenze zu Abchasien sind leichter bewaffnet zu infiltrieren als der Olympiapark in Adler“, meinte Fabian.
„Wir werfen mal einen Blick auf die Ladefläche des im Schnee steckenden Lastwagens, auf dem angeblich nur Zelte sind“, befahl Mayerhofer. „Der kam mir schon beim ersten Mal suspekt vor. Sie, Wales, sind als Prinz bestimmt ein Offizier bei den britischen Streitkräften.“
„Ja, es wär undenkbar, dass ein männliches Mitglied der Königsfamilie nie eine Uniform tragen würde.“
„Also kommen Sie mit, zusammen mit dem Leibwächter. Stas. Sie verwickeln
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