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Der Silberbaron

Der Silberbaron

Titel: Der Silberbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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ihre Richtung, und sie wusste, dass er sie musterte.
    Es ist drei Jahre her! beruhigte sie sich im Stillen, während sie sich eine zitternde Hand vors Gesicht hielt und vorgab, ein paar Haarsträhnen unter die Schute zurückzuschieben. Er erkennt dich bestimmt nicht. Und wenn doch, wird er es übergehen. Die beiden sind nicht verheiratet! schoss es ihr gleichzeitig durch den Kopf. Madames Name klang ebenfalls französisch, war aber nicht derselbe. Gott im Himmel, bewarb sie sich um eine Stellung bei einer seiner … seiner
chères amies?
Heftige, brennende Empörung stieg in ihr auf. Als sie sich vor drei Jahren in London begegnet waren, hatte er in ihr dieselbe zornige Reaktion hervorgerufen. Dass er sich ihr gegenüber immer formvollendet höflich gezeigt hatte, ihre Feindseligkeit und ihren Sarkasmus nie verdient hatte, hatte sie schon immer durcheinandergebracht und beschämt. Diese angriffslustige Haltung konnte sie weder ihm erklären, als er sie fragte, warum sie ihn dauernd beleidige, noch ihrer besten Freundin Victoria, noch sich selbst.
    Nun rechtfertigte sie es damit, dass sie eben seine Heuchelei und seine Herablassung erbost hatten: Er mochte seinen glattzüngigen Charme bei hausbackenen alten Jungfern wie ihr spielen lassen – zweifellos nahm er an, dass sie bei der Erinnerung an sein Lächeln insgeheim in die Knie sank –, doch sie wusste genau, dass er ein liederlicher Lüstling war, und war auch nicht zu schüchtern gewesen, ihn dies wissen zu lassen. Zum Entzücken ihrer Mutter hatte er Interesse an ihr bekundet, doch Emma war sich bewusst, dass es nur geheuchelt war und einen bestimmten Zweck verfolgte. Denn damals hatte sein Freund, der Viscount Courtenay, ihrer Freundin Victoria Hart den Hof gemacht und sie, Emma, aus dem Weg haben wollen.
    Obwohl die beiden Gentlemen über einen schockierenden Ruf verfügten, waren sie die gesuchtesten Junggesellen der vornehmen Gesellschaft gewesen und hatten den
ton
mit ihren Tändeleien und Eskapaden in Atem gehalten. Doch kein Skandal war niedrig genug, um die führenden Damen der Gesellschaft davon abzuhalten, die beiden feinen Herren zu umschwärmen und sich gegenseitig erbittert zu bekriegen, wenn es galt, sich ihre Anwesenheit bei einem Ball oder einer Soiree zu sichern.
    Emma stieg die Schamröte ins Gesicht, als sie daran dachte, wie ihre Mutter sie auf ihrem Geburtstagsball diesem Mann aufgedrängt hatte, als wäre sie ein Gepäckstück, das niemand haben wollte. Und doch, trotz dieser peinlichen Erinnerung – oder vielleicht gerade deswegen – verspürte sie das ärgerliche Bedürfnis, den Kopf zurückzuwerfen und ihn zu reizen. Zum Beispiel beißend anzumerken, dass seine Moral sich nicht im selben Maß gebessert habe wie sein Aussehen. Was dachte sie da? Was kümmerte sie schon sein Aussehen!
    Sie schloss die Augen. Das Schweigen zwischen ihnen schien lauter als das Ticken der Standuhr. Warum ging er nicht? Warum sagte er nichts?
    “Warten Sie auf Madame Dubois?”
    Seine ruhige Stimme hörte sich genauso an wie damals, und genau wie damals zuckte sie bei ihrem Klang zusammen und bekam Herzklopfen. Mit gesenktem Kopf nickte sie. “Ja, Sir”, murmelte sie steif. Sie erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder. Er erwiderte nichts. Erleichtert atmete sie auf. Wenn er sich an sie erinnert hätte, hätte er sicher eine diesbezügliche Bemerkung gemacht oder sich eilig empfohlen.
    Da näherten sich zierliche Trippelschritte. “Ich bin untröstlich, dass ich Sie warten ließ, Mademoiselle … Ach,
chéri,
du bist noch da?” Yvette Dubois wandte sich sogleich von Emma ab, als sie den Mann bemerkte, ihre Stimme nahm ein ganz anderes, heiseres Timbre an, und ihr rosaroter Rocksaum verschwand aus Emmas Gesichtskreis.
    Unwillkürlich hob Emma den Kopf, um die beiden zu beobachten. Sie starrte die hübsche blonde Frau an, deren sanft gerundete Wangen sich erfreut gerötet hatten und die nun einen Schmollmund zog und leise auf ihren Geliebten einredete. Dann stellte sich Yvette mit einem neckischen Lächeln auf die Zehenspitzen, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
    Richard Du Quesne sah sie finster an, als irritierte ihn diese unpassende Zurschaustellung intimer Zärtlichkeit, und schaute dann gleichgültig zur Seite. Emma konnte ihr Gesicht nicht mehr abwenden, und ihre Blicke trafen sich.
    Er hatte sie nicht erkannt! Nichts in seinem kühlen Blick verriet das geringste Interesse. Die Erleichterung war ungeheuer groß, genau wie ihr Wunsch, diesem Haus,

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