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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Wald über den weichen, moosbewachsenen Boden gingen.
    Die Tür wurde geöffnet, und Borro trat ohne anzuklopfen ein. Anklopfen war unter Halblingen auch nicht üblich. Wer nicht wollte, dass eine Tür durchschritten wurde, konnte sie verriegeln. Einige der Halblingswerkstätten der Dichtwaldmark stellten angeblich die besten Schlösser aller Art im ganzen Reich von König Haraban her.
    Borro blickte stirnrunzelnd auf Arvans Schuhe, und diesem war es plötzlich irgendwie peinlich, so dazustehen.
    » Aha!«, sagte Borro gedehnt und kam näher, wobei er den Blick nicht von Arvans Füßen löste. Dann schüttelte er den Kopf, als könnte er einfach nicht fassen, was er sah. » Ich dachte immer, du wärst wirklich ein Halbling geworden. Aber du scheinst dich sehr schnell an die Sitten deines eigenen Volkes anzupassen.«
    » Athranor ist groß, und auf Grebus Karten ist der Halblingwald kaum mehr als ein Tintenklecks«, hielt Arvan dagegen.
    » Aber Grebu hat trotz all der Jahre in der Fremde niemals Schuhe getragen.«
    » Bist du sicher? Weißt du, was er in Carabor alles getrieben hat?«
    Borro atmete tief durch. » Jedenfalls ist es sehr eigenartig, dich so zu sehen, Arvan.«
    Arvan streifte die Schuhe wieder ab. » Zufrieden?«
    Borro zeigte ein versöhnliches Lächeln. » Meinetwegen kannst du herumlaufen, wie du willst.«
    Arvan deutete auf die Schuhe. » Die Dinger sind nicht so unangenehm, wie ich immer gedacht habe, aber mir ist es trotzdem lieber, wenn ich sie nicht an den Füßen habe. Ich bin anscheinend doch ein halber Halbling oder etwas in der Art.«
    » Ich dachte, dass du vielleicht Lust hast, dir mit uns die Stadt anzusehen. Wir werden wohl noch eine Weile hier im Palast festsitzen, denn für mich sieht es nicht so aus, als könnte Lirandil mit seinem diplomatischen Geschick eine schnelle Lösung im Streit der Könige herbeiführen.«
    » Weiß Lirandil, was ihr vorhabt?«
    Borro stemmte die Hände in die Hüften. » Dass wir uns die Stadt ansehen wollen? Ist er vielleicht unser Aufpasser? Wir sind doch gerade der Bevormundung unserer Wohnbaumältesten entkommen, und nun sollen wir einen uralten Elb fragen, ob wir uns die Gaukler auf den Märkten ansehen dürfen?« Borro grinste. » Keine Sorge, natürlich hat unsere rechtschaffene Zalea Lirandil gefragt. Er hat nichts dagegen einzuwenden, meinte aber, wir sollten auf uns achtgeben. Und heute Abend will er uns alle in seinem Quartier sehen, wo wir uns besprechen werden.«
    Lirandil weilte zur gleichen Zeit in seinem Quartier, das noch größer und großzügiger ausgestattet war als die Räumlichkeiten, die man Arvan und den Halblingen zugewiesen hatte. Das Bett war noch unangetastet, obwohl sie nun schon mehrere Tage am Hof des Waldkönigs weilten. Aber davon abgesehen, dass er ohnehin nicht so viel Schlaf benötigte, hätte Lirandil im Augenblick auch sicherlich Schwierigkeiten gehabt, die nötige Ruhe dafür zu finden. Auch wenn er äußerlich stets gefasst und beherrscht wirkte, so wühlte ihn die Tatsache doch se hr auf, wie zerstritten und uneinsichtig die Könige waren.
    Während mehrerer Einzelaudienzen hatte er sowohl Haraban als auch Candric von Beiderland und Nergon von Ambalor deutlich zu machen versucht, wie ernst die Lage war. Aber selbst die Wiedergabe der mit dem Stein von Ysaree eingefangenen Augenblicke hatte bei ihnen nicht den nötigen Respekt oder gar Furcht vor der drohenden Gefahr erzeugen können, um endlich über ihren Schatten zu springen und die nötigen Schritte einzuleiten.
    Nach Lirandils Meinung hätte man dem König von Bagorien und seinem Gefolge längst gestatten müssen, die Straße der Krieger zwischen dem Valdanischen Hafen und dem Hof des Waldkönigs zu benutzen. Denn diese Verbündeten mussten so schnell wie möglich in den Süden gelangen, wenn sie dort noch etwas gegen den Feind ausrichten sollten. Doch das war noch immer nicht geschehen. Und die Zwerge und Dunkelalben bestärkte die Uneinigkeit der Menschenreiche nur in ihrer abwartenden Haltung.
    Lirandil schöpfte Kraft in geistiger Versenkung. Er saß aufrecht auf einem Stuhl und wirkte wie erstarrt. Schon seit Stunden verharrte er so und erwog die nächsten Schritte. Hatte es Sinn, sich noch länger an Harabans Hof diplomatisch zu bemühen, oder war es besser, einfach weiterzuziehen und sich um andere mögliche Bündnispartner zu kümmern? Es musste sich nun zeigen, ob das diplomatische Geflecht, das er über Generationen gewoben hatte, ein Netz war, das den

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