Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
schwächlicher Welpe gewesen, den durchzubringen viele Anstrengungen erfordert hatte. Winzling, wie Robert ihn wegen seines schmächtigen Körpers nach seiner Geburt genannt hatte, war weder besonders kräftig noch ein guter Jagdhund geworden, dafür aber war er gutmütig und treu. Er ertrug geduldig all die ungeschickten Zuneigungsbezeugungen des kleinen Richard, der sich mit den Händchen an seinem Fell festkrallte und erinnerte William darum an Graubart, den er schmerzlich vermisste.
Eine tiefe Furche hatte sich in den vergangenen Monaten zwischen Williams Brauen eingegraben. Manchmal strich Marguerite darüber und flüsterte: »I ch will nicht, dass du länger unglücklich bist. Schick einen Boten, der Robert zurückholt! «
Doch William brachte es nicht fertig.
Eines Abends, William war ein wenig früher aus der Falknerei gekommen als üblich und überquerte gerade den Hof, sah er seinen Sohn auf dem Boden hocken und einem kleinen Spatz ein Körnchen entgegenstrecken, das die Hühner offenbar verschmäht hatten.
»T omm, Vogel « , rief er mit seiner hellen Kinderstimme in einem honigweichen Schmeichelton. Richard würde einmal ein guter Falkner werden!
Mit einem Mal sah der Junge auf und entdeckte seinen Vater. Ein Strahlen erhellte sein bisweilen so ernstes kleines Gesicht. Er stand auf und kam auf William zugetorkelt, wie ein Seemann, der zu tief in den Bierkrug geschaut hatte.
Williams angespannte Gesichtszüge glätteten sich. Er breitete die Arme aus und beugte sich vor, um den Jungen aufzufangen.
Doch schon im nächsten Augenblick erstarb das Lächeln auf seinem Gesicht, und er ließ die Arme fallen. Ungläubig blickte er zu Marguerite hinüber, die aus der Halle gekommen war, und starrte den Mann an, der neben ihr stand.
Der Junge bemerkte nicht, dass sein Vater abgelenkt war, warf sich an sein linkes Bein, umschlang es und drückte es voll kindlicher Liebe. »D efangt! « , rief Richard freudig, legte den Kopf in den Nacken und strahlte William an, als der zu ihm hinuntersah.
Robert, was will Robert hier?, dachte William mit wild pochendem Herzen, nahm seinen Jungen auf den Arm und schaute ihn an, als wäre er ein rettender Anker. Liebevoll verstrubbelte er das rote Haar seines Sohnes, das ihn so sehr an Ellen erinnerte.
»’ eiten! « , forderte der Knabe und strampelte mit seinen kleinen stämmigen Beinen, als wollte er ein Pferd antreiben.
»N a, dann steig auf « , sagte William mit rauer Stimme und räusperte sich. Er brachte es nicht fertig, noch einmal zu Marguerite und Robert hinüberzusehen. Wie als Kind wollte er sich einbilden, was nicht sein sollte, wäre nicht, wenn er es nur nicht beachtete. Er setzte den Jungen auf seine Schultern, wandte sich ab und lief los.
Der Kleine juchzte laut und schlug ihm vor Übermut die Fersen auf die Schlüsselbeine, damit er schneller lief. »H ü, Pferdsen! Hü! « , rief er.
William hielt seine Füßchen fest und überquerte den Hof im Laufschritt. Bitte mach, dass er fort ist, wenn ich zurückkehre!, sandte er ein Stoßgebet zum Herrn, und als er dem Stallmeister begegnete, auf dessen Gesicht beim Anblick von Vater und Sohn ein Grinsen erschien, drehte er wieder Richtung Gutshaus ab.
Marguerite stand allein vor der Halle. William atmete auf. Er musste sich getäuscht haben. Vermutlich hatte er wieder einen der Knechte mit Robert verwechselt.
» I ch habe Robert gesagt, dass er sich zur Nacht in der Falknerei einrichten soll « , erklärte Marguerite, als er an ihr vorbei wollte. Sie nahm das Händchen ihres Sohnes und küsste es.
William schnaubte. Also doch Robert!
»H ü, Pferdsen! « , rief Richard erneut und trommelte wieder mit den Füßen auf Williams Brust. Als liefe er über Treibsand, stakste William in die Halle.
»W ie Pferdsen, ’eiten! « , empörte sich Richard.
William wieherte wie ein Pferd und tat, als bäumte er sich auf. »B efrei mich von meinem wilden Reiter! « , forderte er die Kinderfrau mit gespielter Heiterkeit auf, bevor er den Jungen von seinen Schultern hob. »L asst uns allein « , wies er sie an. »Nimm den Jungen mit in die Küche und gib ihm zu essen « , befahl er und goss sich einen Becher Wein ein.
Sobald die beiden fort waren, wandte er sich mit eisiger Miene an Marguerite: »W as hat er hier zu suchen? «
»D u musst mit ihm ins Reine kommen, Liebster! «
»G laubt er, dass ich ihm einfach so verzeihen kann? « , fauchte William.
»N ein, das glaubt er nicht. Aber du kannst ihm doch nicht ewig
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