Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
heißt, es stimme gar nicht, dass ihm die Unsterblichkeit von den Waldgöttern geschenkt wurde«, wusste Neldo zu erzählen. » Er soll sein Leben mit dunkler Magie verlängert haben.«
» Wenn wir an seinen Hof gelangen, solltest du solche Ansichten für dich behalten«, mahnte Lirandil. » Sie können dich schneller unter das Beil des Henkers bringen als irgendein wirkliches Verbrechen.«
Mehrere Tage waren sie unterwegs, kampierten nur in den Stunden der absoluten Dunkelheit an Land und setzten bei Sonnenaufgang ihre Reise im sicheren Abstand zum Seeufer fort.
Immer wieder begegneten ihnen voll beladene Kriegsschiffe des Waldkönigs. Sein Banner wehte im Wind, und die Schriftzeichen darauf priesen die angebliche Unsterblichkeit des Immerwährenden Herrschers.
» Die Flotte des Waldkönigs scheint ganz beachtlich«, sagte Borro. » Falls Ihr Euch mit dem Admiralsrat in Carabor nicht einigen könnt, wäre es doch vielleicht möglich, dass diese Schiffe die Aufgabe übernehmen, die Ihr für die Caraboreaner vorgesehen habt, werter Lirandil.«
» Diese Schiffe sind nicht geeignet für den Wellengang und die Winde auf offener See«, erklärte Lirandil. » Davon abgesehen sind sie zu groß, um die Flussdurchfahrt zu passieren, die bei Gaa in den Langen Fjord führt.«
» Das ist schade«, meinte Borro.
» Diese Flotte, so imposant sie erscheint, ist nur für dieses ruhige Binnengewässer geeignet und könnte es noch nicht einmal verlassen.« Lirandil schüttelte den Kopf. » Nein, wir sind auf die Caraboreaner angewiesen. Aber darüber werde ich mir Gedanken machen, wenn dieses Problem ansteht.«
An einem der nächsten Abende gestattete Lirandil es Borro, auf die Jagd zu gehen. Die Umstände dazu waren günstig, denn der Himmel war weniger bewölkt als in den Nächten zuvor. Im Mondlicht gelang es Borro tatsächlich, eines der Erdhühner zu schießen, auf die er schon seit Tagen Appetit hatte. Über dem Feuer gebraten verbreitete das Erdhuhn bald einen würzigen Duft, der Lirandil jedoch nicht locken konnte. Der Elb nahm von dem Braten keinen Bissen und kaute stattdessen auf einer der Wurzeln herum, die er als Proviant mit sich führte.
In dieser Nacht gönnte sich auch Lirandil erstmalig ein paar Stunden Schlaf, während seine Begleiter nacheinander Wache hielten. Als Arvan an der Reihe war, wachte Lirandil plötzlich auf. Der Fährtensucher musste durch irgendetwas geweckt worden sein. Im nächsten Augenblick war er auf den Beinen und verschwand wortlos im Wald. Dabei bewegte er sich nahezu lautlos, während Borros Schnarchen an das Nagen von Baumsägern erinnerte.
Es dauerte eine Weile, bis Lirandil zurückkehrte. » Es waren Soldaten des Waldkönigs. Zwei Meilen vom Ufer entfernt führt eine befestigte Straße nach Süden«, berichtete er Arvan. » Als ich das letzte Mal in der Gegend war, hat es die noch nicht gegeben, daher war ich etwas irritiert.«
» Keine Orks?«, fragte Arvan.
Lirandil schüttelte den Kopf. » Zumindest nicht im Moment. Aber ich habe Spuren entdeckt. Vor wenigen Tagen ist eine kleinere Gruppe auch durch diese Wälder gestreift.«
» Warum nehmen wir nicht die Straße?«, fragte Arvan. » Würde uns das die Reise nicht erleichtern?«
» Ja, aber der Wald ist voller Kreaturen, und in die könnten die Dämonen fahren, die uns sicherlich wieder auf den Fersen sind, auch wenn ich sie fürs Erste verwirren konnte. Auf dem Wasser schützen uns die Luftgeister vor ihnen.«
» Ich vertraue auf Euer Wort, Lirandil.«
» Je nach Wind werden wir morgen oder übermorgen den Hafen am Hof des Waldkönigs erreichen. Aber dort befinden wir uns keineswegs in Sicherheit. Im Gegenteil: Wir müssen damit rechnen, dass das Böse dort bereits auf uns wartet. Darum kann ich euch nur den Rat geben, niemandem zu trauen. Nichts muss so sein, wie es scheint. Versucht die Gefahr zu erspüren, bevor sie euch begegnet. Und sie wird euch begegnen, davon könnt ihr ausgehen.«
Das einzige Ereignis, das Lirandil in den nächsten anderthalb Tagen zu beunruhigen schien, war das Auftauchen eines Schwarms von großen Krähen, der hoch oben über sie hinwegzog. Ihr durchdringendes Krächzen war noch eine ganze Weile lang zu hören.
» Totenvögel«, meinte Neldo.
» Und sie fliegen in die Richtung, in die wir unterwegs sind«, stellte Zalea fest.
» So etwas nennt man wohl ein böses Omen«, glaubte Borro.
» Oder drei abergläubische Halblinge«, warf Arvan ein.
» Neuerdings sprichst du über Halblinge, als
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