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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Regung erkennen. Sie stapelte das Geschirr und wandte sich zur Küche.
    »So!« Der Bauer streckte sich. »Jetzt muss ich auch gleich weiter.«»Wo gehts hin?«
    »Heut gehts noch auf die Kogel-Scharten. Der Missjöh Paccoli ist ganz scharf auf den Sechzehnender, von dem ich ihm neulich erzählt hab.«
    »Ha! Seit wann ist der Missjöh Paccoli ein Jäger?«
    »Der ein Jäger? Der Stadtfrack?« Hassl lachte hämisch. »Der taugt doch net dafür. Angeben möchte er mit dem Geweih, sonst nichts. Aber«, Hassl rieb Daumen und Zeigefinger, »wanns da stimmt, dann tu ich ihm den Gefallen.«
    Er wälzte sich aus der Bank. Auch der Kolber war aufgestanden.
    »Na, dann soll er bloß Obacht geben.«
    »Wegen was?« Der Hassl richtete seinen Hut.
    »Na, wegen der Bergleut. Grad neulich hats doch wieder ein Unglück gegeben!«
    »Habs gehört«, nickte Hassl. »Hats wenigstens ein paar erwischt von der Banda, der welschen?«
    Kolber schüttelte grimmig den Kopf.
    »Sind scheints zäher als eins denkt.«
    Ein Teller zersplitterte auf dem Steinboden der Küche. Kolber wirbelte cholerisch herum. Durch die offene Tür sah er, wie die kniende Babett hastig die Scherben auflas. Er stampfte auf sie zu.
    »Du !!«
    Babett hob die Hand schützend vor ihr Gesicht.
    Hassl schlüpfte in seinen Rock, setzte seinen Hut auf und hob grüßend den Arm.
    »Habe die Ehre, Kolber!«
    Kolber erwiderte seinen Gruß. Als er sich wieder Babett wutentbrannt zuwenden wollte, war sie schon verschwunden.
    »Lass sie in Ruh«, sagte die alte Köchin. »Kannst froh sein, dass du überhaupt ein so tüchtiges Gesinde hast.«
    »Pah! «

8
    A uch die folgenden Tage verwöhnten die unfreiwilligen Sommerfrischler. Die Luft war weich, die Sonne spendete eine angenehme Wärme. Der Wirt hatte seinen Hausknecht Gidi angewiesen, unter den Bäumen des Obstgartens hinter dem Wirtschaftshof Tische und Stühle aufzustellen. Die Compagnie machte gerne davon Gebrauch.
    Peter Wallerschenk hatte schon das Geschnatter der Frühstücksgesellschaft nicht mehr ertragen. Und auch jetzt hielt er sich abseits. Untätigkeit hatte er nie gut ertragen können, sie schien ihm Sünde. Seit er von einem Tag auf den anderen das Landsberger Kloster verlassen musste – mit einem Federstrich des Papstes war der mächtige Jesuitenorden aufgelöst worden, dem er angehört hatte –, war sein Leben eine einzige Anstrengung gewesen. Einige Jahre hatte er sich als karg bezahlter Privatlehrer durchs Leben geschlagen, bis er bei einem Besuch eines einstigen Förderers den Direktor des Münchner Hoftheaters kennen lernte. Nach einigem Überlegen bewarb er sich dort. Seine Referenzen wirkten. Er wurde angenommen, durfte einige Wochen Stühle schleppen, Briefe austragen, Textbücher verteilen, Kortinen ein- und aushängen. Immer öfter wurde er als Probenhelfer eingesetzt, wenn ein Schauspieler unpässlich war und als Dialogpartner ausfiel. Er war unermüdlich, nahm Unterricht, lernte, wie man sich hielt, wie man würdevoll schritt, ohne dass einem der Galanterie-Degen zwischen den Beinen baumelte, der Chapeauclaque verrutschte oder die Knöchelknickten. Langsam gewann er ein Gespür für den Bühnenraum. Es war nicht gleichgültig, wohin ihn der jeweilige Regisseur stellte – jede Position erforderte ein anderes Spiel, ein anderes Durchmessen des Raumes, und sei es nur mit Blicken.
    Mehr und mehr erlag er dem Zauber des Theaters. Wie eine noch so triste Szenerie durch eine einzige Geste zu einem funkelnden, von Hoffnung und Lebensfreude singenden Paradies werden konnte, sich eine fröhlich lärmende Tanzgesellschaft mit einem einzigen, tödlichen Wort zur erstarrten Trauergemeinde wandelte – es war die pure Magie.
    Das Publikum jener Jahre war fordernd, schließlich hatte es gutes Geld für den Eintritt bezahlt. Man musste sich also anstrengen. Wallerschenk tat es mit Inbrunst. Seine Erfahrung, die er als Novize bei geistlichen Spielen gewonnen hatte, war ihm dabei zugute gekommen. Schon bei seinem ersten Auftritt erhielt er aufmunternden Applaus, und ein wohlwollender Kritiker schrieb vom ›anmutigen, zwanglosen Spiel‹ des Debütanten.
    Schon nach einem Jahr ernannte ihn der Direktor des Münchner Hoftheaters zum festen Ensemblemitglied. Die Rollen wurden gewichtiger. Er spielte naive oder durchtriebene Liebhaber, schneidige Offiziere, freiheitsdurstige Sklaven und hehre Götter.
    Er heiratete eine liebreizende Kollegin, hatte mit ihr ein wunderbares Jahr und stand an dessen Ende in trostloser

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